"Blooks"

...neues Glück für Blogger?

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"Blücher?" - die englische Sprache tut sich da wieder einmal leichter: "Blooks" heißt dort die Wortschöpfung, die man scheinbar mühelos und schnell für ein junges Phänomen in Zeiten von völlig neuen Publikationsmöglichkeiten gefunden hat. Gemeint sind damit Blogs, die als Bücher auf den Markt kommen.

Nicht nur, dass sich manche gut verkaufen, jetzt wurde auch erstmals ein Preis für Blooks ausgelobt - der "Blooker Prize", nur einen Buchstaben von dem großen renommierten Preis der englischen Literatur entfernt, dem Booker Prize.

Im Vergleich zum großen Vorbild nimmt sich der Literaturpreis-Neuling noch ziemlich bescheiden aus. Während für den Gewinner des Booker Prize 50.000 Pfund Sterling ausgezahlt werden und der Gewinner des neuen International Booker Prize sogar 60.000 Pfund bekommt, erhält die diesjährige Gesamt-Gewinnerin des "Blücher-Preises", ausgelobt von einer Webseite für Eigenveröffentlichungen, etwas über 3000 Pfund.

Gut möglich aber, dass dem Blook-Phänomen eine größere Zukunft bevorsteht. Schon unter den Kandidaten des ersten Blooker Preises befanden sich internationale Größen, wie etwa der irakische Blogger Salam Pax, dessen Blog-Buch "Lets get bombed. Schöne Grüße aus Bagdad" auch in Deutschland erschienen ist und ihn dort über die www-Welt hinaus bekannt gemacht hat. Auch in der Blooker-Jury finden sich illustre Namen, wie Cory Doctorow (vgl. Sohn eines Berges und einer Waschmaschine).

Doch wozu aus einem Blog ein Buch machen? Weil das Internet "ein flüchtiges Medium ist, dieses Zeitdokument aber archiviert gehört", wie ein Amazon-Rezensent zu Salam Pax anmerkt? Das mag ein Faktor sein, anzunehmen ist aber, dass für Verleger etwas anderes im Vordergrund stehen wird. Mit dem Leser-Publikum - das derzeit gängige Marketing-Zauberwort dafür ist "die Community" -, das sich einige Blogger im Netz geschaffen haben, ist womöglich eine gute Basis für den Verkaufserfolg der Blogs in Buchform gelegt. Ob sich die Online-Attraktivität - im Netz ist das Lesevergnügen umsonst zu haben -, auch auf den Buchmarkt transferieren lässt, bleibt allerdings ein Restrisiko, das vom gegenwärtigen Blog-Hype leicht überdeckt wird.

Bei Julie Powell ist die Rechnung aufgegangen: Etwa 100.000 mal hat sich das "Blook/Bluch" der Blooker-Gewinnerin verkauft. Ihr Blog wurde in der englisch-sprachigen Welt zum "Kult", dem sogar wissenschaftliche Arbeiten auf der Spur waren. Im Julie/Julia Project konnten Leser ein Jahr lang mitverfolgen, wie Julie die Rezepte des in den USA legendären Buches "Mastering the Art of French Cooking" von Julia Child in ihrer kleinen Küche nachkochte und dazu als Beigabe das tägliche Auf-und Ab in ihrer Welt.

Auch die Juroren fanden die Küchenabenteuer schließlich spannender als das Tagebuch einer Prostituierten, die unter dem Pseudonym "Belle de Jour" unter englischen Usern berühmt ist.

Für die Autoren der Blooks liegen die Vorteile auf der Hand. Es ist leichter in einem Blog zu publizieren als bei einem Verlag. Blogs sind ein möglicher Einstieg zur traditionellen Bücherwelt, eine Art Experimentierfeld für Neues mit Publikums-Feedback, vorausgesetzt man schafft es, in der gigantischen Blogosphäre auf sich aufmerksam zu machen - laut BBC geht man derzeit von ungefähr 60 Millionen Blogs weltweit aus, Technorati schätzt die Zahl auf etwa 32,7 Millionen. Es ist der Kontakt zu ihren Lesern, den die Siegerin vor allem betont:

Der "Community"-Aspekt des Bloggens und der Austausch mit anderen half mir dabei, ehrlich zu bleiben und weiterzuschreiben und hielt mich davon ab, in mein gewohntes schwarzes Loch zu fallen...Meine Leser waren beinahe so etwas wie Co-Autoren

Julie Powell

Auch die hier öfter zitierte irakische Bloggerin "Riverbend" (vgl. Von Alptraum zu Alptraum) hat Auszüge aus ihrem Blog als Buch veröffentlicht, das den Titel des Blogs "Bagdad Burning" trägt. Es ist jetzt für den hochdotierten und Prestige trächtigen Samuel Johnson Prize für zeitgenössische Non-Fiction nominiert worden. Das Preisgeld liegt bei 53.000 Dollar.