Der iranische Mythos

Der "verborgene Imam" und die neue Härte des iranischen Regimes - Interview mit Dr Seyed Mostafa Azmayesh, Vertreter des Nematollah Gonabadi Sufi Ordens in Europa

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Am 13.Februar werden 1.200 Mitglieder (Derwische) des Nematollah Sufi Ordens in der Stadt Qom, Iran, im Zuge einer gewaltsamen Räumung und Zerstörung ihres Gebetshauses durch paramilitärische Einheiten und Polizeikräfte, festgenommen und unter Menschenrechts verletzenden Bedingungen festgehalten. Der offene und gewaltsame Angriff gegen eine Minderheit durch die iranischen Behörden hat weltweite Proteste ausgelöst; gleichzeitig hat damit das in Iran weitverbreitete und populäre Sufitum neue Aufmerksamkeit in westlichen Medien erlangt.

Das Sufitum ist eine mystische Bewegung. Es geht darum, einen direkten Weg zu Gott über den Kontakt zum Herzen oder den tieferen emotionalen Schichten von jedem Einzelnen zu gehen. Im islamischen Kulturkreis sind die Sufis mit dem Islam verbunden. Sufitum an und für sich ist jedoch unabhängig von Religionszugehörigkeit und kann mit den Gnostikern verglichen werden, die im Christentum verwurzelt sind. Sufitum beschäftigt sich mit grundlegenden Weisheiten.

Diese Strömung gab es vor dem Islam, vor dem Christentum und vor dem Judentum. Die Benennung ist mit dem Islam aufgetreten, aber das Wesen, das dem Sufitum zu Grunde liegt, ist nach Auffassung der Sufis der freie Mensch. Der Nematollah Orden ist einer der wenigen schiitischen Orden.

Dr Azmayesh, Sie sind der Vertreter des Nematollah Ordens in Europa. Verfolgt dieser Orden ein politisches Ziel?

Seyed Mostafa Azmayesh: Es kommt auf die Art, wie die Gesellschaft organisiert ist, an. Es kommt auf die Personen an, die das Land regieren. In den westlichen Gesellschaften ist es unerheblich, ob jemand Sufi ist oder kein Sufi ist. Er kann sich dafür frei entscheiden, ob er Sufi sein will oder nicht. Doch in totalitären Regierungssystemen verhält es sich so: Wenn Sie Mitglied in einer Sufi-Schule sind, wird diese Entscheidung als eine politische Festlegung und politische Aktivität betrachtet.

In den Augen einer totalitären Regierung bedeutet es, wenn Sie Sufi sind, dann sind Sie gleichzeitig auch gegen die Regierung eingestellt.

Aber Sufitum als Schulrichtung hat nichts mit Politik zu tun. Doch kommt es auf die Art der Regierung an. Zu Schah-Zeiten beispielsweise war es den Sufis erlaubt, ihre Zeremonien abzuhalten, weil sie nicht als Personen betrachtet wurden, die politische Interessen verfolgten. Doch durch die aktuelle religiöse Führung im Iran werden die Sufis als eine politische Strömung erachtet, die gegen die Regierung ist.

Okkulte These als Legitimation für die Regierung

Q : Können Sie nun etwas über den Iran sagen und was sich eben jetzt politisch im Iran ereignet, von dem wir im Westen wenig hören?

Seyed Mostafa Azmayesh: Ja. Das Problem für die internationale Gemeinschaft besteht darin, dass sie Interesse am Iran entwickelt, wenn der Iran nach Außen schaut, aber sie bringt kein Interesse auf für die Vorgänge im Innern des Iran, von denen die Bevölkerung betroffen ist.

Das System der Regierung im Iran ist ein totalitäres und wenn wir über Totalitarismus sprechen, müssen wir uns zum Beispiel den Unterschied zwischen dem Iran und der Sowjetunion unter Stalin klarmachen. Stalin hat die Gestaltung des sozialen Lebens für sich beansprucht, während die Führer im Iran die Gestaltung sowohl des sozialen Lebens, als auch des spirituellen Lebens der gesamten Bevölkerung für sich beanspruchen.

Im Leninismus und im Stalinismus waren die Führer eben nicht interessiert am spirituellen Leben der Bevölkerung, da sie Materialisten waren, somit nannten sie sich Führer der sozialen Entwicklung. Doch die Führer im Iran würden gerne für jeden Aspekt, im Sozialen, im Wirtschaftlichen und in spiritueller Hinsicht eines jeden Individuums entscheiden, was zu tun ist und was nicht.

Somit haben wir es im wahrsten Sinne des Wortes mit einem totalitären System zu tun. Wenn Sie also in einem solchen System leben, gibt es keinen Raum für Freiheit und Demokratie. Diese Art von System ist aus seiner Natur heraus gegen Demokratie.

Es wird ja auch alles ausgesprochen. Der Hauptideologe des Regimes Ayatollah Mesbah Yazdi hat kürzlich geäußert, die Menschen seien überhaupt nicht wichtig und die Legitimität der Regierung komme direkt aus der unsichtbaren Beziehung des Oberhauptes der Revolution mit dem "verborgenen 12ten Imam".

So wird eine okkulte These als Legitimation für die Regierung propagiert und die Menschen haben keinerlei Platz in diesem ideologischen Gebäude. Sie sind nichts als Untertanen. In einem solchen System sind nicht nur die Sufis nicht frei, niemand kann frei sein. Dies ist die Realität des iranischen Systems. Von Zeit zu Zeit bedrohen sie andere Länder oder Systeme, wie sie zurzeit Israel bedrohen oder über die Nuklearanlagen streiten. Durch diese Art schaffen sie es, die Welt über ihre Absichten in Sorge zu stürzen. Selbst wenn sie ihre Drohungen nicht wahr machen, muss die Weltgemeinschaft Acht geben, was sie machen und welche Absichten sie verfolgen.

Können Sie bitte näher auf die These des unsichtbaren Imams und ihre Relevanz für die iranische Führung eingehen?

Seyed Mostafa Azmayesh: Der zwölfte Imam lebt in einer Periode der Verborgenheit. Es ist nicht klar, wann er wieder erscheinen wird. Es wird gesagt, während dieses Zeitalters, nimmt ein guter schiitischer Gläubiger keine politische Haltung ein. Dies war der schiitische Standpunkt. Und der Unterschied zwischen den Schiiten und den Sunniten besteht gerade darin. Denn die Sunniten denken, nach dem Tod des Propheten des Islam betreffe Politik die Bürger und sie müssten selbst entscheiden können über das System ihres Staatsgebildes. Doch die Schiiten denken, dass Politik eine Folge spiritueller Kraft und eng verknüpft mit dieser ist.

Während der Zeit der Verborgenheit müssen sich die Schiiten also gänzlich aus der Politik heraushalten.

Doch Ayatollah Khomeini hat eine neue These zum politischem Verhalten in der Welt der Schiiten in die Welt gesetzt. Ayatollah Khomeini sagte, in der Zeit der Verborgenheit des Imams ist es den religiösen Führern, den Ayatollahs, vorbehalten die islamischen Länder zu regieren.

Also, traditioneller Weise gibt es zwei gegensätzliche Standpunkte im Schiismus. Der traditionelle Standpunkt sagt: Der Imam kümmert sich um die Politik und der neue Standpunkt von Khomeini und seinen Parteigängern sagt: Da das Verhülltsein des Imam unendlich lange sein kann, muss sich der Ayatollah um die Politik kümmern und beide Standpunkte stehen in Opposition zueinander.

Krisen als Voraussetzung für das Wiedererscheinen des "verschwundenen Imams"

Nun gibt es noch einen dritten Standpunkt zum politischen Verhalten, der sich als Synthese aus den ersten beiden ergeben hat. Gewisse Gruppierungen der Ayatollahs sagen, die Politik könnte von den Ayatollahs bestimmt werden in der Zeit der Verhüllung des Imam.

Und in dieser Phase ist es natürlich, dass heftige gesellschaftliche Krisen auf internationaler Ebene geschaffen werden müssen. Wenn die Krise und Ungerechtigkeit auf der ganzen Welt herrscht, wird der Imam von Gott geschickt werden, um die Probleme der Menschheit zu lösen. Sie sagen, dass die Arbeit der religiösen Regierung in der Zeit, die durch das Wiedererscheinen des Imam beendet wird, nicht dazu da sei, islamisches Recht umzusetzen, sondern im Gegenteil viele Probleme zu verursachen und ein großes Geschrei zu veranstalten. Es ist ganz natürlich, einen Haufen Schwierigkeiten und Lärm und Kriege zu schaffen, denn durch all dies wird der Imam sehr schnell zum Wiedererscheinen geführt.

Also, dies ist die neue Interpretation. Der neue Präsident von Iran, Ahmadinedschad, ist ein Anhänger dieser Interpretation. Auf dieser Grundlage spricht er über die anderen Länder und über die Notwendigkeit, die Nuklearfrage weiter zu entwickeln.

Sufis als innenpolitische Feinde

Lassen Sie uns nun über Qom sprechen. Offensichtlich gibt es hier ein Beispiel, das veranschaulichen kann, wie iranischen Behörden mit der Bevölkerung umgehen. Im Zusammenhang mit der Vernichtung ihres Zentrums wurden mehrere Mitglieder des Nematollah Ordens ins Gefängnis geworfen, mit der Anschuldigung, sie seien Agenten des Westens und hätten eine Rebellion gegen die Regierung angezettelt. Kein Anwalt oder Freund, noch Verwandter durfte Kontakt zu ihnen aufnehmen. Was ist wirklich geschehen und was ist Ihr Standpunkt zu diesen Vorwürfen?

Seyed Mostafa Azmayesh: All das sind falsche Anschuldigungen, die jeglicher Grundlage entbehren. Jedermann weiß, dass wir es mit einem totalitären System zu tun haben und die Behörden erlauben sich, alles Mögliche gegen wen auch immer zu unternehmen. Die Sufis waren damit beschäftigt zu Gott zu beten. Sie waren in den Nischen ihrer Gebetshäuser in jeder Stadt allein damit beschäftigt.

Doch mit der Regierungsübernahme durch Ahmadinedschad und seinen Gefolgsleuten wurde die Situation für die Sufis sehr eng. Die Propaganda behauptete nun, die Sufis seien überhaupt keine Moslems und es gäbe überhaupt keinen Platz für sie in einer muslimischen und in der iranischen Gesellschaft. Sie behaupteten, es sei Sache der Regierung die Sufis völlig zu entfernen und ihre Häuser überall zu zerstören und sie haben damit in Qom angefangen, weil Qom die Hauptstadt des schiitischen Fundamentalismus ist. Dort leben die reaktionären Ayatollahs, die öffentlich die Derwische angreifen und zur Gewalt gegen sie aufrufen, mit dem Ziel, sie völlig aus Qom zu entfernen.

Im Frühjahr 2005 haben sie damit angefangen, Bücher gegen die Sufis zu schreiben, lauter ideologisch verbrämte Schriften, um zu verbreiten, die Sufis seien kein Quäntchen Muslimisch. Sie beschreiben, wie seit der Zeit des Propheten die Sufis in einer islamischen Gesellschaft nicht tragbar waren. Doch all diese Behauptungen sind schlichtweg falsch. Dies war die ideologische Vorbereitung ihrer Anhänger, um die Sufis anzugreifen.

Im Sommer 2005 begannen sie dann, die Sufis in Verbindung mit dem Pentagon und der CIA und mit fremden Mächten zu bringen.

Das Tückische daran ist, dass es alles nicht offiziell von Seiten der Regierung betrieben wurde. All dies ist durch die reaktionären Ayatollahs in Qom getan worden, doch wurde es von der Regierung geduldet. Die Regierung hat keinerlei Reaktion darauf gezeigt. Schließlich hat vor zwei Monaten einer der reaktionären Ayatollahs mit Namen Nouri Hammedani die Regierung kritisiert und hat gesagt, "wenn die Regierung die Sufis nicht aus Qom entfernt, dann werde ich meine Anhänger auffordern, dies zu tun".

Letztlich hat er seine Anhänger aufgefordert, tätig zu sein und die Behörden waren dabei und haben sie unterstützt. Diese reaktionären Leute sind wie die Taliban, nur dass die Taliban in Afghanistan sunnitisch sind, während die Anhänger von Nouri Hammedani schiitische Taliban sind. Sie sind wirklich sehr reaktionär und sie sind gegen eine moderne Gesellschaft. Also haben sie die Sufis angegriffen und die Behörden haben sie nicht aufgehalten oder inhaftiert, sondern haben sie auch noch unterstützt und haben die Sufis inhaftiert.

Wir haben dann Shirin Ebadi, die Anwältin, die sich für Menschenrechte im Iran einsetzt und dafür den Nobelpreis bekommen hat, gebeten, Fürsprache für die Sufis zu halten. Dadurch, dass sie international bekannt ist, genießt sie einen gewissen Schutz und so hatten wir die Hoffnung, dass sie helfen kann. Jeder andere Anwalt, der bereit war, den Sufis zu helfen, wurde von den Behörden sofort verhaftet und festgesetzt. Sie wollten die Sufis angreifen und gleichzeitig, dass sich Schweigen darüber ausbreitet, um den Sufis in aller Ruhe ein Ende zu machen. Aber glücklicherweise half die internationale Gemeinschaft den Derwischen sehr und die Behörden haben die Sufis dann auch schnell aus dem Gefängnis entlassen.

Warum fürchtet die iranische Regierung die Sufis? Welche Argumente bringt Sie gegen die Sufis vor?

Seyed Mostafa Azmayesh: Während der ersten 27 Jahre der Islamischen Staatsführung im Iran gab es eine Art von Koexistenz zwischen den Sufis und dem iranischen System. Als vor kurzem der neue Standpunkt der Politik aufgebracht wurde, entwickelten sich die Widersprüche zwischen bestimmten religiösen Strömungen und den Sufis immer stärker auseinander.

Der Grund dafür liegt auf der Hand: Wenn diese bestimmte religiöse Strömung von Radikalität und Totalitarismus spricht und hervorhebt, es sei erforderlich von Krisen geschüttelt zu sein, bevor der Imam wiederkehrt und alles auf eine Konfrontation mit den westliche Ländern abstellt und eine Intoleranz und Härte anderen Menschen und anderen Religionen gegenüber zeigt, dann wenden sich mehr und mehr Menschen von dieser Art, den Islam zu interpretieren, ab und neigen der entgegengesetzte Art zu, nämlich der friedvollen Interpretation.

Der allerfriedfertigste Blick auf den Koran und auf die Islamische Religion ist der Blickwinkel der Sufis. Diese neue Strömung der Ayatollahs drängen die Menschen, insbesondere die jungen Menschen durch ihre eigenen Theorien zum Sufitum. Sie fürchten diese Abwendung der Menschen von ihren Theorien. Sie fürchten die Tatsache, dass die Menschen sich mehr und mehr für Sufitum interessieren, weil sie gewaltsam Recht brechen und eine aggressive Lebensanschauung vertreten.

Sie möchten gerne die Gegenwart der Sufis im Iran auslöschen, um den Menschen nicht zu erlauben, auf diese Art zu leben. Sie haben bereits verstanden, dass die Menschen sich mehr und mehr von ihnen abwenden, je länger sie über Intoleranz anderen gegenüber predigen und die Menschen sich der friedlichen Interpretation zuwenden, zu den Sufis gehen. Also wollen sie die Gegenwart der Sufis überall vernichten.

Zwei Monate ist es her, da haben sie die Stadt Qom als Hauptstadt des Islam in der Zeit der Wiederkehr des verborgenen Imam benannt.

Dieses System braucht einen Mythos

Nun, dieses System braucht einen Mythos. Und sie schaffen diesen Mythos. Und dieser Mythos hat nichts Rationales an sich, er ist dogmatisch. Dieses Dogma liegt in den Grundzügen des Schiismus bereits drin. Es ist das Dasein des zwölften Imam, der dauerhaft im Zustand des Verborgenseins lebt. Dies ist der Mythos der Schiiten. Sie warten auf das Wiedererscheinen des Imam. Die Ayatollahs können den Imam nicht ersetzen, aber sie können den Leuten einreden, dass sie in der Lage seien, den Mythos wahr werden zu lassen, den Zustand herbeiführen zu können, der den Imam wiederkehren lässt; Gott zu zwingen, den Imam wieder zu entsenden. Die gesamte Politik der aktuellen iranischen Regierung geht in diese Richtung.

Hingegen versuchte der Ex-Präsident, Chatami in seiner Regierungszeit einen rationalen Kurs einzuschlagen. Was aber jetzt geschieht ist vollkommen irrational. Sie wenden sich einer mythologischen Erklärung der Geschichte und des Glaubensdogmas zu. Es gibt keinen einzigen vernünftigen Plan oder ein Projekt für die Zukunft. Worüber sie reden ist, dass sie die Leute bereit machen wollen, für die Wiederkehr des Imam und solche Dinge.

So etwas Ähnliches finden wir auch wo anders in der Welt. Präsident Bush und seine radikalen protestantischen Anhänger möchten auch die Bedingungen herstellen, um Gott zu zwingen, Jesus wieder zu entsenden. Es ist genau das Gleiche was sie tun, also kommt es von beiden Seiten zum gleichen Ergebnis: Gewalt über Gewalt und Intoleranz in die Welt bringen.

Atomwaffe ein vages Projekt

Welche Relevanz hat dies für Europa?

Seyed Mostafa Azmayesh: All dies sind die Zeichen für einen sich entwickelnden Faschismus. Ideologischer Faschismus unter dem Deckmantel von Islam und Religion. Er stellt eine ernste Gefahr für die freie Welt dar. Die Gefahr macht nicht Halt im Iran, sie stellt eine Bedrohung für die ganze Welt dar. Und falls die internationale Gemeinschaft sich untätig verhält gegenüber dem Geschehen im Iran, wird es schon morgen auch in Europa eine reale Bedrohung darstellen. Wir können nicht außer Acht lassen, was Faschismus zu anderen Zeiten in Europa bewirkt hat. Es ist die gleiche Sache und noch schlimmer, weil es ein religiös-ideologischer Faschismus ist. Eine viel heftigere Art und sehr spezifische Art von Totalitarismus. Aus diesem Grund, muss die internationale Gemeinschaft und vor allem Europa gewarnt sein und sehr wachsam damit umgehen.

Wie kann die westliche Gesellschaft dem Iranischen Regime begegnen? Ist ein Krieg gegen den Iran, in irgendeiner Weise eine Möglichkeit? Wie können Amerika und die EU dem Iranischen Volk gegen jegliche gewaltsame und despotische Ziele ihrer eigenen Regierung unterstützen?

Seyed Mostafa Azmayesh: Das, was der Iranischen Bevölkerung am hilfreichsten sein wird, ist die Entwicklung des rationalen Denkens und die Demokratisierung aus eigener Kraft. Jegliche Gefahr von Außen wird die Tyrannei und Unterdrückung nähren. Das braucht es nicht. Bei der Entwicklung einer friedlichen Interpretation des Koran zu helfen und den Menschen von Innen zu helfen, ist das Beste was wir tun können.

Haben sie spezifische Vorschläge, wie den Menschen im Iran geholfen werden kann?

Seyed Mostafa Azmayesh: Die westlichen Medien müssen eine entschlossenere Rolle in dieser Situation spielen. Sie bringen der Atomwaffe sehr viel Aufmerksamkeit entgegen, doch dies ist nur ein vages Projekt. Fakt ist, dass der Widerstand der friedlich gesinnten Menschen gegen die intolerante Deutung des Korans am hilfreichsten für die Entwicklung von demokratischem Verständnis und Bürgerrechten im Iran ist. Ich denke, es ist besser, wenn die westlichen Massenmedien einen Richtungsschwenk machen, um dem friedlichen Widerstand der iranischen Bevölkerung gegen diese neuen Strömungen der Korandeutung mehr und mehr unter die Arme zu greifen.

Was kann die deutsche Regierung unternehmen?

Seyed Mostafa Azmayesh: Diese Frage finde ich sehr interessant, denn kürzlich gab es ein Zusammenkommen eines der Hauptideologen, Safi Golpaygani in Qom mit dem deutschen Botschafter im Iran, Freiherrn von Maltzahn. Dieser Ayatollah - eine wichtige Persönlichkeit im Iran - sprach mit dem Botschafter über das iranische Nuklearprogramm und wies darauf hin, dass sie ein friedliches Volk seien und dass sie Zugang zu nuklearer Energie haben müssen usw. In diesen Zusammenkünften mit den Ayatollahs, wie zum Beispiel mit Golpaygani, ist es wichtig, offen darauf hinzuweisen, dass die Weltgemeinschaft sehr genau darauf schaut, wie die Regierung mit der eigenen Bevölkerung umgeht. Wie sie mit der eigenen Bevölkerung umgehen, ist ein Beispiel dafür, was sie tun werden mit jedem in der Welt, wenn sie die Kraft und Möglichkeit dafür haben.

Wenn sie von der freien Zivilisation, der internationalen Gemeinschaft akzeptiert werden wollen, müssen sie die Rechte der Bürger im Iran achten. Und die Sufis sind ebenso Bürger, wie jeder andere auch. Wenn sie jedoch die Sufis angreifen, ihre Zentren niederreißen wider jegliches religiöse und wider jegliches zivile Recht - so tun sie gerade -, verlieren sie ihre Glaubwürdigkeit vor der internationalen Gemeinschaft.