Es geht eine Ente auf Reisen…

Bild erklärt der Welt die Deutschen, bei denen die Busen angeblich vor Dummheit quietschen

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Die Bild-Zeitung ist ein Satireblatt, ebenso wie Coupe oder MAD, so die nachvollziehbare Ansicht mancher Fachleute. Soll heißen: sie ist immer interessant zu lesen, aber man sollte nicht alles glauben, was darin steht. Dummerweise hat sich dies im Ausland jedoch noch nicht herumgesprochen.

Das World Wide Web ist besonders geeignet, um Enten schnell zu verbreiten: unterbezahlte Content-Manager – Redakteure wollen sie sich gar nicht erst nennen, das klingt nicht cool genug – übernehmen Kurzmeldungen von anderen Webseiten oder Newstickern. Jeder verlässt sich darauf, dass der andere die Meldung überprüft hat. Nein, wir reden hier nicht von Blogs, denn diese verweisen zwar auf Meldungen anderswo im Netz, übernehmen diese aber normalerweise nicht einfach als eigene Meldung – schon das Urheberrecht spricht dagegen. Was sie natürlich nicht unbedingt vor dem Hereinfallen auf Scherze und Falschmeldungen schützt (Mit DNA-Analyse gegen Dusch-Onanisten?).

Besonders gefährlich wird es, wenn eine Meldung die Sprachbarriere überspringt: Wenn der Redakteur die Originalmeldung so gerade noch lesen kann oder gar nur aus zweiter Hand kennt, begibt er sich leicht aufs Glatteis, denn die Glaubhaftigkeit der Quelle ist im Ausland meistens weniger bekannt. In jedem Land gibt es Zeitungen, bei denen die Einheimischen schon wissen, dass sie nicht ganz so ernst zu nehmen sind: in Amerika beispielsweise der National Enquirer, in England die Sun und in Deutschland eben die Bild. Gibt der Redakteur an, dass er aus einem dieser Blätter die Meldung hat, so kann man deren Glaubhaftigkeit durchaus noch rekonstruieren und diese angemessen einstufen.

Es gibt jedoch auch Nachrichtendienste, die ihre Quellen unterschlagen und sich somit die möglichen Enten selbst ans Bein binden. Ananova ist hier bereits mehrfach aufgefallen, eine Nachrichtenseite eines englischen Telekommunikationsanbieters, die immer wieder für ein Sammelsurium lustiger Meldungen bekannt ist. Ihre neueste ist ein großer Erfolg: Sie wurde unter anderem in Schottland, in Südafrika und in Indien (inzwischen entfernt) übernommen sowie auf englischen Radiostationen kichernd zum Besten gegeben.

Es klingt ja auch zu lustig: Radio Bremen habe eine Radiomoderatorin wegen angeblich zu luftiger Kleidung gefeuert, die nun behauptet, den Sender zu verklagen, da ihre Brüste ja schließlich nicht ins Mikrophon quatschen – oder auch quietschen (handelt es sich etwa um aufblasbare Exemplare?). Ja ja, die dummen Deutschen mit ihren mittlerweile auch im Ausland einschlägig berüchtigten öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten mal wieder...

Ist der Kollege von Nachrichten, Wetter oder gar Verkehr wegen der interessanten Ausblicke ins Stottern gekommen? Oder was liegt der angeblichen Kündigung denn zu Grunde? Angeblich legen doch sowieso alle beim Arbeiten am liebsten alle Kleidung ab, wenn keiner zuschaut, obwohl dies beim hiesigen Klima insbesondere diesen Jahres nun wirklich ziemlich unglaubwürdig ist.

Im deutschen Internet war vom Problem der mangelnd vom Mikrofon abgeschirmten weiblichen sekundären Geschlechtsmerkmale jedenfalls nichts zu finden, außer in einem Blog. Die eigentliche Quelle der Meldung in der bekannten Satirezeitung aus Hamburg ist über Suchmaschinen nicht zu finden. Dies hat vermutlich auch die englischen Kollegen dazu verleitet, die Meldung einfach ohne Quellenangabe zu übernehmen – wird dann schon keiner merken…

Blöd nur, dass es sich um eine Falschmeldung handelt. Zwar haben sich die Wege von Sender und Moderatorin tatsächlich getrennt, die zuletzt noch Anfang des Monats im „Funkhaus Europa“ Musik ansagte; entlassen wurde sie jedoch nicht und könnte sie auch nicht, weil sie niemals angestellt war, sondern lediglich freie Mitarbeiterin. Damit dürfte es ihr auch schwer fallen, den in der englischsprachigen Presse erwähnten Arbeitsgerichtsprozess zu führen.

Und auch wenn Frau Sahin die Vermutung äußert, ihre Kleidungsgewohnheiten hätten den Eklat ausgelöst und Ananova die zweite Vermutung dezent unter den Tisch fallen lässt, dass es vielleicht etwas mit dem zweiten Leben der Moderatorin als Sängerin und ihren Songtexten zu tun haben könnte, so liegt da schon eher das Problem: Die Lieder, die sie zum Besten gibt, wäre nämlich niemals sendefähig gewesen – nicht im öffentlich-rechtlichen und auch nicht im privaten Rundfunk – und auch eine solide Grundlage für etliche Beleidigungsklagen. Und auch ihre offiziellen Auftritte für den Bremer Sender waren nicht akzeptabel, da auf Gürteln hierzulande durchaus Markennamen als Schleichwerbung akzeptabel sind, aber nicht Schimpfworte für dadurch nur notdürftig verdeckte, diesmal primäre, weibliche Geschlechtsmerkmale.

Also eigentlich alles nur mit Hilfe der Bild-Zeitung aufgeblasen, die auf diese Art sich gerne eigene Stars macht. Nur im Ausland hat das nicht funktioniert, denn dort wird nur Radio Bremen erwähnt, aber der Name der Ex-Moderatorin ebensowenig wie ihre musikalischen und texterischen Gelüste. Bleibt nur zu hoffen, dass es nicht auch noch zu einem vom Rap-Publikum bereits prophezeiten Ehrenmord kommt, um die Plattenverkäufe anzukurbeln.