Am Wendepunkt

Irak: Kommandeurs-Berichte an das Pentagon sprechen davon, dass der Krieg verloren sei

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Der Mai war der grausamste Monat im "Waste Land Irak": 1.400 Leichen wurden in die größte Leichenhalle Bagdads gebracht, für das laufende Jahr zählt das irakische Gesundheitsministerium nach Angaben von BBC bislang 6.000 Leichen, die dorthin gebracht wurden.

Die Entführung von 50 Menschen an einem Busbahnhof in der Hauptstadt am Montag, der Fund von neun abgetrennten Köpfen auf einer Schnellstraße in Hadid gestern - schon am Samstag waren dort bereits acht Köpfe in Obstkisten gefunden worden: die "Horror-Picture-Show" im Irak setzt sich täglich fort, so der amerikanische Irak-Kommentator Juan Cole heute und fügt den Verdacht hinzu, dass man vermutlich nur einen kleinen Teil des Gesamtbilds der täglichen Gewalt im Irak zu sehen bekomme.

Nun gilt der Geschichts-Professor Cole für das regierungsnahe Lager als ausgemachter "Schwarzseher", der die Wirklichkeit im Irak den eigenen politischen Anschauungen - Cole war von Anfang an ein entschiedener Kritiker des Irakkriegs und der Nahostpolitik der gegenwärtigen Regierung - gemäß interpretiert und falsch darstellt. Doch der Wind scheint sich zu drehen, schon seit einiger Zeit gelangen pessimistische Lageeinschätzungen auch aus Kreisen an die Öffentlichkeit, die eigentlich Optimismus verbreiten müssten: von Kommandeuren der US-Armee.

Waren es bislang vor allem Stabs-Generäle, die sich mit ihrer Kritik an der Irak-Strategie des Verteidigungsministers Rumsfeld international Gehör verschafften - aktuell General Batiste -, so sind es nach einer aktuellen Meldung jetzt "Military commanders in the field", die allergrößte Zweifel am Gelingen der Mission im Irak anmelden: In privaten Berichten an das Pentagon sollen sie demnach zugeben, dass der Krieg verloren sei und das amerikanische Militär nicht dazu imstande, die wachsende Gewalt im Land entscheidend einzudämmen.

Details dieser Berichte, so die Nachrichtenseite "Capitol Hill Blue", seien nicht zu erfahren, da Generalstabschef Peter Pace sofortige Strafmaßnahmen angedroht habe, sollte aus militärischen Kreisen etwas über die "zunehmend pessimistischen Lageberichte" nach außen dringen.

Im Vorfall in Haditha (vgl. Die mordenden Befreier), immer wieder als "Spitze eines Eisbergs" bezeichnet, zeige sich, so Quellen von Capitol Hill Blue exemplarisch, dass die amerikanischen Truppen physisch und psychisch an ihre Grenzen stoßen. Viele Berichte und Zeugen würden das Bild von überlasteten Einheiten bestätigen. Die "Kilo Company", jene Marine-Einheit, denen Mord an unschuldigen Zivilisten in Haditha vorgeworfen wird, mit Alkohol- und Drogenproblemen und seltsamen Initiationsspielen, sei keine Ausnahme, wird jetzt befürchtet.

"Vorwürfe wie diese (Hadith), ungeachtet dessen, wie sie von Fakten gestützt werden, haben eine Wirkung auf die Fähigkeit der US-Streitkräfte, ihre Operationen fortzusetzen..Solche Vorfälle bestärken den Eindruck, dass die USA den Krieg nicht gewinnen können."

General Carter Ham, im letzten Jahr noch Oberfehlshaber im Norden Iraks