Terroristenführer Sarkawi getötet

Der Aufenthaltsort des für seine Grausamkeit bekannten al-Qaida-Führers im Irak wurde angeblich von Informanten in seinem Umkreis verraten

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Offenbar hat das US-Militär gestern durch einen Luftangriff al-Sarkawi, den aus Jordanien stammenden al-Qaida-Stellvertreter im Irak, und Sheik Abd-al-Rahman, einen seiner engsten Mitarbeiter, getötet. Sollte die sich vom US-Kommando im Irak bestätigte Medlung als richtig erweisen, hätte das US-Militär der sunnitischen Terrorgruppe, die durch ihre Grausamkeit aufgefallen ist, einen schweren Schlag versetzt. Seine Terrorgruppe kündigte inzwischen an, dass der „Heilige Krieg“ fortgeführt werde, und bestreitet mit der Bestätigung von Sarkawis Tod, dass Abd-al-Rahman bei dem Angriff getötet wurde.

Vor der Bestätigung durch das US-Kommando hatte bereits der irakische Regierungschef Nuri al-Maliki im Fernsehen, begleitet vom US-Botschafter Zalmay Khalilzad und US-General George Casey, die Tötung des Terroristenchefs gestern um 18 Uhr Ortszeit bekannt gegeben. Bombardiert wurde ein Haus in der Nähe von Bakuba. Dort hatte die Gewalt in letzter Zeit auch an Grausamkeit zugenommen. So wurden mehrere abgeschlagene Köpfe in Säcken auf Straßen gefunden. Nach al-Maliki sind mit Sarkawi sieben mutmaßliche Terroristen getötet worden. Hinweise habe der irakische Geheimdienst von der lokalen Bevölkerung erlangt. Für Hinweise, die zur Ergreifung von Sarkawi führen, hatte die US-Regierung 25 Millionen Dollar ausgesetzt.

Khalilzad erklärte: "Der Tod von Abu Musab al-Sarkawi ist ein großer Erfolg für den Irak und für den internationalen Krieg gegen den Terror.” Casey sagte, der Leichnam von Sarkawi sei identifiziert worden. In der Pressemitteilung des US-Kommandos im Irak heißt es allerdings, dass Hinweise aus dem Umkreis der irakischen Führer von Sarkawis Terrorgruppe die Aktion ermöglicht hätten.

Die Identifikation von Sarkawi sei über Vergleiche der Fingerabdrücke, Gesichtserkennung und bekannte Narben erfolgt. Sarkawi hatte sein aktuelles Aussehen erst kürzlich selbst durch ein Video bekannt gemacht, das bei der Identifizierung sicher auch nützlich gewesen ist. Das Pentagon hat ein Foto des Getöteten und eine Video veröffentlicht, das den Beschuss des Hauses zeigen soll, in dem sich Sarkawi aufgehalten hat. Aus Jordanien heißt es, dass bei der Lokalisierung von Sarkawi auch der jordanische Geheimdienst beteiligt gewesen sei.

Sarkawi sei für den Tod von Tausenden Irakern verantwortlich, sein Tod sei ein wichtiger Schlag gegen al-Qaida und den Terrorismus im Irak. Das US-Kommando ist aber vorsichtiger geworden und warnt: „Auch wenn der Führer von al-Qaida im Irak nun tot ist, stellt die Terrororganisation weiterhin eine Gefahr dar, da ihre Mitglieder versuchen werden, das irakische Volk weiter zu terrorisieren und seine Regierung zu destabilisieren.“ Die irakischen Streitkräfte würden mit der Hilfe der Koalitionstruppen weiter die Terroristen jagen, bis der Terrorismus ausgelöscht ist.

Allerdings ist Sarkawis Terrorgruppe, die ihre Anschläge nach eigenen Erklärungen auch über den Irak hinaus nach Jordanien und dem Libanon ausgedehnt hat, in letzter Zeit auch verstärkt von den anderen sunnitischen Terror- und Widerstandsgruppen abgelehnt worden, der von Sarkawi gegen die Iraker und Schiiten geführte Kampf stieß vermutlich auch in den eigenen Reihen zunehmend auf Widerstand (Propaganda von Sarkawi). Daher ist durchaus glaubwürdig, dass Hinweise von Informanten aus dem Kreis um Sarkawi oder aus anderen Terror- oder Widerstandsgruppen gekommen sind, um so die Konkurrenz zu beseitigen, die auch den Kampfzielen der anderen Gruppen schaden könnte. Bei der Gründung des Mudschaheddin-Schura-Rats war Sarkawi Anfang des Jahres ausgebootet worden, suchte dann aber durch seinen ersten Auftritt in einem Video zu demonstrieren, dass er der sunnitischen Vereinigung der Aufständischen angehöre und weiterhin kampfbereit sei (Sarkawi tritt erstmals in einem Video auf).

Sarkawi hatte es allerdings bereits erreicht, dass die Konflikte zwischen Schiiten und Sunniten sich zugespitzt haben. Sein Tod dürfte daran vorerst wenig ändern, zumal der Widerstand gegen die Koalitionstruppen auch von schiitischer Seite, vornehmlich von al-Sadrs Anhängern und Milizen, ausgeht.

In letzter Zeit haben Gewalt und Brutalität weiter zugenommen. In einer neuen Form des Anschlags werden Menschen aus vorbeifahrenden Autos beschossen. Am Mittwoch wurden 50 Menschen auf offener Straße entführt, einige wurden offenbar wieder freigelassen, manche sollen Spuren der Folter gezeigt haben. Heute ist bereits wieder eine Bombe in Bagdad explodiert, die 13 Todesopfer forderte.

Die Tötung von Sarkawi erfolgte aber auch, nachdem der irakische Regierungschef zur Versöhnung aufgerufen und die Freilassung von 2.500 Gefangenen angekündigt hatte Gestern wurden bereits die ersten 590 freigelassen. Überdies konnte Nuri al-Maliki nun die noch offenen Ministerposten besetzen. Zum Innenminister wurde der Schiit Jawad al-Bulani ernannt, der bereits unter Saddam Hussein beim irakischen Militär war. General Abd al-Qadir Jasim wurde zum Verteidigungsminister. Er ist ein Sunnit. Shirwan al-Waili ist zuständig für die nationale Sicherheit.

In einer Miteilung auf einer Website hat al-Qaida im Irak den Tod von Sarkawi bestätigt und erklärt, dass der “Heilige Krieg” weiter geführt werde. „Wir wollen Ihnen die freudige Nachricht über den Märtyrertod des Mudschaheddin-Scheichs Abu Musab al Sarkawi mitteilen“, heißt es in der Botschaft, wie die Nachrichtenagentur AP berichtet. „Der Tod unserer Führer bedeutet Leben für uns. Er wird nur unsere Ausdauer für die Fortführung des Heiligen Kriegs stärken, so dass das Wort Gottes siegen wird.“ Die Mitteilung ist unterschrieben von Abu Abdel-Rahman al-Iraqi, dem stellvertretenden Emir von al-Qaida im Irak. Sollte dies zutreffen, hat das US-Kommando im Irak den Tod von diesem fälschlich gemeldet.