Ausverkauf der Blogger-Seele?

Der Dienst PayPerPost bietet Bloggern an, ein paar Dollar für Schleichwerbung in ihren Einträgen zu verdienen

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Blogger können sich nun auch einen kleinen Nebenverdienst mit Schleichwerbung machen. Sie brauchen nur ein Produkt, eine Firma oder einen Dienst in ihrem Blog erwähnen, um ein paar Dollar dazu zu verdienen. Für die Werbenden ist dies vielleicht eine gute Möglichkeit, für weitaus weniger Geld als üblich etwas bekannter zu machen, natürlich vor allem dann, wenn es nicht als Werbung in Erscheinung tritt.

Der Einfall, mit den Bloggern ein Geschäft zu machen, stammt von Ted Murphy, der die Werbeagentur Mind Comet. Die Idee hinter PayPerPost ist einfach. Wer für ein Produkt werden will, eröffnet auf der Website einen Account und gibt an, wie viel Geld er pro Posting ausgeben will, wie lange das Angebot läuft, wie viele Worte der Hinweis enthalten muss und ob ein Bild und eine URL angegeben werden sollen. Die Angebote werden überprüft, da Pornografie und illegale Inhalte ebenso wie Aufforderungen, dass Blogger schwindeln sollen, ausgeschlossen werden. Nach Prüfung kommt das Angebot zu der Liste mit den „Opportunities“, aus der sich Blogger etwas auswählen können, um die Umsetzung dann bei PayPerPost einzureichen, wo überprüft wird, ob die Anforderungen eingehalten wurden.

Allerdings gibt es einige Auflagen, die Blogs – Websites, Emails, Foren etc. sind nicht zugelassen - darüber hinaus erfüllen müssen, um geldwürdig zu sein. Es muss sie mindestens 90 Tage lange geben, sie müssen in englischer Sprache verfasst sein, sie sollen mehr Inhalt enthalten, als nur die PayPerPost-Angebote, (fast) identische Blogeinträge werden ausgeschlossen. Und die Blogger sollen zudem ehrlich sein, also das Produkt, den Dienst oder die Website auch kennen, wenn sie darauf hinweisen oder es besprechen. Das alles nachzuprüfen dürfte nicht einfach und problemlos sein. Noch wird offenbar allen Blogs gleich viel für eine Schleichwerbung bezahlt, falls das Modell Chancen haben sollte, müsste wohl auch hier eine Quote eingeführt werden. Das Problem dürfte nur sein, dass sich relativ leicht herauskriegen lassen oder der Verdacht entstehen könnte, welcher Blog sich für Beiträge bezahlen lässt, wenn die Opportunities offen einzusehen sind.

Eines der ersten Angebote ist die Bewerbung der Website PayPerPost selbst. Dafür gibt es 10 US-Dollar. Wobei nun schon die Frage auftaucht, ob überall da, wo die Website erwähnt oder besprochen wird, auch Geld fließt. Es muss ja nicht darum gehen, den Dienst positiv darzustellen, eine gute Kritik oder ein gelungener Verriss können, wie man weiß, einen Namen viel bekannter machen und besser für das Branding sorgen – mitunter auch deswegen, weil man wohl gemeinhin eher annimmt, dass es sich um eine unabhängige Bewertung handelt. Damit will auch PayPerPost die Undercover-Werbeerfolge erzielen, schließlich sei jeder Hinweis in einem Blog „einzigartig“ und drücke „die Perspektive des einzelnen Bloggers“ aus. Was freilich nur im Sinne des viralen Marketing funktionieren kann, falls es dies überhaupt tut, wenn der jeweilige Blogger nicht nur Leser hat, sondern sich auch einer Wertschätzung erfreut, weil er als unabhängige, persönliche Stimme gilt.

Vermutlich abgesprochen hat Murphy den Start seines Dienstes mit dem Business Week-Autor Jon Fine, der selbst einen Blog über Werbung in Medien betreibt, denn kurz davor erschien passenderweise der Artikel Polluting the Blogosphere. Für ein Brand, so zitiert der AutorMurphy, sei es schließlich besser, in einem Blog als Inhalt zu erscheinen, als einen Banner oder eine Werbung zu schalten. Wie die Blogger moralisch mit der eingebetteten Werbung umgehen, ob sie den Inhalt also als Werbung kennzeichnen, sei ihnen selbst überlassen. Fine selbst spielt mit dem Thema herum, ob Werbung deutlich gekennzeichnet werden müsse, etwas unentschlossen herum, so dass sich der Verdacht einer konzertierten Aktion verstärkt. Murphy hat auch Emails mit einem Link auf den Artikel verschickt und auf seine Website geschrieben: „As seen in Business Week“.

Aber just das ist das Gift, das eine solche Art der Schleichwerbung mit sich bringen wird, wenn sie sich verbreitet. So wird im Blog TechCrunch kritisiert, dass Blogger damit „ihre Seele verkaufen“. Just von diesem Blog kommen aber die meisten Besucher zu PayPerPost, wie Murphy ironisch kommentiert:

I have always wondered what type of traffic a high profile blog can really generate in a day. To clarify none of the blogs listed below were paid posts (except techcrunch... just kidding!!! Chill.).

TechCrunch betont: „TechCrunch does not accept payment for posts.” Aber wird man das noch glauben? Ein anderer Blogger schreibt, dass die Blogosphere nach PayPerPost unter Generalverdacht verstehe:

Blogging has now been irrevocably tainted. No one can say anything even remotely positive about a company — or negative for that matter — without being accused of being on the PayPerPost payroll.

Untergangsstimmung auch hier: How to kill blogs: PayPerPost.com. Ein anderer meint, dass der Ansatz scheitern wird, weil die Leser, wenn sie merken, dass ein Blogger bezahlt wird, nicht mehr auf seinen Blog gehen werden. Allerdings gibt es viele Blogs, die mit unterschiedlichen Mitteln versuchen, zumindest auch Geld damit zu verdienen – oder es auch tatsächlich machen.