Der Tabasco-Effekt bei den Wahlen in Mexiko

Der Wahlrat erklärt offiziell den konservativen Kandidaten zum Sieger der Präsidentschaftswahlen

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Nun ist es offiziell: Die Nationale Wahlkommission (IFE) hat den konservativen Felipe Calderón zum Sieger der Präsidentschaftswahlen erklärt. Gut 0,5 % Prozent soll er vor dem Linken Andrés Manuel López Obrador (AMLO) liegen, habe die Kontrollzählung in 300 Distrikträten ergeben. Das Ergebnis erstaunt, Obrador lag bis kurz vor Ende der Zählung vor Calderón. Erst nach Abschluss von 95 % wendete sich plötzlich das Blatt. Erneut könnten Rechenspiele Aufklärung bringen (Millionen Stimmen verschwanden bei den Wahlen in Mexiko). AMLO fechtet das Ergebnis an und mobilisiert die Anhänger.

Andrés Manuel López Obrador fechtet das Wahlergebnis an. Bild: AMLO

Erneut hat sich die Wahlkommission nicht mit Ruhm bekleckert. Warum sie schon gestern gegen 20 Uhr (Ortszeit) Calderón zum Sieger erklärte, obwohl erst 99,83 % ausgezählt waren, ist ihr Geheimnis. Warum die Eile? Nach dem Wahlgesetz hätte sie Zeit bis heute Nacht gehabt. Ohnehin hatte man nur erlaubt, in 300 Distrikträten nachzuzählen, dabei waren aus dem ganzen Land nachprüfbare Anomalien gemeldet worden. Auffällig war das Bestreben, der von der „Partei der Nationalen Aktion“ (PAN) bestimmten Kommission, den PAN-Kandidaten zu küren. Das hatte sich schon gezeigt, als sie 2,5 Millionen Stimmen in ein Untersystem verfrachtete und nicht erwähnte (Millionen Stimmen verschwanden bei den Wahlen in Mexiko).

Es klingt deshalb hohl, wenn der IFE-Präsident Luis Carlos Ugalde nun in einer Art Beschwörungsformel von „sauberen und transparenten Wahlen“ spricht. Dafür müssten tatsächlich alle Stimmen neu gezählt und mit den Akten verglichen werden. Die neue Zählung hat den angeblichen Vorsprung von Calderon vor Obrador ja sogar weiter verringert und stützt somit die Betrugsvorwürfe. Nach Einbeziehung der 2,5 Millionen verlorener Stimmen lag er noch 0,63 % vor Obrador (Unentschieden). Nach der neuen Zählung sind es aber nur noch etwa 0,5 %.

Felipe Calderón Hinojosa feiert – vorläufig? – den Sieg. Bild: PAN

Obrador hat vor seinen Anhängern angekündigt, die „Wahl vor dem Wahlgericht anzufechten“. Dafür hat er vier Tage Zeit. Er hatte schon nach den ersten Anomalien gefordert, die Zählung komplett zu wiederholen. Davon ist er auch nicht abgerückt, als er bis kurz vor Ende der Kontrollzählung als Sieger geführt wurde. Angesichts der Vorgänge ist es wahrscheinlich, dass die Klage angenommen wird. Im Jahr 2000 annullierte das Gericht wegen Betrugs die Wahlen im Bundesstaat Tabasco auf Antrag von Obrador, der aus Tabasco stammt.

„Das Mexiko der Zukunft benötigt die Einheit aller, über unsere Divergenzen hinweg, die wir natürlich haben“, sagte Calderón. Er werde alle seine Kraft darauf richten, die nationale Versöhnung mit Prosperität und Gerechtigkeit zu erreichen. Erneut bot der angebliche Wahlsieger seinem Kontrahenten eine Regierung der nationalen Einheit an. Die Strategie ist klar. Eine von ihm geführte Einheitsregierung unter Teilnahme von Obrador würde die Linkskoalition spalten, Calderón nach der Wahlfarce Glaubwürdigkeit verleihen und eine Teil des Widerstandspotentials einbinden. Damit könnte die PAN ihre Pfründe sichern und weitere vier Jahre ausbauen.

Bisher hat Obrador den Lockrufen widerstanden. Stattdessen beginnt er, neben den juristischen Schritten, seine Anhänger zu mobilisieren. Für den morgigen Samstag ist eine Großkundgebung auf dem zentralen Platz in Mexiko geplant. Hier wird Obrador vor zahllosen Anhängern die Marschrichtung ausgeben. Bestärkt sieht sich durch den gesamten Vorgang die „Andere Kampagne“ der Zapatisten (Subcomandante Marcos startet Rundreise durch Mexiko), die sich ohnehin nicht an dem „Wahlspektakel“ beteiligte. Trotz allem hat auch Subkommandante Marcos den „Wahlbetrug“ in einer Radiosendung angeprangert.

Die Website von Andrés Manuel López Obrador (AMLO) wurde das zweite Mal in kurzer Zeit gehackt. Im Augenblick wird man auf eine andere Webseite umgeleitet. Die Hacker - www.r33d.com/ - machen sich über den Verlierer Obrador lustig und scherzen, der Hack sei von Calderon bezahlt worden.