Astronaut sein ist wieder in

Wissenschaftssommer 2006: Tag der offenen Tür im Raumfahrtkontrollzentrum Oberpfaffenhofen

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In der Sommerhitze flüchten nicht alle in Biergärten und Tropfsteinhöhlen: In Bayern wurden auch Menschenmassen gesichtet, die sich in Hörsäle begaben – und das am Wochenende. Was ist los?

Flohmarkt? Freibier? Nein, Tag der offenen Tür beim DLR in Oberpfaffenhofen (Bild: W.D.Roth)

Der "Wissenschaftssommer 2006" ruft – dieses Jahr im Zeichen der Informatik. Neben diversen Ständen hinter dem Münchner Marienplatz, auf dem Marienhof, an denen Junge und Junggebliebene einige Experimente ansehen und beispielsweise einen Nachbau des legendären Relais-Computers Z3 von Konrad Zuse ausprobieren können, gibt es eine Woche lang jede Menge weiterer Veranstaltungen: Von Filmvorführungen wie „I, Robot“, „23“. „Pi“, „Minority Report“ und „The Day after Tomorrow“ über Theateraufführungen, Vorträgen, Diskussionen, Preisverleihungen und Veranstaltungen speziell für Schüler ist hier alles geboten.

Auch die Jüngsten lauschten interessiert den Vortrag über TerraSAR-X, das „Deutsche Radar-Auge im All“, von Prof. Dr. Richard Bamler, Direktor des Instituts für Methodik der Fernerkundung am DLR (Bild: W.D.Roth)

Der Wissenschaftssommer ist Höhepunkt des für 2006 vom Bundesministerium für Bildung und Forschung ausgerufenen Informatikjahres. Nach dem erfolgreichen Einsteinjahr steht das Jahr 2006 im Zeichen der Informatik und ihren Anwendungen: Ob Gesundheit, Mobilität, Sicherheit, Sport, Haushalt, Kommunikation oder Kultur – die Informatik spielt in alle Bereich unseres Lebens hinein und prägt unseren Alltag – viel mehr als uns bewusst ist. Das Informatikjahr wird die Faszination einer noch jungen Wissenschaft vermitteln und dazu beitragen, Menschen neugierig zu machen und sich mit Wissenschaft und ihren spannenden Ergebnissen auseinanderzusetzen.

Großer Andrang im Institut für Robotik und Mechatronik des DLR (Bild: W.D.Roth)

Zeitgleich zum Wissenschaftssommer führt die zweite paneuropäische Konferenz ESOF 2006 (Euroscience Open Forum) europäische Spitzenforscher und Wissenschaftskommunikatoren in München zusammen. Vom 15. bis 19. Juli wird über aktuellste Forschung berichtet und diskutiert, wovon auch Telepolis berichten wird.

Beim DLR waren auch Rundflüge buchbar, vom Segelflug zu 15 Euro bis zum großen Alpenrundflug bis zum Großglockner für 120 Euro (Bild: W.D.Roth)

Anlässlich des Wissenschaftssommers öffneten am letzten Wochenende auch zwei größere Forschungsareale ihre Pforten: Am Samstag der „Campus der Lebenswissenschaften“ in Martinsried und Großhadern, wozu unter anderem das Max-Planck-Institut für Biochemie und das Max-Planck-Institut für Neurobiologie in Martinsried gehören. Am Sonntag war dann das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Oberpfaffenhofen bei München dran, das nun durch den Shuttle-Start mit Thomas Reiter (Thomas Reiter - unser Mann auf der ISS) wieder etwas bekannter wurde, sowie direkt daneben die RUAG Aerospace, der Nachfolger der früheren Dornier-Werke in Oberpfaffenhofen, wo heute Militärflugzeuge ebenso gewartet werden wie Cessnas und andere Regional- und Geschäftsflugzeuge von Dornier.

Im Gegensatz zum Oktoberfest, wo sich viele erst nach der dritten Maß (zu recht) in die Fahrgeschäfte trauen, aber bitte erst den Rundflug und dann das Bier, damit das Flugzeug sauber bleibt! (Bild: W.D.Roth)

Während in früheren Jahren die zu ihrer Zeit leistungsfähigsten Computer mit Spielen bestückt („Mondlandung“) oft Publikumsmagnet an den Tagen der offenen Tür beim DLR waren, ist das heute auch im Informatikjahr 2006 kein Thema mehr: Schließlich hat heute jeder einen PC zu Hause, der weit aufwendigere Dinge als die Mondlandung berechnen kann. Neben der Besichtigung der Institute mit zahlreichen Exponaten und speziellen Experimenten für Schüler waren auch Rundflüge in zweisitzigen Motorseglern sowie eine Vortragsreihe mit insgesamt sieben wissenschaftlichen und doch fürs Normalpublikum geeigneten Vorträgen geboten – und natürlich Bier-/Cola-, Würstl- und Pizzabuden, wie sich das gehört für ein Sommerfest, sowie Fanartikel wie T-Shirts und Regenschirme mit eingebautem Sternenhimmel. Der sofort ins Auge stechende Unterschied zu Popkonzerten: Die DLR-T-Shirts kosteten nur 3 statt 30 Euro…

Die Mitarbeiter werden aber hoffentlich artgerecht gehalten… (Bild: W.D.Roth)

Während in den heutigen neuen Bundesländern auch früher das Image von Raumfahrt, Forschung und Technik sowie die Begabtenförderung hochgehalten wurden und Dresden mittlerweile auch im Lebensqualität-Ranking der deutschen Großstädte kräftig aufholt (Erfolgsspuren und Abstellgleise), scheint also auch bei den „Wessis“ die große Klappe und das Marketingdenken noch nicht ganz das Interesse an der Wissenschaft ersetzt zu haben. Das Interesse der zahlreichen Besucher an wissenschaftlicher Luft- und Raumfahrt war jedenfalls offensichtlich, weshalb sogar Phönix die Besuchertribüne des Raumfahrt-Kontrollzentrums geräumt hatte ("Iiih, Mami, Fußpilz!").