"Die ganze Welt ist ein Schlachtfeld"

Mit einiger Verzögerung meldet sich jetzt auch Al-Qaida-Führer Sawahiri zum Konflikt im Libanon zu Wort

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Al-Qaida hat sich Zeit gelassen mit ihrer offiziellen Reaktion auf den israelischen Krieg gegen die Hisbollah. Heute Mittag veröffentlichte Al-Jazeera ein Videoband von Aiman al-Sawahiri zum Krieg im Libanon mit der Botschaft, dass die Qaida nicht abseits stehen werde und "die ganze Welt ein Schlachtfeld ist, das uns offen steht".

Al-Dschasira sendete das schon länger angekündigte Video von Aiman al-Sawahiri, der die Situation im Nahen Osten für al-Qaida ausbeuten will und sich im „Studio“ mit offenbar bedeutungsvollen Ikonen umgibt

Wie üblich setzt der "Vize" der Terrororganisation den ideologischen Rahmen groß an:

Oh ihr Muslime überall, ich rufe euch auf zu kämpfen und Märtyrer zu werden im Krieg gegen die Zionisten und die Kreuzzügler.

Waffenstillstand lehnt Sawahiri ab: "Der Krieg mit Israel hängt nicht von Waffenstillstand ab." Es gehe um den "Dschihad zum Heil Gottes", der andauern würde, bis die Religion die Herrschaft gewinnen würde - "von Spanien bis zum Irak".

Schlachtfeld des Kampfes sei schließlich die ganze Welt und "weil man uns überall angreift, greifen wir auch überall an." Da die "Granaten und Raketen, die die Körper der Muslime in Gaza und im Libanon zerfetzen" nicht nur aus Israel stammen würden, müsse jeder Beteiligte an "dem Verbrechen" den Preis bezahlen.

Seiner Meinung nach würde die Welt den Israelis mehr Aufmerksamkeit schenken als der palästinensischen Seite:

The 10,000 Palestinian prisoners in Israel's prisons do not move anything while three Israeli prisoners have shaken the world.

Mit dem Hinweis auf die palästinensische Seite vermeidet es Sawahiri, auf die schiitische Hisbullah einzugehen und umgeht damit das Dilemma, das die Dschihadisten in den vergangenen Wochen der israelischen Militäroperationen in einige Verwirrung gebracht hat (vgl. Dschihadisten zum Krieg im Libanon): die Frage, ob man Schiiten, die von den fanatischen sunnitischen Gotteskriegern als hassenswerte Abweichler vom rechten Glauben und mithin als Feinde begriffen werden, überhaupt unterstützen dürfe.

Sehr wahrscheinlich wurde diese Debatte auch in den Führungszirkeln der Qaida geführt - in anderer Form tauchte sie schon einmal im Zusammenhang mit dem Vorgehen al-Sarkawis im Irak auf. Umstritten war damals dessen äußerst brutales Vorgehen gegen schiitische Iraker (vgl. Die Phantome des Dschihad), weshalb sich Sawahiri wohl erst jetzt zu Wort meldete.

Offensichtlich war der Druck auf die Organisation, sich beim Thema "Krieg gegen Muslime" die Wortführerschaft nicht nehmen zu lassen, stärker als andere Überlegungen: Immerhin geht es um die Popularität von al-Qaida, die in der arabischen Öffentlichkeit mit ihrer Kritik gegen "korrupte, irregeführte" Regierungen längst nicht mehr das Monopol hält und sich im Diskurs gegen populäre Reformgruppen und radikal-islamistische militante Organisationen behaupten muss.