Merchants & Affiliates

Rechtliche Gefahren für Partnerprogramme im Internet?

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Zahlreiche E-Commerce-Projekte werden im Rahmen von sog. Partnerprogrammen betrieben (Merchants & Affiliates). Werden auf Webpages von Affiliates Rechtsverstöße begangen, stellt sich das Problem, ob der Merchant für die Affiliates als Mitstörer oder Betriebsinhaber auf Unterlassung haftet. Die Rechtsprechung ist noch uneinheitlich, jedoch deutet eine Tendenz auf die Bejahung der Haftung hin, die den Betrieb von Partnerprogrammen erheblich einschränken könnte. Es liegt auf der Hand, dass diese Rechtsprechung Merchants & Affiliates erheblich verunsichert und sich mittelbar auch auf die Vertragsgestaltung in diesem Bereich auswirkt. Die Rechtslage wird nachfolgend – ohne Anspruch auf Vollständigkeit - analysiert und einer Kritik unterzogen, die zu einem angemessenen Haftungskonzept führen soll.

I. Zur Struktur von Affiliatekonzepten im Internetvertrieb

1. Affiliates im Internetvertrieb

Vertriebsplattformen im Internet sind vielfältigen Haftungsrisiken ausgesetzt. Dies gilt inzwischen insbesondere beim Einsatz sog. Partnerprogramme, die sich vertriebsrechtlich nicht leicht einordnen lassen (grdl., Pautke/Schultze, Vertriebsrecht im Internet, in, Bettinger/Leistner, Hrsg., Werbung und Vertrieb im Internet, 2003, S. 443 ff).

Gemeinsam ist diesen Strukturen, dass Internetmedien als Mittel des Vertragsschlusses eingesetzt werden (ein sehr differenziertes Vertragswerk ist hier ausgearbeitet). Partnerprogramme beruhen im Kern auf der gegenseitigen Verlinkung von Projekten, um den Absatz des Merchants gegen Provision aktiv zu fördern (ein Beispiel für einen Affiliate-Vertrag findet sich hier). Dabei bestehen zwischen Merchant und Affiliate in der Regel keine unmittelbaren Vertragsbeziehungen, was im Einzelfall jedoch anders sein kann. Sowohl Merchant als auch Affiliate stehen in vertraglichen Beziehungen zum jeweiligen Netzwerkbetreiber, bei dem es sich auch um ein Tochterunternehmen des Merchants handeln kann.

Es handelt sich bei dieser Absatzstrategie um eine internetspezifische Form des Direktmarketings, die dem Promotiongeschäft im Offline-Bereich recht ähnlich ist. Der Promoter und der Auftraggeber der Promotion-Agentur stehen in keinem unmittelbaren Vertragsverhältnis. Ein Affiliate ist einem so eingesetzten Promoter in gewisser Weise funktional vergleichbar, weil er vertraglich in der Regel lediglich mit dem Netzwerkbetreiber verbunden ist, nicht jedoch mit dessen Auftraggeber, dem Merchant, dessen Produkte er vermarkten soll. Allerdings kann es sich bei derartigen Verträgen auch um Verträge mit Schutzwirkung für Dritte handeln, aus denen ein Merchant gegen den Affiliate unter Umständen eigene Rechte herleiten kann.

Hinter den Partnerprojekten steckt im Grundsatz ein Marketingkonzept, das darauf beruht, dass es aufgrund der hybriden Struktur des WWW nicht ausreicht, Produkte über eine zentrale Plattform zu vertreiben, sondern dass Produkte und Dienstleistungen in umfangreichen Netzwerken beworben werden müssen, nicht zuletzt, um eine entsprechende breite Platzierung in den Suchmaschinen zu erlangen. Etwa im Kredit- oder Reisebereich oder bei der Vermarktung von Büchern, Medien und Software sowie im Versandhandel sind derartige Strukturen sehr häufig anzutreffen. Es liegt auf der Hand, dass hier im erheblichem Umfang mit Suchmaschinenoptimierung gearbeitet wird. Nicht ohne Grund haben die prägenden Gerichtsverfahren in diesem Bereich die Problemzonen Metatags und Keyword-Advertising zum Gegenstand.

Als Affiliates werden im englischsprachigen Raum im Gesellschaftsrecht Tochterunternehmen bezeichnet (affiliate = angliedern). Im Internetvertrieb wird jedoch als Affiliate bezeichnet, wer sich gegenüber einem Netzwerkbetreiber verpflichtet, für einen Merchant (= Händler) gewerbliche elektronische Anzeigen oder Werbebanner auf einer Webpage vorzuhalten und entsprechenden Content einzubinden. Die Abrechnungssysteme sind vielfältig, zielen aber im Kern auf die Erwirtschaftung von Provisionen (pay per click, pay per lead, pay per sale, pay per aktive, pay per link). Das Ziel ist eine geschlossene Werbekooperation in einem Netzwerk von Webpages, bei der der Affiliate als eine Art Schnittstelle zwischen Endkunde und Händler fungiert.

Es haben sich Agenturen herausgebildet, die Partnerprogramme vermitteln und als Netzwerkbetreiber fungieren. Diese Agenturen – die mit den Netzwerkbetreibern nicht identisch sein müssen, aber können – werden dann oftmals Vertragspartner des Affiliates und stehen zwischen diesem, dem Partnerschaftsnetzwerk und dem Merchant. Daraus können sich erhebliche vertragliche Einordnungsprobleme ergeben.

Der Affiliate-Partner darf in der Regel den Inhalt der Seiten weder verändern, manipulieren, löschen oder erweitern, ist für die Pflege der Websites verantwortlich und wird vertraglich auf die Einhaltung geltenden Rechts verpflichtet. Ein schwerer Verstoß gegen vertragliche Pflichten kann regelmäßig eine fristlose Kündigung aus wichtigem Grund nach sich ziehen, die aber letztlich bedeutungslos ist, weil der Vertrag beiderseits mit sehr kurzen Fristen oder mit sofortiger Wirkung beendet werden kann. Der Merchant pflegt seine Haftung in einseitig als AGB gestellten Vertragswerken soweit wie möglich auszuschließen und zu beschränken.

2. Zur rechtlichen Einordnung von Affiliate-Projekten

Bei diesen Partnerprogrammen handelt es sich um sehr unterschiedliche Formen von Kooperationen, die beim Associate-Marketing über Bannertausch anfangen, aber immer öfter organisiertere Formen annehmen, die bis zur Aufnahme franchisetypischer Elemente reichen können. Die rechtliche Einordnung hängt von der konkreten Vertragsgestaltung ab und ist bislang weitgehend unsicher, nicht zuletzt deshalb, weil die aufzufindenden Vertragsgestaltungen sehr vielfältig sind. Einige Merchants verlangen inzwischen den Nachweis einer Gewerbeanmeldung, insbesondere um sich davor zu schützen, dass der Affiliate sich im Streitfall als Arbeitnehmer des Merchants bezeichnet.

Im Kern handelt es sich um einen freien Dienstvertrag nach § 611 BGB, der jedoch Elemente eines Werkvertrages nach § 632 BGB hinsichtlich der Webpagegestaltung in sich aufnehmen kann. Einem Maklervertrag nach § 652 BGB ist er nicht vergleichbar, da er ständig mit der Vermittlung von Geschäftsabschlüssen betraut ist. Die Einordnung kann insoweit aber letztlich offen bleiben, da die einschlägigen Verträge fast stets auf die Zahlung erfolgsabhängiger Vergütungen in Form von Provisionen zielen, die davon abhängen, dass ein Vertragsschluss zwischen Endkunde und Merger zustande gekommen ist, der nicht mehr widerrufen werden kann. Das Vertragsverhältnis ist insoweit durch die Provisionszahlungspflicht maßgeblich gekennzeichnet. In dieser Situation ist es sachgerecht, von einem typengemischten Vertrag eigener Art in Form eines Dauerschuldverhältnisses auszugehen, auf das jedenfalls die allgemeinen Regelungen des Vertragsrechts Anwendung finden.

Partnerprogramme sind allerdings eingebettet in die Vertriebsstrukturen und entsprechende Strategien des Merchants und des mit ihm verbundenen Netzwerkbetreibers, so dass öfters eine Parallele zum selbständigen Handelsvertretervertrag nach § 84 HGB gezogen wird. Ein Handelsvertreter schließt in fremdem Namen und auf fremde Rechnung Verträge oder vermittelt diese. Ein Affiliate schließt aber im Regelfall keinen Vertrag als Abschlussvertreter auf fremde Rechnung ab, sondern vermittelt lediglich den Vertragsschluss über ein Netzwerk, dem er mit bestimmten Webpages angeschlossen ist, so dass diese Parallele im Regelfall nicht trägt, soweit es um die Vertretung des Unternehmens geht.

Offen bleibt aber die Bewertung der Vermittlungstätigkeit, die im Einzelfall eine Parallele zum Handelsvertreter denkbar erscheinen lässt. Eine solche Vermittlung wird aber erst dann angenommen, wenn der Handelsvertreter auf den Abnehmer einwirkt, ohne das ein bloßer Nachweis der Abschlussgelegenheit genügt. Die Webpages der meisten Affiliates sind jedoch als reine Nachweise ohne weiteren Kommunikationsaufwand einzuschätzen, so dass es sich bei einem Affiliate im Regelfall nicht um einen Handelsvertreter handelt, was die die spezifischen Schutznormen der §§ 87 ff HGB unanwendbar macht.

Viel näher liegt die Parallele zum virtuellen Franchising, bei dem jeder Franchisenehmer im Rahmen eines Corporate Design, der Marke und des einheitlichen Konzepts des Franchisegebers auftritt.

Diese Schwelle werden aber nur wenige Affiliate-Projekte erreichen. Ein Franchisenehmer oder ein Vertragshändler wird auf eigene und nicht auf fremde Rechnung tätig und vermittelt nicht lediglich Verträge für den Franchisenehmer. Auch ist die Einbindung eines Affiliates in aller Regel nicht so eng wie beim Subordinationsfranchising. Es ist allerdings nicht zu übersehen, dass manche Partnerschaftskonzepte sich organisatorisch erheblich verfestigt haben und mit einiger Vorsicht Strukturen des Partnerschaftsfranchising in sich aufgenommen haben, das sich als gesellschaftsrechtliche Kooperation ohne die enge Einbindung des Subordinationsfranchising darstellt.

Damit sperrt sich das Affiliate-System einer Einordnung in die überkommenen – nur rudimentär gesetzlich geregelten – vertriebsrechtlichen Kategorien von Handelsvertreter, Kommissionsagent, Vertragshändler und Franchisenehmer, so dass es sich letztlich im Kern um einen einfachen Dienstvertrag eigener Art handelt, der ggf. werkvertragliche Elemente aufweist. Angesichts der Vielfalt der Vertragssysteme kann allerdings eine Vergleichbarkeit im Einzelfall gegeben sein.

Die rechtliche Einordnung lässt sich nur für jeden Einzelfall nach genauer Analyse des Vertragsverhältnisses vornehmen. Bei einer rechtlichen Einordnung ist allerdings zu beachten, dass aufgrund der Vertragsfreiheit eine erhebliche Gestaltungsvielfalt besteht. Unklar bleibt oftmals gegen wen sich der Provisionsanspruch richtet, gegen den Netzwerkbetreiber oder gegen den Merchant. Liegen keine ausdrücklichen vertraglichen Regelungen hierzu vor, ist zu beachten, dass eine vertragliche Bindung regelmäßig nur gegenüber dem Netzwerkbetreiber existiert und dieser dann auch Adressat eines Provisionsanspruches ist.

Treten Störungen im Verhältnis zwischen den Vertragsparteien auf, ist das maßgebliche „gelebte Vertragsverhältnis“ genau zu analysieren, auch unter dem Aspekt der AGB-Inhaltskontrolle nach §§ 305 ff BGB, da die betreffenden Verträge von den Netzwerkbetreibern nahezu ausnahmslos einseitig für eine Vielzahl von Vertragschlüssen gestellt werden, so dass es sich nach § 305 BGB um Allgemeine Geschäftsbedingungen handelt, die einer Transparenz- und Angemessenheitskontrolle nach § 307 BGB unterliegen können, sofern nicht allgemeine Regelungen über eine Vertragsnichtigkeit eingreifen (§§ 138, 134, 242 BGB).

Eine Durchsicht zahlreicher einschlägiger Verträge deutet darauf hin, dass manche Klauseln einer AGB-Inhaltskontrolle möglicherweise nicht standhalten werden, ohne das dies in diesem Rahmen eingehend dargestellt werden könnte.

II. Haftungsrisiken von Merchant, Netzwerbetreiber und Affiliate

1. Die Haftungskonstellationen

Einige Gerichtsentscheidungen haben in den letzten Monaten zu einer erheblichen Verunsicherung der weitverzweigten Affiliate-Branche geführt, die mit guten Gründen als existenzgefährdend angesehen werden. Die rechtlichen Risiken in diesem Bereich bestehen primär in den Bereichen Urheberrechtsverletzung, Markenrechtsverletzung und bei der Verletzung wettbewerbsrechtlicher Normen (andere Bereiche – wie die Haftung für Junkmails von Affiliates – werden hier nicht behandelt, s. etwa: http://www.aufrecht.de/index.php?id=4620).

Die Frage einer Mitstörerhaftung des Merchant lässt sich ohne nähere Differenzierungen weder strikt verneinen noch strikt bejahen. Es kommt vielmehr auf die konkrete Haftungskonstellation an, wobei es eine zentrale Rolle spielt, ob die Rechtsverletzung auf den Merchant als Veranlasser zurechenbar zurück zu führen ist oder aber ganz oder überwiegend in den Verantwortungsbereich des Affiliate fällt. Auf dieser Skale spielt sich jedenfalls das Haftungsszenario ab. Die Haftungskonstellationen sind daher entsprechend abzuschichten.

Unabhängig davon welcher konkrete Unterlassungsanspruch jeweils besteht, stellt sich die zentrale Frage der Zurechnung einer – insoweit vorausgesetzten – Rechtsverletzung eines Affiliate an den Merchant. Die eigentliche Störung geht in den einschlägigen Fällen in der Regel vom Affiliate aus. Eine Haftung des Merchants kommt nach den allgemeinen Regeln der Mitstörerhaftung nur in Betracht, wenn eine kausal wirksame Mitwirkung stattgefunden hat, die sich in der Unterstützung oder Ausnutzung der Handlung eines eigenverantwortlich handelnden Dritten ausdrückt, sofern der in Anspruch genommene Dritte die Möglichkeit zur Verhinderung derartiger Handlungen oder Zustände hatte (näher Stadler, Haftung für Informationen im Internet, 2. Aufl., 2005, Rdnr. 28 ff). Parallel dazu ist eine Haftung des Netzwerkbetreibers denkbar. In Anspruch genommen wird jedoch in aller Regel der Merchant.

Spätestens seit der Kopierladenentscheidung des BGH (GRUR 1984, 54) hat der Bundesgerichtshof nach und nach Restriktionen der Störerhaftung für Dritte entwickelt, die allerdings von einer schwierigen Kasuistik geprägt sind und im jeweiligen Ergebnis sehr einzelfallabhängig sind (eingehend: Volkmann, Der Störer im Internet, 2005, S. 114 ff).

Die gesetzlich nicht geregelte, sondern in Anlehnung an die Dogmatik zu § 1004 BGB für den Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes entwickelte Störer- und Mitstörerhaftung hat allerdings spezialgesetzliche Ausprägungen gefunden, deren Grenzen weitgehend offen sind. Nach § 14 Abs.1 und § 15 Abs.6 MarkenG haftet ein Betriebsinhaber für Kennzeichenrechtsverletzungen, die in einem geschäftlichen Betrieb von einem Angestellten oder Beauftragten begangen werden. Es bestehen insoweit deutliche Parallelen zu § 13 Abs.4 UWG a.F. (kernidentisch mit § 8 Abs.2 UWG), so dass insoweit eine weithin einheitliche Auslegung erfolgt, die von einem weitem Verständnis der Begriffe „Betrieb“ und „Beauftragter“ geleitet wird (BGH, GRUR 1995, 605 – Franchisenehmer).

Erfolgt die Verletzungshandlung im Rahmen eines Betriebsorganismus eines Unternehmens, in das der Handelnde als Beauftragter eingegliedert ist, so dass dessen Tätigkeiten dem Unternehmen grundsätzlich förderlich sind, so haftet der Unternehmer für das beanstandete Verhalten, wenn der Betriebsinhaber auf die Organisation einen bestimmenden Einfluss nehmen kann (Ingerl/Rohnke, MarkenG, 2. Aufl., 2003, vor § 14 – 19, Rdnr. 25). Die genannten Normen begründen einen eigenständigen Unterlassungsanspruch, so dass es insoweit auf einen Rückgriff auf die allgemeinen Rechtsstrukturen der Mitstörerhaftung nicht bedarf.

Allerdings werden die Kriterien für die Mitstörerhaftung und die Haftung für Beauftragte öfters vermengt und nicht hinreichend voneinander abgeschichtet. Leistet der Unternehmer selbst einen adäquat-kausalen Beitrag zu dem betreffenden Rechtsverstoß eines Mitarbeiters oder Beauftragten, haftet er selbst unmittelbar aus der verletzten Norm als Störer oder Mitstörer (BGH, GRUR 1994, 441, 445 – Kosmetikstudio), ggf. Geschäftsführung oder Vorstand als Repräsentant.

Beauftragter ist in einem traditionell weiten Begriffsverständnis jeder, der – ohne Mitarbeiter zu sein – im oder für das Unternehmen eines anderen aufgrund eines vertraglichen oder eines sonstigen Verhältnisses tätig ist, jedenfalls aber in die betriebliche Organisation derart eingegliedert ist, dass sein Handlungserfolg dem Unternehmen förderlich ist und der Unternehmer bestimmenden Einfluss auf die beanstandete Tätigkeit nehmen kann (Hefermehl/Bornkann/Köhler, Wettbewerbsrecht, 24. Aufl., 2006, § 8, Rn. 2.41). Der Unternehmensbegriff ist funktional zu verstehen, so dass lediglich ein Zusammenhang mit dem Unternehmen bestehen muss und es auch nicht darauf ankommen soll, dass ein Beauftragter geschäftliche Einrichtungen des Unternehmens missbraucht, BGH, GRUR 1963, 438 – Fotorabatt).

Es liegt auf der Hand, dass bei einem derartig weiten Verständnis eine Grenzziehung nach Angemessenheitskriterien gemäß § 242 BGB schwer fällt, zumal unklar ist, was noch als Missbrauch zu verstehen ist oder schon als eigenmächtige Handlung. Eine so verstandene Beauftragtenhaftung ist uferlos und reicht weiter als die Mitstörerhaftung.

Die „Beauftragtenhaftung“ hat die Funktion eine Haftung zu ermöglichen, wenn zwar ein adäquat-kausaler Handlungsbeitrag fehlt und auch Prüfpflichten unzumutbar sind, aber aus der Funktion des Beauftragten im Betriebsorganismus eine Zurechnung erfolgen kann, um dem Unternehmen die Möglichkeit zu nehmen, die Haftung auf einen Beauftragten abzuwälzen (BGH, WRP 2000, 1258, 1261 – Filialleiterfehler). Dies schließt die Haftung des Beauftragten selbst nicht aus, so dass eine gesamtschuldnerische Haftung möglich und denkbar ist. Erst vor dieser Folie wird die Kasuistik der nachfolgend analysierten Gerichtsentscheidungen verständlich.

2. Die Entwicklung der Rechtsprechung

a) Das Landgericht Frankfurt/Main hatte in einem Urteil vom 15.12.2005 (AZ: 2/03 O 537/04) über eine negative Feststellungsklage zu entscheiden, die sich gegen die Berühmung eines markenrechtlichen Unterlassungsanspruchs im Rahmen eines Kostenerstattungsanspruches hinsichtlich von Anwaltskosten nach – hier: unberechtigter – Abmahnung richtete.

Der geltendgemachte Unterlassungsanspruch aus § 14 MarkenG beruhte darauf, dass behauptet wurde, der Affiliate hätte auf einer seiner Webpages die Marke des Gegners kennzeichenmäßig derart benutzt, dass dem Merchant die Rechtsverletzung als Verantwortlichem zugerechnet werden könnte. Der Anspruch scheiterte hier jedoch schon daran, dass es sich um eine Webpage handelte, die nachweislich nicht in das Netzwerk des Affiliateprogrammes einbezogen war, so dass der Affiliate Werbung eigenmächtig platziert hatte. Die Gestaltung einer solchen Webpage entzieht sich aber vollständig dem Einflussbereich eines Merchants.

Das Landgericht Frankfurt stellt hier das praktikable Kriterium auf, dass eine Haftung des Merchants als Mitstörer regelmäßig ausscheidet, wenn es diesem ohne konkrete Anhaltspunkte weder technisch noch wirtschaftlich möglich und zumutbar ist, die Handlungen seiner Werbepartner vorab zu kontrollieren. Insbesondere hält das Gericht es ohne das Vorliegen dieser Voraussetzungen für unzumutbar, dass der Merchant jede von einem Werbepartner betriebene Webpage auf Rechtsverstöße untersuchen soll. Da es sich nicht selten um Netzwerke mit 5000 bis 25.000 Affiliates pro Merchant handelt, ist eine solche Kontrolle technisch wie wirtschaftlich äußerst schwierig.

b) Das Landgericht Hamburg verneinte in einer Entscheidung vom 03.08.2005 (AZ: 315 O 296/05) ebenfalls die Haftung eines Merchants als Mitstörer. Die Konstellation ähnelt dem vom LG Frankfurt/Main entschiedenen Sachverhalt. Hier ging es um einen Streit im Reisevermittlungsgewerbe. Ein Affiliate verletzte durch die Benutzung eines Domainnamens die Markenrechte der Inhaberin der Marke „Travel24“. Allerdings war der Affiliate mit dieser Domain nicht für das Partnerprogramm registriert. Er verwendete jedoch Werbemittel des Merchants, um mehr Traffic zu generieren.

Das LG Hamburg verneinte in dieser Sache trotz Bejahung einer markenrechtlichen Verwechselungsgefahr überzeugend einen markenrechtlichen Unterlassungsanspruch, weil eine Störerverantwortlichkeit des Merchants nicht bestand. Hier bestanden schon Zweifel an einem kausalen Beitrag, weil die betreffende Domain in das Reisepartnerprogramm nicht einbezogen war. Der Anspruch scheiterte jedoch am Fehlen zumutbarer Kontrollmöglichkeiten, da es einem Merchant letztlich kaum möglich ist, zu überprüfen, ob einer der Affiliates Webpages betreibt, die nicht in das Partnerprogramm einbezogen sind. Die Einrichtung einer – technisch möglichen – Überwachungssoftware wurde bei ca. 15.000 Werbepartnern zutreffend wirtschaftlich für unzumutbar gehalten.

c) Das Landgericht Berlin (Urt. v. 16.08.2005; AZ: 15 O 321/05) zog die Haftungsgrenzen weiter, allerdings in einer völlig anderen Fallkonstellation und mit einem in diesem konkreten Fall sachgerechten Ergebnis. Es handelte sich hier um eine weit ausgreifende wettbewerbsrechtliche Auseinandersetzung im Online-Versicherungsvertriebsbereich, der hart umkämpft ist.

Die Antragsgegnerin hatte bei zahlreichen Partnerprogrammen eine Eingabemaske platziert – die auch in zahlreichen Popup’s beworben wurde –, die es dem Interessenten ermöglichen sollte, einen Krankenversicherungssofortvergleich zu erhalten. Stattdessen erhielt der Interessent lediglich den Anruf eines Versicherungsmaklers der Antragsgegnerin. Das Landgericht Berlin sah hierin überzeugend eine Irreführung der angesprochenen Verkehrskreise nach §§ 3 Nr.1, 5 Abs.1, Abs.3 Nr.1 UWG. Das Problem war auch hier die Zurechnung an den Merchant als Verantwortlichen. Dieser hatte vorgetragen, dass die Affiliates nicht zum Unternehmensorganismus zählen würden. Hier bestand aber die Besonderheit, dass der Merchant diese Werbestrategie konzipiert und an seine Werbepartner verbindlich weitergegeben hatte, ohne dass ein eigenmächtiges Handeln der Affiliates festgestellt werden konnte.

Vorausgegangen waren bereits mehrere Abmahnungen von Mitwettbewerbern, ohne dass die Affiliates seitens des Merchants gewarnt worden wären. Statt mit der wettbewerbsrechtlichen Mitstörerhaftung zu argumentieren, stützte sich das LG Berlin auf die Haftung des Beauftragten nach § 8 Abs.2 UWG, weil vorliegend der Geschäftsführer der GmbH Unterlassungsschuldner war. Angesichts der vorliegenden Konstellation hätte es durchaus nahegelegen, von einer Störerhaftung des Merchants und des Geschäftsführers als Repräsentant des Unternehmens auszugehen (Meckel, in, Ekey u.a., Wettbewerbsrecht, 2. Aufl., 2005, § 8, Rn.86; Hefermehl/Bornkamm/Köhler, Wettbewerbsrecht, 2. Aufl., 2006, § 8, Rdnr. 2.19), weil er Veranlasser der betreffenden Werbestrategie war, auf deren Inhalt die Partner keinerlei Einfluss hatten.

Das LG Berlin stützt sich jedoch auf die Beauftragtenhaftung, weil die Werbung auf den Partnerseiten vorgehalten wurde und der Gesellschafter-Geschäftsführer der GmbH nach Auffassung des Landgericht ähnlich haften soll wie ein mit Werbeaufgaben für ein Unternehmen beauftragter Handelsvertreter oder eine mit Werbung für ein Unternehmen beauftragte Werbeagentur. Da juristische Personen für ihre Organe bereits nach § 31 BGB haften, bedarf es insoweit keines Rückgriffs auf § 8 Abs.2 UWG, wenn das Unternehmen auf Unterlassung in Anspruch genommen wird. Wird der Gesellschafter eines Unternehmens angegriffen, handelt es sich zutreffender um eine Repräsentantenhaftung, die sich nach den Kriterien der Mitstörerhaftung richtet.

d) Durch eine äußerst umstrittene Entscheidung des Landgerichtes Köln vom 06.10.2005 (AZ: 31 O 8/05) verschärfte sich die Haftungssituation der Merchnats für kaum kontrollierbare Eigenmächtigkeiten der Affiliates erheblich. Es handelte sich um einen Marken- und Lauterkeitsrechtsstreit im Fahrradfernabsatzvertrieb. Die Klägerin war Inhaberin diverser Wort-Bildmarken, etwa der „R. Versand Bikes and more“. Die Beklagte betrieb im Partnerschaftssystem ebenfalls den Vertrieb dieser Waren. Einer der Affiliates hielt auf einer seiner Sites einen Link auf die Beklagte vor und im Herbst 2004 tauchte in der gängigsten Suchmaschine des Internets bei der Eingabe von „r“ und „s“ an achter Stelle eine Domain des Affiliates auf, während die Klägerin der dritte Treffer war. Die Klägerin ging davon aus, dass es zu diesem günstigen Ranking durch Metatags auf der Webpage des Affiliates gekommen war, ohne dass diese Metatags nachgewiesen worden wären. Das Landgericht nahm sowohl einen Unterlassungsanspruch aus § 14 Abs.Nr.2, Abs.5 MarkenG als auch aus §§ 3, 4 Nr. 10 und 8 UWG an und weitete die Mitstörerhaftung des Merchants bedenklich weit aus.

Mit Versäumnisurteil vom 18.05.2006 hat der BGH – der Urteilstext ist noch nicht veröffentlicht – entschieden, dass die Verwendung von fremden Marken oder Kennzeichen in Metatags unzulässig ist und stellte sich damit gegen die Rechtsauffassung des OLG Düsseldorf, das in mehreren Entscheidungen eine andere Position bezogen und Differenzierungen vorgenommen hatte. In Auseinandersetzung mit der Rechtsauffassung des OLG Düsseldorf geht das LG Köln mit der herrschenden Auffassung davon aus, die Verwendung fremder Marken in Metatags eine Kennzeichenrechtsverletzung darstellt, weil die betreffende Webpage in den Suchmaschinen erst dann auftaucht, wenn entsprechende Metatags gesetzt worden sind.

Erst unter dieser Prämisse wird verständlich, dass es hinsichtlich des Vorhandenseins der Metatags einen Beweis des ersten Anscheins annahm, ohne dass die Klägerin diesen Umstand vollständig glaubhaft machen konnte. Dies führt dazu, dass die Beklagte darlegen und beweisen musste, dass dieses Suchergebnis auf andere Art zustande gekommen war. Diesen Beweis konnte die Beklagte nicht führen. Die Kammer geht angesichts der Begriffe „fahrrad rose bike wear“ davon aus, dass eine markenmäßige Benutzung vorliegt, ohne dass auf den Inhalt der betreffenden Webpage abgestellt wird. Nach Auffassung der Kammer ist allein maßgeblich, wie die Webpage in den Suchmaschinen gefunden wird, da bereits dies die entscheidende Werbung darstellt.

Angesichts des Wirrwarrs an Ergebnissen in den Suchmaschinen bestehen hier Zweifel. Diese Metatags stellen nach Auffassung der Kammer auch eine wettbewerbsrechtliche Rufausbeutung dar, die die Klägerin im Wettbewerb behindert, indem potentiell Kunden ausgespannt werden.

Die entscheidende Problematik liegt aber auch hier in der Mitstörerhaftung, die von der Kammer rigoros bejaht wird. Der Kammer reicht es, dass die Beklagte ihre Werbung an diverse Partner delegiert hat, mag sie sich dabei auch einer zwischengeschalteten Agentur bedienen. Das LG Köln ist auch der Auffassung, dass die Beklagte ihre Werbepartner hinlänglich überwachen können, nicht zuletzt, weil in den betreffenden Verträgen die Verwendung der Metatags der Markennamen der Konkurrenten in einem Verbotskatalog erfasst werden könnte. Ein derartiger Vertragsverstoß ist jedoch für die Problematik der Mitstörerhaftung unerheblich.

Bereits die übliche Vertragsklausel, dass Affiliates Schutzrechte Dritter zu beachten hätten, wird dahingehend ausgelegt, dass daraus eine Überwachungspflicht folge, die den Merchant zu Mitstörer mache. Schließlich habe die Beklagte keine hinreichenden Maßnahmen unternommen diese Verstöße ab Kenntnis zu unterbinden.

Diese Entscheidung weitet die Mitstörerhaftung für Merchants unangemessen weit aus. Im vorliegenden Fall war nicht einmal geklärt, ob die betreffende Domain überhaupt an einem Partnerprogramm der Beklagten teilnahm. Es kann nicht angehen, dass ein Merchant für jede Rechtsverletzung eines Affiliate einsteht, so dass eine Grenzziehung zum eigenmächtigen Handeln das eigentliche Problem in diesen Fällen ist. Es kommt daher auf Zumutbarkeitskriterien an. Die Landgerichte Hamburg und Frankfurt/Main haben insoweit überzeugende und praktikable Kriterien aufgestellt, die es erlauben, die Haftung angemessen zu begrenzen. Bei einem Netzwerk von einigen tausend Werbepartnern ist es einem Merchant wirtschaftlich nicht zuzumuten alle Affiliates ständig zu überwachen.

e) Das Oberlandesgericht Köln hat mit Urteil vom 24.05.2006 (AZ: 6 U 200/05) im Ergebnis wie die Vorinstanz entschieden, jedoch die Begründung erweitert und vertieft. Das Oberlandesgericht Köln unterstellt ohne nähere Auseinandersetzung mit den Methoden des Suchmaschinenrankings eine Manipulation des Rankings bei Google, lässt aber völlig offen, ob es sich dabei um Metatagging, Keyword-Stuffing oder um eine andere Methode handelt. Diese Frage ist allerdings so wesentlich, dass ein Gericht sie kaum aus eigener Lebenserfahrung ohne Hinzuziehung eines Sachverständigen entscheiden kann, nicht zuletzt, weil sich das Ranking auch ohne unmittelbare Manipulationen beeinflussen lässt.

Aufgrund der Suchergebnisse bei Eingabe der Begriffe „s. c“ und weiterer Begriffe geht das Gericht von einer markenmäßigen Benutzung aus und bejaht das Bestehen einer Verwechselungsgefahr zwischen den Marken und den verwendeten Begriffen aus § 14 Abs.2 MarkenG. Steht dieser Sachverhalt fest, ergeben sich wenig Zweifel für eine Haftung des Affiliates, jedoch bestehen erhebliche Zweifel an der Mitstörerhaftung des Merchants.

Das Oberlandesgericht Köln hingegen hatte keine Bedenken, eine Haftung als Betriebsinhaber nach § 14 Abs.7 MarkenG (vergleichbar zu § 8 Abs.2 UWG) zu bejahen, weil die Verletzungshandlung des Affiliates dem Merchants zuzurechnen ist, weil es sich bei diesem um einen Beauftragen handeln soll. Dabei verschwimmen die Grenzen zwischen der Mitstörerhaftung und der Haftung für Beauftragte. Bereits 2002 hatte das OLG Frankfurt/Main (Urt. v. 12.12.2006, AZ: 6 U 130/02) mit einer nicht leicht nachvollziehbaren Begründung eine Haftung des Merchants für den Affiliate bejaht, weil es diesen als Beauftragten des Merchants nach § 13 Abs.4 UWG a.F. (= im Kern regelungsidentisch mit § 8 Abs.2 UWG) angesehen hat. Die Revision zum BGH wurde mit einer kaum nachvollziehbaren Begründung nicht zugelassen. Über das Schicksal der Nichtzulassungsbeschwerde ist derzeit noch nichts bekannt.

Beauftragter im Sinne dieser Normen ist, wer ohne Mitarbeiter zu sein, für das Unternehmen aufgrund eines vertraglichen Verhältnisses tätig ist. Beauftragte können auch juristische Personen sein. Das Oberlandesgericht Köln vergleicht den Affiliate insoweit mit einem Franchisenehmer und geht von einem weiten Schutzzweck des §14 Abs.7 MarkenG aus, so dass sämtliche Funktionen einer Betriebsorganisation erfasst werden, ohne dass auf die konkrete Vertragsgestaltung oder das “gelebte Vertragsverhältnis“ abgestellt wird. Indem man auf die Vorgabe der Werbekonzeption durch den Merchant abstellt, wird eine weitere Parallele zum Franchiserecht gezogen, weil dort der Franchisegeber dem Franchisenehmer letztlich die gesamte Marketingstrategie vorgibt, die von der Systemzentrale gesteuert wird. Dafür zahlt der Franchisenehmer eine Systemgebühr.

Die Parallelsetzung Merchant/Franchisegeber und Franchisenehmer/Affiliate hat indessen ihre Grenzen. Zum einen ist dabei zu beachten, dass die Einbindung eines Franchisenehmers – wenigstens beim Subordinationsfranchising – wesentlich enger ist als die eines Affiliates, mit dem letztlich nur eine relativ lose Beziehung über den Werbemitteleinsatz und die Vertragsvermittlung gegen Provision (ggf. abzüglich eines Werbekostenzuschusses) in Form eines Dienstvertrages besteht. Eine Parallele zum Partnerschaftsfranchising scheitert am Fehlen jeglicher gesellschaftsrechtlicher Beziehungen.

Hinzu kommt, dass sich derartige Verträge wesentlich leichter beenden lassen als Franchiseverträge und (für das Franchising sehr umstrittene) Themen wie nachvertragliche Wettbewerbsabreden nach § 90 a HGB oder ein Ausgleichsanspruch nach § 89 a HGB keine Rolle spielen. Ein Ausgleichsanspruch analog § 89 a HGB dürfte für einen Affiliate bereits am Fehlen einer Übertragung eines Kundenstammes aus registrierten Stammkunden scheitern (s. R. Hansen, ZGS 08/2006, im Erscheinen).

Die entscheidende Distinktion des Senats liegt aber wohl darin, den Merchant für den Affiliate auch dann haften zu lassen, wenn dieser den vertraglichen Regelungszusammenhang vollständig verlässt, durch eine nicht autorisierte Werbemaßnahme schuldhaft gegen den Vertrag verstößt und obwohl eine Kontrolle wirtschaftlich kaum möglich und zumutbar ist. In solchen Fällen stellt sich die Frage, ob die Haftung für Beauftragte in Parallelführung zur Mitstörerhaftung nicht dahingehend teleologisch zu reduzieren ist, dass eine Haftung der Systemzentrale für eigenmächtiges Handeln des Affiliate ausscheidet, wenn insoweit bereits eine Kontrolle wirtschaftlich nicht zu organisieren ist, so dass sich die Haftung für Dritte nach Zumutbarkeitskriterien auf Ausnahmekonstellationen beschränken muss. Das OLG Köln geht demgegenüber davon aus, dass ein Unternehmen, das 6000 Partnerschaftsverträge abschließt, auch in der Lage sein muss, die Risiken zu bewältigen, die mit derartigen Werbestrategien verbunden sind. Stattdessen sollten Mitstörerhaftung und Beauftragtenhaftung in einem einheitlichen Haftungskonzept aufeinander abgestimmt werden.

Das OLG Köln greift allem Anschein nach auf das Veranlasserprinzip zurück und lässt den Merchant für jeden erzeugten Rechtsschein einer Geschäftseinheit bei jeder Form des Einsatzes von ihm für andere Zwecke autorisierter Werbung haften, auch wenn der Affiliate eigenmächtig und in Überschreitung der vertraglich eingeräumten Kompetenzen handelt. In dieser Situation ist es angemessen, die Beauftragtenhaftung wie die Mitstörerhaftung dahingehend einzuschränken, dass eine Haftung für eigenmächtiges Handeln eines Affiliates dem Merchant nicht auferlegt wird.

In Anlehnung an eine in einem anderen Zusammenhang ergangene Entscheidung des OLG Brandenburg (Urteil vom 16.06.2006, AZ: 6 U 114/05 ist es einem Diensteanbieter (im weitesten Sinne) nicht zuzumuten, jedes in einem automatisierten Verfahren im Internet platzierte Angebot daraufhin zu überprüfen, ob Schutzrechte Dritter verletzt sind.

Besteht diese Kenntnis indessen, ist alles Zumutbare zu unternehmen, die entsprechenden Angebote so schnell wie möglich zu entfernen oder darauf hinzuwirken. Dabei ist zu beachten, dass zwischen Merchant, Netzwerkbetreiber und Affiliate nur ein äußerst loser geschäftlicher Zusammenhang besteht, zumal dieser Bereich auf ein Massengeschäft zugeschnitten ist, das sich seitens eines Vertriebsunternehmens nur unter erheblichem wirtschaftlichen Aufwand kontrollieren lässt.

III. Rückgriffsmöglichkeiten und vertragsrechtliche Folgen

In dieser Situation müssen Merchants sich den Risiken einer verschärften Haftungssituation stellen, da sie letztlich für fast jede Eigenmächtigkeit des Affiliate herangezogen werden können. Dies führt praktisch zum einen dazu, dass Affiliates sich einem verschärften Auswahlverfahren stellen müssen und im Ergebnis weitgehend größere Unternehmenseinheiten als Affiliates fungieren werden. Die Verschärfung der Auswahlkriterien geht zu Lasten vieler kleiner Affiliates, die sich mit Partnerprogrammen in wirtschaftlich schlechten Zeiten eine zusätzliche Einnahmequelle verschaffen konnten.

Für den Affiliate bedeutet Eigenmächtigkeit aber auch eine Verschärfung des eigenen Haftungsrisikos. Zum einen können Merchant, Netzwerkbetreiber und Affiliate bei der nunmehr existierenden Rechtslage als Gesamtschuldner in die Haftung genommen werden. Da der Merchant jedoch meist wirtschaftlich wesentlich besser darstellt, konzentrieren sich die Bemühungen des Verletzten darauf, diesen als Mitstörer oder Betriebsinhaber in die Haftung zu nehmen, weil der Anspruch gegen den Affiliate oftmals wirtschaftlich wertlos sein wird. Die betreffenden Verträge enthalten meist Klauseln, mit denen sich der Affiliate verpflichtet, insbesondere Schutzrechte Dritter zu beachten und nicht zu verletzen:

Der Affiliate sichert zu, dass seine bei dem Netzwerk angemeldeten Websites vollständig den gesetzlichen Vorschriften entsprechen und nicht so gestaltet sind, dass Rechte Dritter verletzt werden. Hierzu zählen insbesondere Schutzrechte aus dem Recht des geistigen Eigentums, des Wettbewerbsrechts und des Schutzes der Persönlichkeitsrechte.

Derartige Klauseln strukturieren den Inhalt des abgeschlossenen Dauerschuldverhältnisses (näher, Meyer-Hauser, Der Affiliate-Vertrag, in, Geschäftsplattform Internet – Rechtliche und praktische Aspekte, Zürich, 2000) und schreiben fest, dass Rechtsverletzungen des Affiliate nicht zu werblichen Zwecken eingesetzt werden dürfen.

Ein Verstoß gegen eine solche Pflicht stellt grundsätzlich einen wenigstens fahrlässigen und damit schuldhaften Vertragsrechtsverstoß dar, der gemäß § 280 Abs.1 BGB zur Schadensersatzhaftung des Affiliate gegenüber dem Netzwerkbetreiber führen kann, dessen Inhalt weitgehend im Ersatz der für die Inanspruchnahme als Mitstörer getätigten Aufwendungen des Merchant liegt. Dem Merchant steht grundsätzlich die Möglichkeit offen, seine Ansprüche aus Geschäftsführung ohne Auftrag gegen den Affiliate aus §§ 677, 670, 683 BGB an den Netzwerkbetreiber abzutreten, wenn insoweit keine Rechtsbeziehung besteht, die zu einer Haftung nach § 328 BGB führt, sofern der Merchant aus einem Vertrag zugunsten Dritter als Berechtigter anzusehen ist.

Neuere Verträge haben auf diese Situation bereits reagiert und enthalten Haftungsklauseln, die einer AGB-Inhaltskontrolle nach §§ 305, 305 c, 307 BGB standhalten dürften:

5. Haftung des Affilates

Ein Affiliate haftet gegenüber dem Netzwerk und dem Merchant, mit denen er Verträge geschlossen hat, für sämtliche Schadensersatzansprüche, Haftungsansprüche und Kosten, die dadurch entstehen, dass ein Anspruch gegen sie geltend gemacht wird, demzufolge Websites des Affiliate gegen das Wettbewerbsrecht, gewerbliche Schutzrechte Dritter oder andere Gesetze bzw. Verordnungen verstoßen.

Demgegenüber sind unter dem Aspekt einer AGB-Inhaltskontrolle Klauseln zweifelhaft, die sich von sämtlichen Inhalten des Affiliate distanzieren.

Das Netzwerk erklärt ausdrücklich, dass es keinerlei Einfluss auf die Inhalte der Seiten hat, zu denen Links der Affiliates führen. Das Netzwerk distanziert sich deshalb ausdrücklich von allen Inhalten aller gelinkten und Mitgliedseiten von Affiliates. Diese Erklärung gilt für alle www-Seiten, zu denen Links führen.

(s. etwa: http://www.affiliwelt.net/agb.php oder http://images.apple.com/de/itunes/affiliates/pdf/iTunes_Affiliates_TC-DE.pdf).

Die Regeln der gesetzlichen Mitstörerhaftung sind durch vertragliche Vereinbarungen nicht beeinflussbar. Der Störer haftet nach den gesetzlichen Vorschriften, auch wenn er sich distanziert. Derartige Klausel haben daher allenfalls deklaratorische Funktion und sind dahingehend auszulegen, dass sie eine gesetzliche Haftung nicht ausschließen können.

Affiliates, die daher mit den Werbemitteln der Merchants eigenmächtig operieren, ohne dass dies vom Netzwerkvertrag gedeckt sind, setzen sich sowohl Haftungsansprüchen des Netzwerkes und unter Umständen auch des Merchants aus. Ob dieser Anspruch unter wirtschaftlichen Aspekten in jedem Fall realisiert werden kann, ist zumindest bei „Gelegenheits-Affiliates“ überaus zweifelhaft.

IV. Ausblick

Die Sach- und Rechtslage in diesem rechtlich schwierigen Bereich ist angesichts der Entwicklung der Rechtsprechung – gerade und auch für Affiliates – wenig durchschaubar. Sowohl Merchants, Netzwerkbetreiber als auch Affiliates setzen sich erheblichen Haftungsrisiken aus, wenn Rechte Dritter nicht hinreichend beachtet werden. Prognostisch kann die Entwicklung darauf hinauslaufen, dass nur größere Unternehmenseinheiten als Affiliate in der Zukunft zu Netzwerken zugelassen werden, bei denen von einer gewissen „strukturellen Verlässlichkeit“ ausgegangen werden kann. Die skizzierte neuere Rechtsprechung hat daher auf die Verhältnisse am Affiliatemarkt erhebliche wirtschaftliche Einflüsse, die letztlich alle Vertragsparteien erheblich belasten. Die Rechtsentwicklung in diesem Bereich ist jedenfalls schwer prognostizierbar.