Die Diskussion über die Verschwörungstheorien zum 11.9. erreicht die akademische Welt

US-Universität beurlaubt einen Physik-Professor, der mit der Hypothese über die zusätzliche Sprengung der WTC-Türme zu einem prominenten und rührigen Vorreiter der 9/11-Skeptiker wurde

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Mit dem Physiker Steven Jones, Professor an der Brigham Young University in Provo, Utah, hatten die Skeptiker der offiziellen Theorie über die Hintergründe und Durchführung der Anschläge vom 11.9. einen ausgewiesenen Wissenschaftler gewonnen. Die Washington Post beschrieb ihn als „the movement's de facto minister of engineering“. Seine von der „Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage“, also den Mormonen gegründete und betriebene Universität, die religiös ausgerichtet ist und das Ziel hat, “to assist individuals in their quest for perfection and eternal life", sieht das gar nicht gerne und will nun offenbar vor dem Jahrestag der Anschläge Schluss damit machen.

Der Physiker Steve Jones, der zum wissenschaftlichen Kronzeugen der Verschwörungstheoretiker wurde

Die Universitätsleitung hat Steve Jones (57), der seit 1985 dort lehrt, am Donnerstag in bezahlten Urlaub geschickt und lässt inzwischen seine Tätigkeiten im Rahmen der Aufklärung über die Anschläge untersuchen. „BYU hat wiederholt erklärt“, so die Universitätsleitung, „dass sie nicht Behauptungen vertritt, die von einzelnen Fakultätsmitgliedern gemacht werden. Wir sind jedoch sehr besorgt über die zunehmend spekulativen und anklagenden Äußerungen von Dr. Jones.“ Zuvor hatten sich bereits die Physikalische Fakultät und das Collge of Engineering distanziert: „The structural engineering faculty in the (BYU) Fulton College of Engineering and Technology do not support the hypotheses of Professor Jones.” Der Physiker, der bis vor kurzem Anhänger der Republikaner gewesen sein will, ist Mitbegründer der Scholars for 9/11 Truth und Herausgeber des Journal of 9/11 Studies, das so beschrieben wird: „The Journal of 9/11 Studies is a peer-reviewed, open-access, electronic-only journal covering the whole of research related to 9/11/2001.”

Bekannt wurde Jones durch seine Studie Why Indeed Did the World Trade Center Buildings Collapse?, die er auch auf der Instituts-Webseite veröffentlichte. Vor kurzem war sie in dem Buch „9/11 and American Empire: Intellectuals Speak Out" erschienen, was möglicherweise nun zum Einschreiten der Universität führte. Jones nahm seine Studie am Donnerstag aus der Webseite heraus, nachdem die Universität schon zuvor moniert habe, dass sie nicht ausreichend durch den üblichen Peer-Review-Prozess gegangen sei. Auch jetzt heißt es, die Universität sei beunruhigt, weil die Studie nicht in angesehenen wissenschaftlichen Publikationen veröffentlicht wurde. Deswegen stehe auch das wissenschaftliche Ansehen der Universität zur Frage. Nun sollen die Universitätsverwaltung, das College für physikalische und mathematischen Wissenschaften und die Physikalische Fakultät den Fall beurteilen. Jones hatte sich in den 80er Jahren im Energieministerium mit der Kalten Fusion im Rahmen seiner Arbeit im Energieministerium beschäftigt und sich kritisch über den angeblich Nachweis einer geglückten Kalten Fusion durch Stanley Pons und Martin Fleischmann an der University of Utah geäußert. Der gläubige Mormone hatte aber auch einen Aufsatz geschrieben, in dem er anhand archäologischer Funde zu belegen suchte, dass Jesus nach seiner Wiedererstehung Lateinamerika besucht hatte.

We don't believe that 19 hijackers and a few others in a cave in Afghanistan pulled this off acting alone. We challenge this official conspiracy theory and, by God, we're going to get to the bottom of this.

Steve Jones

Jones bestreitet nicht, dass die zwei Passagiermaschinen in die WTC-Türme gerast sind, aber er meint, es gebe ausreichend Hinweise in den vorhandenen Daten, Zeugenaussagen, Videos und Fotos, aber auch eigenen Experimenten dafür, dass sie nach physikalischen Gesichtspunkten nicht durch den Aufprall der Flugzeuge und das Feuer so zusammengestürzt sein können, wie sie dies taten. Das sei besonders im Fall des dritten, erst Stunden später zusammengestürzten Turms, des WTC 7, der Fall. Jones ist Wissenschaftler genug, um sich in allzu ausführlichen Spekulationen zu ergehen, aber er favorisierte die Hypothese, dass zusätzlich zu den Flugzeugen Sprengladungen in den Gebäuden (controlled demolition) den Zusammensturz verursacht hätten. Einen vollständigen, so schnellen und fast senkrechten Zusammensturz von Stahlskelett-Gebäuden habe man bislang noch nie als Folge der von NIST und anderen beschriebenen Brandursachen beobachten können, wohl aber unzählige Zusammenstürze durch Explosionen, sagt Jones. Er stützt sich auf Thermit-Funde in Staub und geschmolzenem Stahl den WTC-Orten. Die Substanz wird in militärischen Sprengstoffen verwendet.

WTC7 ist, obwohl von keinem Flugzeug getroffen, vollständig in sich zusammen gefallen

Das National Institute of Standards and Technology hat zwar einen ausführlichen und teuren Bericht über den Zusammensturz der Gebäude veröffentlicht, musste aber gerade für den WTC7-Turm einräumen, dass die Hypothesen über dessen Zusammensturz nicht ausreichend begründet sind, während bei den anderen WTC-Gebäuden die Zerstörungen, die durch die Flugzeuge verursacht wurden, das freigesetzte Kerosin und das Absacken des oberen Gebäudeteils für eine Erklärung ausreichten. Jones setzte sich auch mit diesen Erklärungen von NIST auseinander und versuchte diese zu widerlegen. Der Physiker forderte, dass alle Daten veröffentlicht werden müssten, um eine unabhängige wissenschaftliche Untersuchung zu ermöglichen, die eben auch die Hypothese einer Sprengung mit einbezieht, was in den offiziellen Berichten nicht gemacht wurde.

Wenn nun tatsächlich die eigene Universität zumindest sich seine Studie vornimmt und sie einem strengen Peer-Reviewing unterwirft, hätte der gläubige Physiker, der leidenschaftlich für eine alternative Erklärung eintritt, einen weiteren Erfolg erreicht, nachdem bereits NIST direkt auf seine Einwände reagiert hat. Offenbar nimmt man die Verschwörungstheoretiker in der Regierung nun erster, nachdem die Skepsis auch in der Bevölkerung weit verbreitet ist. So hat das US-Außenministerium am 28. August auf einer Webseite die Top-Verschwörungstheorien zum 11.9. zu widerlegen gesucht. An erster Stelle steht hier die These von der Sprengung.