Testete Israel im Libanon-Krieg neuartige Waffen?

Nach Untersuchungen wurde in Bombenkratern radioaktive Strahlung entdeckt, die von Waffen mit angereichertem Uran herrühren könnte

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Vor zwei Wochen musste die israelische Regierung einräumen, dass die israelischen Streitkräfte im Libanon-Krieg Phosphorgranaten nicht nur zur Markierung von Zielen, sondern auch gegen die Hisbollah-Stellungen verwendet haben. Man habe sie nur gegen militärische Ziele eingesetzt, was nach internationalem Recht gestattet ist. Während des Krieges ist der Vorwurf bereits von der libanesischen Regierung und von Ärzten erhoben worden (Mysteriöse Todesursachen). Getroffen wurden vermutlich auch Zivilisten. Der verwendete weiße Phosphor ist sehr giftig und führt zu schweren Verbrennungen. Nun wurde, nachdem Israel bereits wegen des massiven Einsatzes von Streubomben kritisiert wurde, ein womöglich noch schwerer wiegender Vorwurf erhoben.

Wie Robert Fisk im Independent berichtet, habe Chris Busby vom European Committee on Radiation Risk bei der Analyse von Bodenproben aus zwei Bombenkratern in Khiam und At-Tiri, nahe der Grenze zu Israel, "erhöhte Strahlung" nachgewiesen. Es handelt sich um Krater von israelischen Präzisionsbomben. Die Proben wurden zur weiteren Analyse an das auch mit dem britischen Verteidigungsministerium zusammen arbeitende Harwell-Labor in Oxfordshire weiter gegeben, wo die Existenz von Uran-Isotopen bestätigt worden sei. Bei der Bodenprobe von Khiam soll es sich um eine Mischung von 108 Teilen U-238 auf ein Teil U-235 handeln, was auf angereichertes Uran hindeuten würde. "Die gesundheitlichen Folgen für die lokale zivile Bevölkerung sind", so Busby, "nach der Verwendung von großen bunkerbrechenden Uran-Geschossen und großen Mengen an Uranoxid-Partikeln, die eingeatmet werden können, wahrscheinlich erheblich ... Wir empfehlen, dass das Gebiet auf weitere Spuren dieser Waffen mit dem Ziel untersucht wird, es zu säubern."

Busby weist auf zwei Möglichkeiten für die Kontamination hin. Es könnte sich um eine konventionelle bunkerbrechende Bombe gehandelt haben, die "angereichertes, nicht abgereichertes Uran" enthalten hat. Aber Busby führt auch eine andere Möglichkeit an, die sehr viel unangenehmer für die israelische Regierung werden könnte, falls sie tatsächlich zuträfe. Es könne sich, so Busby, um "eine neuartige kleine Test-Fusionsatombombe" oder um eine andere Testwaffe, beispielsweise eine thermobarische Bombe, gehandelt haben. Auf einer Fotografie von der Explosion einer Bombe könne man große schwarze Rauchschwaden erkennen, die auf verbrennendes Uran hinweisen könnten. Der Waffenexperte Chris Bellamy schließt jedoch aus, dass es sich um eine "schmutzige" Bombe oder um eine Fusionsatombombe handelt. Da es angereichertes Uran mit einer sehr geringen Konzentration von U-235 ist, könnte es verbrauchtes Uran sein, das man mit natürlichem Uran vermischt und dann möglicherweise mit einer Bombe "entsorgt" hat.

Auf die Frage, ob die israelischen Streitkräfte im Libanon-Krieg Uran-Waffen eingesetzt hätten, antwortete Mark Regev, der Sprecher des israelischen Verteidigungsministeriums, ausweichend: "Israel setzt keine Waffen ein, die es nach dem internationalem Recht oder internationalen Konventionen nicht benutzen darf." Nach Fisk bedeute dies aber nicht viel, da moderne Uran-Waffen wie mit abgereichertem Uran versehene Munition (DU-Munition) vom internationalen Recht noch nicht behandelt würden und Regierungen wie die britische oder US-amerikanische, deren Streitkräfte solche Geschosse einsetzen, deren Gefährlichkeit abstreiten.

Im Juli scheint Israel im Gaza-Streifen eine neuartige DIME-Munition getestet zu haben, die von Drohnen abgefeuert wurde

Das israelische Militär, so heißt es, werde den Vorwürfen nachgehen. Die israelische Zeitung Haaretz weist in diesem Zusammenhang auf einen Bericht vom 11. Oktober des italienischen Fernsehsenders Rai24news hin. Ein anderer Bericht des Senders hatte den Einsatz von Phosphorgranaten durch das US-Militär beim Angriff auf Falludscha nachweisen können: Willy Pete in Falludscha. Ausgelöst wurden die Recherchen für den Bericht von Warnungen, die von Ärzten im Gaza-Streifen vor allem im Juli kamen. Sie mussten in Krankenhäusern für sie unerklärliche Wunden behandeln und in mindestens 62 Fällen Gliedmaßen amputieren. Sie berichteten auch von schweren Verbrennungen von Opfern und Wunden, die nicht durch metallische Körper verursacht worden seien.

Nach den Recherchen des Rai24-Teams sei die Ursache dieser schweren Wunden und tödlichen Verbrennungen eine neuartige Waffe, die vor allem im Juli von israelischen Drohnen abgefeuert wurde. Es könnte sich um eine Waffe handeln, die der der US-Luftwaffe entwickelten DIME-Munition (Dense Inert Metal Explosive) ähnlich ist. Dabei wird der Explosivmischung schweres Metall, im Fall von DIME Wolfram-Staub, hinzugefügt, das in einer Entfernung bis zu vier Metern eine höhere Letalität durch eine massive Druckwelle und Feuerentwicklung, aufgrund der größeren Dichte aber in größerer Entfernung keine Schäden mehr verursacht. Bedeckt ist das Geschoss mit einem Mantel aus Kohlefasern, die im Unterschied zu Metallmänteln keine tödlichen Wunden nach der Explosion bewirken. Das Prinzip ist also die Erzeugung einer höheren Sprengkraft mit geringerer Reichweite. DIME wurde für "Low-lethality"-Präzisionswaffen zur Reduzierung von "Kollateralschäden" beispielsweise in urbanen Umgebungen entwickelt und befindet sich angeblich noch immer in der Testphase.

Berichte von palästinensischen Ärzten würden die Vermutung bestätigen. So sagte Dr. Habas al-Wahid vom Shuhada al-Aqsa-Krankenhaus, dass die Beine von Opfern wie mit einer Säge durchtrennt worden seien. Man habe dort Hinweise für die Einwirkung von Hitze und Verbrennungen gefunden, aber keine Metallfragmente. Dr. Juma Saka vom Shifa Hospital, in Gaza City erklärte, man habe in den Körpern der Verwundeten und Toten kleine Eintrittswunden und auf den Körpern eine Art Puder entdeckt, das für die Wunden verantwortlich gewesen sein dürfte.

Die italienischen Journalisten hatten Proben von den Wunden der Verletzten im Gaza-Streifen an die Universität Parma geschickt. Bei der Analyse ergab sich eine "sehr hohe Kohlekonzentration und von anderen ungewöhnlichen Materialien" wie Kupfer, Aluminium und Wolfram. Die Verwendung von Wolfram in Waffen dürfte allerdings, wie Experten vermuten, Krebs verursachen und damit wieder zu "Kollateralschäden" führen.