Von asiatischen Evas und Robotern als Zeitarbeitern

Die weiblichen Roboter werden nach Schönheitsidealen kreiiert, in Japan werden die ersten Roboter von einer Zeitarbeitsfirma vermietet

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In Asien liebt man Roboter, besonders wenn sie möglichst menschenähnlich sind. Man scheint fasziniert zu sein, auch wenig besorgt, dass sie den Menschen überholen und ersetzen könnten, was die Europäer doch eher beunruhigt. Daher werden hier eher Arbeitsmaschinen entwickelt, während asiatische Techniker Roboter schätzen, die möglich realistisch wie Menschen aussehen und sich so verhalten.

Die koreanische Eva

Eine der letzten Fortschritte in dieser Hinsicht war die Roboterin – oder soll man eher sagen: Roboterfrau oder –weibchen? - EveR-1 oder Eve Robot 1. Die neue Eva, Version 1.0 bzw. 2.0, aus Korea ist, was die Ähnlichkeit von Gesicht und Körper betrifft, tatsächlich gut gelungen. Man muss wohl selbst erfahren, wie künstlich sie noch wirkt, wenn sie spricht und sich bewegt, bzw. der Roboter, der äußerlich als Frau auftritt, aber natürlich keine ist. Nach einem Video zu urteilen, wirkt alles noch sehr starr und ungelenk, auch wenn schon große Fortschritte geleistet wurden. Wenig verwunderlich ist, dass von den Wissenschaftlern des Korean Institute for Industrial Technology (KITECH) eine 20-jährige junge, 1,60 m große Frau dargestellt wurde, deren Gesicht nach den Vorbildern von zwei Stars gebildet und deren Körper dem einer Sängerin nachgebaut wurde.

Vielleicht auch für die Gestaltung weiterer Evas haben sich nun die Wissenschaftler Kim Soo-jung und Chung Chan-subdie 171 koreanischen Schönheitsköniginnen – Miss Korea – seit 1977 genauer angeschaut, um zu erkennen, wie und ob sich das Schönheitsideal gewandelt hat. Tatsächlich wollen sie herausgefunden haben, dass – am deutlichsten seit 2000 – die jüngsten Schönen eine höhere Stirn und ein kleineres Kinn haben. Das zeige eine wachsende Präferenz für jüngere Frauen, da das Verhältnis von Stirn zu Kinn Ausdruck des Alters sei. Auch rundere Gesichter und vollere Lippen würden nun besser ankommen. Der Psychologe Kim Soo-jung weist darauf hin, dass deswegen viele junge Frauen sich kosmetischer Chirurgie unterziehen, um volle Lippen und längere Gesichter zu erhalten. Die vollen Lippen hat man bei der Robot-Eva vielleicht noch nicht als so wichtig erachtet, obwohl die Ausrichtung auf den Massengeschmack durchaus vorhanden war. Roboter lassen sich denn auch leichter variierenden Schönheitsidealen anpassen. Man muss jetzt nur noch darauf warten, welche Reaktionen es hervorruft, wenn immer mehr Menschen und Roboter nach Plan „schön“ gemacht werden. Vielleicht sind die nächsten Models und Popstars ja auch bereits die Roboter mit ihren perfekten Körpern.

Allerdings hat die koreanische Eva mit einer weichen Haut aus Silikon noch eine erhebliche Behinderung. Sie muss sitzen und kann höchstens aufstehen, aber nicht gehen. Dafür aber drückt sie durch Gesichtsmimik Gefühle aus. Mit ihren 15 Videokameras soll sie den Ausdruck ihres menschlichen Gegenübers deuten und diesem jeweils auch ihr Gesicht und ihr Augen zuwenden können. Mit einem Wortschatz von 400 Wörtern kann sie auch ein wenig Konversation betreiben und beispielsweise bei Ereignissen wie Messen oder anderen Ereignissen vorgeführt werden.

Nun soll Eva aber zu einer Schauspielerin heranreifen, die gehen und sogar tanzen soll. Damit kommen die Gynaikoiden und Androiden zu sich, die zumindest bislang vornehmlich den Zweck erfüllen, Unterhalter zu sein. Bis 2010 soll Eva nicht nur tanzen und singen können, sondern auch intelligenter werden.

Bislang hatten die koreanischen Robotikwissenschaftler die schöne Roboterfrau offenbar auch aus ästhetischen Gründen lieber nur sitzen lassen. Um gehen zu können, hätte sie dicke Beine benötigt, um all die Module und Motoren unterzubringen, sagt Baeg Moon-hong. „Dicke Beine sind für Humanoide in Ordnung, aber wir müssen alles in die dünnen Beine der Androiden packen, da diese wie wirkliche Menschen aus Fleisch und Blut aussehen sollen.“

Problematisch sei es auch, lange haltende Akkus in den kleinen Körper einzubauen. Die sitzenden Evas ließen sich noch über ein Stromkabel mit Energie versorgen. Damit können sie dünn wie Models sein.

Die japanische Eva

Die Japaner waren allerdings schneller die Koreaner und hatten schon vorher einen ersten weiblichen Androiden vorgestellt, der ebenfalls nur sitzen kann. Repliee Q1 wurde auch nach einer wirklichen Person gestaltet. Auch hier war öffentlicher Erfolg offenbar maßgeblich, auch wenn man kein Model nachbildete, sondern eine bekannte Nachrichtensprecherin. Der Robotikforscher Hiroshi Ishiguro von Osaka University ist der Überzeugung, dass man in nicht allzu ferner Zukunft bereits Roboter bauen kann, die Menschen täuschen können, so dass diese glauben, sie hätten auch einen Menschen vor sich. Jetzt würde die Illusion einige Sekunden lang anhalten können. Dabei kommt es aber nicht nur auf das Aussehen, sondern sehr stark auch auf das Verhalten und die Interaktion mit den Menschen an. Würde das hinreichend komplex und interessant sein, dann würden die Menschen auch schnell vergessen, dass sie es mit einem Roboter zu tun haben.

Der schöne Körper als Haut und das Innere des Roboters: Repliee R1 von Hiroshi Ishiguro

Bislang gibt es Roboter, die für bestimmte Arbeiten in der Industrie oder im Haushalt eingesetzt werden, Roboter, die mehr oder weniger intelligent und ausgefeilt sind, und als Spielzeug, aber auch als Entwicklungsplattform dienen, oder meist teure Vorführobjekte, deren Einsatz nur sehr begrenzt ist. Die 3 Millionen US-Dollar teure koreanische Eva ist beispielsweise mit dem Problem konfrontiert, dass sich bislang noch keine Versicherer für sie finden lässt. Solubot, die Firma, die EveR vermarktet, würde sie gerne öfter auftreten lassen. EveR-2, die zweite Version, die auch singen kann, konnte beispielsweise während der RoboWorld 2006 nicht auftreten, weil die Elektronik für den Hals ausfiel. Ein Versicherungssprecher sagte, dass Roboter keine Lebensversicherungen erhalten können, aber auch keine anderen Versicherungen, weil es keine Daten gebe, um ihren Versicherungswert und die Prämien zu berechnen.

Die Japaner haben nun einen weiteren Schritt gemacht. Sie bieten – vermutlich versicherte – 225.000 US-Dollar teure Roboter zum Mieten gegen einen Stundenlohn als Helfer an. Die von dem Unternehmen Tmsuk hergestellten Ubiko-Roboter – für for "ubiquitous computing" oder "ubiquitous company" - werden bereits in Krankenhäusern eingesetzt. Dort begrüßen sie Besucher, beantworten Fragen und begleiten sie mitunter zu ihren Zielen. Dabei können sie auch Gepäck tragen. Allerdings muss man mache Fragen eintippen, um eine Antwort zu erhalten.

Ubiko, der Mietroboter

Angeboten werden die 113 Zentimeter großen Roboter, die auf Rädern fahren und keine Androiden sind, sondern funktionell, wenn auch ähnlich wie ein Lebewesen nach dem Kindchenschema mir großem Kopf, einem großen Auge und zwei Katzenohren gestaltet sind, beispielsweise für Schulen, Geschäfte, Flughäfen oder Bahnhöfe, aber auch für Veranstaltungen oder Feste. Sie können einfache Fragen verstehen und darauf antworten, so dass sie beispielsweise Auskunft geben oder als Führer dienen könnten, aber dann wohl auch eher als Attraktion oder amüsantes Spielzeug zu Werbezwecken dienen.

Obgleich die Roboter angeblich Menschen in manchen Hinsichten ersetzen sollen, liegt der Stundenlohn noch eher in Prominentenhöhe mit 445 US-Dollar. Ob man daher, wie eine Sprecherin von der Leiharbeitsfirma Ubiquitous Exchange, die die Roboter zum Verleih anbieten, sagte, einen Ubiko in Schulen einsetzen wird, ist doch fraglich. Es sei denn, die Schulen werden für Lehrer immer gefährlicher, so dass sie erst einmal zum Testen einen Roboter vorschicken, um zu sehen, ob sie es wagen können, das Klassenzimmer oder die Schule zu betreten. In Schulen könnten sie, wie die Sprecherin meinte, „die Stimmung in einem Klassenraum prüfen und Schülern zur Beruhigung dienen, weil sie Rüpeleien unter ihnen verhindern können“. Dazu freilich bräuchte man eigentlich keinen sprechenden und mobilen Roboter, mit Kameras und Mikrofonen ließen sich die Klassenzimmer auch überwachen, wenn man schon keine Lehrer hat. Mag sein, dass die Präsenz eines Roboters als menschlicher Stellvertreter mehr beeindruckt als bloß eine Videokamera an der Wand.

Die Sprecherin der Zeitarbeitsfirma meint, dass Roboter große Vorteile haben: „Man muss ihnen nur Elektrizität geben, dann kann ein Roboter viele Stunden arbeiten, er kann auch sich wiederholende Arbeit machen – und man muss sich nicht um Arbeitsgesetze Sorgen machen.“ Zudem seien sie in manchen Hinsichten bereits besser als Menschen.

Repliee R1 von Hiroshi Ishiguro

Noch sind die „Aliens“ oder die eher tierischen Lebewesen gleichenden Roboter billiger. Mit ihnen lässt sich womöglich auch leichter eine Beziehung herstellen, da die Menschen sich vermutlich eher diesen Kreaturen überlegen fühlen. Andererseits sind die Androiden der Zukunft uns ähnlicher und deswegen zunächst vertrauter, aber zugleich befremdlicher und bedrohlicher, da wir von ihnen getäuscht werden und die Skepsis dann auch auf andere Menschen übergreift. Die Androiden halten uns einen Spiegel vor. Man darf gespannt sein, was wir darin erblicken werden. Aber die Menschen werden nicht nur immer älter, sondern auch die Jüngeren immer weniger, dafür die Singles mehr. Vielleicht hält man sich dann ja auch lieber ein Roboterkind. Falls man nicht mehr will, muss man ja nur den Stecker ziehen oder den Akku rausholen oder man formiert die Festplatte neue und beginnt noch mal von vorne, wenn es nicht schon die nächste Version auf dem Markt gibt, die etwas schicker aussieht und mehr verspricht.