Im Jahre 2040 ist die Arktis eisfrei

Neue Untersuchungen prophezeien eine stark beschleunigte Eisschmelze

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Im letzten Jahrhundert war es noch das Ziel der Schifffahrtsnationen, die Häfen am Polarmeer hatten, eine zumindest im arktischen Sommer eisfreie Passage zu finden und diese notfalls mit Eisbrechern freizuhalten. Im 21. Jahrhundert könnte dieser Traum nun unerwartet von ganz alleine zum Dauerzustand werden.

Der Rückgang des Polareises in der Arktis in den letzten fünf Jahren war auffällig (Kein Ende der Eisschmelze) und wurde deshalb bereits mehrfach von Wissenschaftlern untersucht. Die Frage, wie sich diese Entwicklung wohl in den nächsten Jahren fortsetzt, ist naheliegend, das Ergebnis entsprechender Extrapolationen im Computer nun erschreckend: Innerhalb von 20 Jahren könnte sich die sommerliche Eisschmelze im Nordpolarmeer um den Faktor Vier beschleunigen und bewirken, dass im Jahr 2040 die Arktis im Sommer komplett eisfrei ist. Dies ergaben vom US-National Center for Atmospheric Research (NCAR) und der NASA finanzierte Berechnungen auf Supercomputern durch ein Wissenschaftlerteam vom NCAR, der University of Washington und der kanadischen McGill University, die in den Geophysical Research Letters vom 12. Dezember veröffentlicht werden.

Die berechnete Eisausdehnung im arktischen Polarmeer im September 2000, vergleichbar mit echten Messwerten (Bild: UCAR)

Auch wenn die bisher beobachteten Eisschmelzen bereits massiv waren, hatte eine derartige schnelle Steigerung niemand erwartet, sondern eher eine Fortsetzung des gegenwärtigen Eisverlusts in gleichem Ausmaß. Auch unter Berücksichtigung aller verwendeter Klimamodelle ist das Eis, das von 1998 bis 2003 um 20% zurückgegangen ist, zwar bis ins Jahr 2024 noch in etwa gleichbleibend, um dann schnell abzunehmen und in 30 bis 50 Jahren von heute gerechnet komplett verschwunden zu sein. Die Schmelze wird in dem Moment offensichtlich, wenn die Eisdecke im Winter nur noch einen bestimmten Schwellwert erreicht, der im Sommer zum vollständigen Abschmelzen führt.

Zunächst ließen die Wissenschaftler die beobachteten Entwicklungen des Polareises seit dem Jahr 1870 bis heute in sieben verschiedenen Simulationen auf dem Computer laufen und fanden gute Übereinstimmungen zu dem tatsächlich gemessenen Werten. Somit war davon auszugehen, dass die Simulationen realitätsnah sind. Anschließend ließen sie die Klimamodelle weiter in die Zukunft rechnen, wobei eine weitere Zunahme der Treibhausgase in der Atmosphäre im gegenwärtigen Ausmaß zugrunde gelegt wurde. Als Rechenergebnis zeigte sich nach Phasen relativer Stabilität ein unerwartet schneller Zusammenbruch des das Polarmeer bedeckenden Eises, sodass im Endergebnis im September des Jahrs 2040, nach dem arktischen Sommer, in einer der sieben Simulationen eine dünne Eisdecke gerade noch an den Nordküsten von Grönland und Kanada zu finden ist. Im Winter sinkt die Stärke der Eisdecke von heute vier auf nur noch einen Meter ab.

Insgesamt findet sich der plötzliche Zusammenbruch der Eisschicht im Polaremeer in vier der sieben Simulationen, die auf unterschiedlichen Klimamodellen beruhen. Der Grund für das schlagartige "Umkippen" des Polarmeeres ist, dass einerseits mit dem Zurückgehen des Eises sich Meeresströmungen verlagern und wärmeres Wasser in die Arktis strömt, andererseits, dass offenes Wasser bei Bestrahlung durch die Sonne mehr Energie absorbiert als eine Eisfläche und sich infolgedessen stärker erwärmt. Auch in sechs von weiteren 15 durchgerechneten Klimamodellen verschwindet das Polarmeereis am Ende des Berechnungszeitraums.

Allerdings ist es noch nicht zu spät: wenn die Klimagase in der Atmosphäre zukünftig weniger stark zunehmen als heute, wird auch der Zusammenbruch des Polarmeereises verzögert oder gar nicht stattfinden, so die Forscherin Marika Holland von der NCAR: Bei einer langsameren Zunahme der Treibhausgase als Grundlage der Berechnungen ergab sich nur noch in drei von 15 Simulationsläufen ein schlagartigen Eisabbau.

Die extrapolierte Eisausdehnung im arktischen Polarmeer im September 2040: Es ist nur noch wenig, dünneres Eis an den Küsten übrig (Bild: UCAR)