China schätzt die Blogger nicht

Mit der schärferen Kontrolle von Online-Spielen und Online-Musik, die aus dem Ausland eingeführt werden, will die chinesische Regierung auch die Bloggerszene in den Griff bekommen

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China versucht das Internet noch schärfer als bislang zu kontrollieren, um zu verhindern, dass politisch unerwünschte Inhalte in die Netzöffentlichkeit geraten. Offenbar wurden in letzter Zeit regierungskritische Äußerungen und Thematisierungen von Konflikten über Online-Spiele und Musik im Internet eingeschmuggelt, so dass nun diese Lücke geschlossen werden soll. Nach einem Urteil gegen einen Blogger steht nun auch die Blogosphäre noch stärker unter Druck.

Aufgrund der Mitteilungen in der staatlichen Nachrichtenagentur Xinhua lässt sich nicht sagen, gegen welche Meinungsäußerungen sich die neuen Kontroll- und Zensurmaßnahmen richten. Es ist neben anstößigen Inhalten bei den Online-Spielen aus dem Ausland auch die Rede von unerwünschten religiösen Inhalten, die anscheinend in die Spiele eingebaut wurden. Das könnte sich auf die Auseinandersetzung mit der bekämpften Religionsgemeinschaft Falun Gong beziehen. Zudem seien unerwünschte territoriale Themen in Umlauf gekommen, womit vielleicht Tibet oder Taiwan gemeint sein könnten. Bei der Musik ist die Rede von Verstößen gegen "ethnische Traditionen" und Gefährdung der "sozialen Stabilität".

Nach den Anordnungen der chinesischen Regierung müssen nun Webseiten, die Online-Spiele oder Musik anbieten, diese zuvor erst einreichen und von den Behörden prüfen lassen. Versichert werden muss, dass auch nach der Veröffentlichungsgenehmigung nichts mehr verändert wird. Zudem muss monatlich berichtet werden. Im Fall von Musik betrifft dies nicht nur das Internet, sondern auch das Anbieten von ausländischen Musiktiteln in Mobilfunknetzen.

Xinhua berichtete zudem von einem Urteil, das Chen Tangfa, ein Professor für Journalismus an der Nanking-Universität, gegen einen Blogger gewonnen hat, womit nun schärfere Kontrollen auch für wachsende Bloggerszene begründet werden. Der Blogger, ein ehemaliger Student, hatte den Professor als rüpelhaft bezeichnet, was man auch an seinem Buch sehen könne. Der Professor, wohl als Agent der Regierung, klagte aber nicht gegen den Studenten, sondern gegen Blogcn.com, den Blog-Provider, der der Bitte, den für den Professor beleidigenden Inhalt zu sperren, nicht nachkommen wollte. Mit der Klage wollte Chen Tangfa angeblich den Provider an seine Verantwortung für die Inhalte erinnern, die über seinen Dienst veröffentlicht werden. Im Sommer fällte das Gericht das Urteil gegen die Firma, die sich auf der Website öffentlich dafür entschuldigen sowie eine milde Strafe von 128 US-Dollar zahlen musste. Das wäre nicht weiter berichtenswert, wenn Xinhua den Professor nun nicht als "Symbol für eine Kampagne zur Regulierung der Internetnutzer" stilisieren würde.

So wird nun Chen zur Galionsfigur zur Kontrolle des Internet über die Hintertür, dass es "niemandem, auch nicht den Bloggern, erlaubt werden darf, Meinungsfreiheit auf Kosten der Würde eines Anderen zu verwirklichen". Bei der Online-Musik musste die Bekämpfung von Raubkopien oder von gesampelten Musikstücken auch für die nichtkommerzielle Verwendung für die wohl hauptsächlich intendierte Zensur politisch unerwünschter Inhalte herhalten.

In diesem Fall tritt nun die chinesische Internetorganisation (ISC) auf, um zu bestätigen, dass die Regierung beabsichtige, dass Internetnutzer erst dann einen Blog betreiben und Kommentare posten dürfen, wenn sie ihren wirklichen Namen mitsamt der Personalausweisnummer bei den Internetprovidern angegeben haben. Sie sollen aber dann weiterhin unter Pseudonym auftreten können. Ihre persönlichen Daten würden vertraulich bleiben, wird versichert, solange sie "nichts Illegales oder für die Öffentlichkeit Schädliches" machen. Da steht natürlich der Willkür Tür und Tor offen. Die mittlerweile fast 20 Millionen chinesischen Blogger und 75 Millionen Blogleser sollen also unter dem Auge der Autorität agieren und jederzeit mit einem Zugriff rechnen müssen. Von der ISC wird das so verkauft, dass man ein "Gleichgewicht zwischen persönlicher Privatheit und öffentlichen und nationalen Interessen" finden müsse.