Schweiz schützt nun auch biotechnologische Patente

Um als Standort für biotechnologische Innovation nicht zurückzufallen, schließt sich die Schweiz nun weitgehend der Biotechnologie-Richtlinie der EU an

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Der Schweizer Bundesrat will biotechnologische Erfindungen besser als bisher schützen und hat einer Ergänzung des Patentgesetzes zugestimmt, das biotechnologisch hergestellte Gensequenzen und Teile des menschlichen Körpers patentierbar. Die Regierung will damit eine Angleichung mit der Biotechnologie-Richtlinie der EU herstellen.

Die Begründung für die Erweiterung des Patentrechts basiert auf wirtschaftlichen und wissenschaftlichen Gründen: "Für die auf dem Gebiet der Biotechnologie tätigen Unternehmen, die einem wachsenden internationalen wirtschaftlichen Wettbewerb ausgesetzt sind, erweisen sich ein angemessener, wirksamer Patentschutz und klare Vorschriften als Schlüsselfaktoren der Innovation und als eine Vorbedingung, um auf dem internationalen Markt bestehen zu können."

Ebenso wie die Biotechnologie-Richtlinie der EU (Europäisches Patentamt gibt Patentierung von Pflanzen und Tieren frei) soll mit dem Patentgesetz ein Kompromiss zwischen wirtschaftlichen und politischen Interessen, die Schweiz als Standort von biotechnologischen Entwicklungen und Innovationen zu schützen, und ethischen Erwägungen. Eine klar umrissene Patentierbarkeit sei nicht nur wichtig für große Pharma-Konzerne, sondern auch für kleine Unternehmen und öffentliche Forschungseinrichtungen. Die Opposition – SP, Grüne und EVP/EDU - lehnt die Patentierbarkeit von Leben ab, das sich nicht als Erfindung verstehen lasse. Überdies würden Patente eher die weitere Innovation behindern und Anwendungen verteuern.

Wie in der EU-Biotechnologie-Richtlinie können Körperteile (Organe, Gewebe, Zellen, Körpersubstanzen) und Gene patentiert werden, wenn sie nicht entdeckt, sondern "technisch bereitgestellt" werden und ihre Funktion angegeben werden kann. Es muss sich um eine Erfindung handeln, eine natürlich vorhandene Gensequenz könnte also nur dann patentiert werden, wenn sie zuerst isoliert werden muss. Allerdings dürfen keine Patente für Erfindungen ausgesprochen, die die Menschenwürde und die Würde der Kreatur verletzen, wozu das Klonen menschlicher Lebewesen, das Herstellen von Mischwesen mit menschlichen Embryonal- oder Stammzellen oder Veränderungen der Gene in der Keimbahn. Ebenfalls können keine Pflanzen- und Tierrassen sowie Züchtungsmethoden patentiert werden, es sei denn eine Technik ist nicht auf bestimmte Pflanzensorten und Tierrassen eingeengt.

Nicht patentierbar ist der "menschliche Körper als solcher in allen Phasen seiner Entstehung und Entwicklung, einschließlich des Embryos". Mit dem expliziten Einschluss von Embryos geht das Schweizer Patentgesetz weiter als das europäische. Hier gab es wegen der unklaren Gesetzeslage schon wiederholt Patentanträge an das Europäische Patentamt. So wurde 2002 die Patentierung von embryonalen Stammzellen, beantragt von der Universität Edinburgh, untersagt, weil damit die Züchtung von genetisch veränderten Lebewesen, einschließlich Menschen, möglich gewesen wäre (Der Mensch auch als Tier geschützt). Erst am 5. Dezember hat das Bundespatentgericht den Antrag Nr. 19756864 des Bonner Stammzellen-Forschers Oliver Brüstle in Teilen zurückgewiesen, sofern embryonale Stammzellen zu industriellen und kommerziellen Zwecken verwendet werden. Das erstrecke sich auch auf solche embryonale Stammzellen, an denen nach dem deutschen Stammzellengesetz legal geforscht werden kann.

Heute wurde vor dem Europäischen Patentamt ein Einspruch gegen das Patent EP 1121015 der Firma Vitrolife verhandelt, das Sperma, Eizellen und Embryos umfasst, die tiefgekühlt und zur künstlichen Befruchtung verwendet werden. In das Patent eingeschlossen wären auch menschliche Embryonen (Patent auf menschliche Embryonen). Vitrolife hatte die Formulierung so geändert, dass sich das Panet nur noch auf die Konservierungsverfahren bezieht und nicht mehr auf biologisches Material. Das Patentamt wies das Patent heute aber nicht deswegen zurück, sondern weil man dem Einwand der Fraunhofer Gesellschaft gefolgt ist, dass es sich um keine neue Erfindung handelt.

Einen Schritt weiter als die EU geht das Schweizer Patentgesetz allerdings, indem es Gensequenzen, die Erfindungen mit der Angabe eines bestimmten Nutzens, unter einen absoluten Schutz stellt, wie dies auch in den USA oder in Großbritannien der Fall ist. Damit erstreckt sich der Patentschutz für eine Gensequenz auch auf andere Erfindungen, in der sie Verwendung findet. Auch dagegen richtete sich Kritik der Opposition, die argumentierte, dass Gene viele Funktionen haben können und mit einem solchen umfassenden Patentschutz weitere Forschung behindert werden. Das Gesetz erlaubt allerdings die wissenschaftliche Forschung, nur eine kommerzielle Nutzung ist vom Patentschutz abgedeckt.