Lunare Zukunftsmusik
Der Weg zur 2024 geplanten bemannten Mondstation
Fraglos werden Menschen den erdnächsten außerirdischen Himmelskörper noch in diesem Jahrhundert besiedeln. Es ist alles nur noch eine Frage des Zeitpunktes. Dennoch dürfte die von der NASA für das Jahr 2024 angedachte bemannte Mondstation räumlich, zeitlich und in punkto Rohstoffgewinnung noch in weiter Ferne liegen. Viele ungelöste Probleme sind zu bewältigen, bevor der Mensch auf dem Mond für einen längeren Zeitraum Fuß fassen kann.
Ein tiefschwarzer Himmel, übersät mit kristallklaren und kaltleuchtenden Sternen, eine bizarre von Kratern durchzogene wüstenartige Landschaft, feiner mehliger Sandstaub und fremdartig hellstrahlendes Sonnenlicht - das waren die letzten Bilder vom Mond, die der zwölfte amerikanische Apollo-Astronaut Eugene Cernan beim Besteigen der Mondfähre in natura sah.
Seit seinem Abschied Ende 1972 wirbelte kein irdisches Lebewesen, keine Landefähre mehr den Mondstaub auf. Nur einige blecherne Forschungssonden verewigten sich auf dem Erdtrabanten - in Gestalt von kleinen Kratern. Seither ist der Mond ein verwaister Satellit der Erde. Doch nicht mehr lange.
Lunarer Exportschlager
Wie die US-Raumfahrtbehörde NASA jüngst bekannt gab, soll bis zum Jahr 2024 am Südpol des Mondes eine bemannte Forschungsstation aufgebaut sein. In dem aus vier Röhren bestehenden kreuzartigen System, von denen jedes Segment vier Meter Durchmesser groß und sechs Meter lang ist, sollen später einmal vierköpfige Astronautenteams für jeweils eine Woche forschen und arbeiten - insgesamt 180 Tage im Jahr.
Und dies nicht allein im Dienste der Wissenschaft, sondern auch, so die Wunschvorstellung der NASA, zu kommerziellen Zwecken. Schließlich ist der erdnächste natürliche Satellit nicht nur ein astronomisch-exogeologisch interessanter Himmelskörper, sondern auch eine potenziell hochwertige Rohstoffquelle.
Zu einem lunaren Exportschlager könnte hierbei vor allem das so genannte Helium-3 avancieren. Dieses auf der Erde höchst selten anzutreffende Gas ist nach Ansicht vieler Experten ein idealer nuklearer Brennstoff, sofern es auf dem Mond in dem Maße und in der Masse vorhanden ist, wie bislang angenommen.
Aber noch hat die NASA keine konkreten Pläne, wie die Gewinnung dieses raren Gases auf dem Mond gewinnbringend umgesetzt werden könnte. Für Wolfgang Seboldt vom Deutschen Luft- und Raumfahrtzentrum (DLR), der sich jahrelang mit der Rohstoffgewinnung auf dem Mond beschäftigt hat, ist dies kein Zufall:
Die Diskussion um und über das Helium-3 halte ich für überzogen. Ich glaube ohnehin nicht, dass es in den nächsten 100 Jahren überhaupt zu irgendwelchen größeren Gütertransfers gen Erde kommt.
Problematische irdische Experimente
Tatsächlich gestaltet sich die Datenlage über die Verteilung und Quantität der Lagerstätten auf La Luna zur Zeit eher dürftig. "Trotz SMART-1 ist unser Wissen über den Mond immer noch unvollständig", gestand selbst der Projektwissenschaftler Bernhard Foing kurz nach dem Ende der ersten europäischen Mondmission SMART-1.
Erst mit der NASA-Sonde "Lunar Reconnaissance Orbiter" (LRO) werden Forscher in der Lage sein, gezielt nach geeigneten Rohstoffen zu suchen.
Rohstoff ist aber nicht gleich Rohstoff, wie Seboldt zu bedenken gibt:
Wenn schon Rohstoffgewinnung auf dem Mond, dann sollte dies dem Ausbau und dem Erhalt der dortigen Basisstation zugute kommen.
Dass dies sehr kompliziert sein wird, hat Seboldt im Rahmen irdischer Experimente leibhaftig erfahren. Ihn interessierte die Frage, wie Sauerstoff, das häufigste Element auf dem Mond, sich aus dem silizium- und sauerstoffreichen Mondgestein am effektivsten extrahieren lässt. Als er das Gestein in Vakuumkammern auf 2000 Grad Celsius erhitzte, entstand flüssiges Magma, über das sich Dampf bildete.
In dieser Dampfphase spalten sich die Moleküle und sie erhalten reinen Sauerstoff - allerdings in sehr geringer Konzentration.
Aus der Dampfphase mit ihren vielen Gemischen aus Metallen und Siliziumverbindungen eine ausreichend hohe Sauerstoffkonzentration herauszufiltern, gelang den Wissenschaftler vorerst nicht. "Da sind wir experimentell allerdings noch keinen entscheidenden Schritt weitergekommen", gesteht Seboldt.
Ähnliche Erfahrungen, wenngleich mit Wasserstoff, hat die NASA gesammelt. Unter Laborbedingungen pumpten NASA-Forscher bei fast 1000 Grad Celsius Wasserstoff durch das feine staubartige Regolith. Auf seiner kurzen Reise durch besagtes Mondgestein schnappte sich das Wasserstoffmolekül (H2) ein Sauerstoffatom (O) und generierte dabei Wasser (H2O) in Form Wasserdampf - allerdings in sehr geringen Konzentrationen.
Problemlose Stromversorgung
So unausgereift all diese Techniken derzeit auch sein mögen - an genügend Strom für die Energieversorgung mangelt es nicht. Denn dank des lunaren Architekturteams LAT, das im Auftrag der NASA die Röhrenstation auf dem Reißbrett entwarf, werden die Apollo-Astronauten der nächsten Generation ihr Quartier in der sonnenreichsten Region des Mondes beziehen.
Am Südpol, wo die reflektierenden weißen Berge permanent von der Sonne bestrahlt werden, ist der bemannte Außenposten mehr als 70 Prozent seiner Zeit dem solaren Licht ausgesetzt. Sensible Sonnenkollektoren könnten diesen Vorteil in Strom umwandeln.
Ungeachtet aller hochfliegenden Pläne der NASA befindet sich die Mondbasis aber nicht nur zeitlich und räumlich in weiter Ferne. "Wie Sauerstoff, Wasserstoff und andere Ressourcen auf dem Mond später einmal abgebaut werden, ist noch völlig offen.
Alles befindet sich noch in der Planungsphase", bestätigt auch der für die bemannte Raumfahrt zuständige ESA-Manager Bernhard Hufenbach gegenüber Telepolis. Er nahm Ende letzten Jahres in Houston (Texas/USA) im Rahmen der "2nd Space Exploration Conference" an einer richtungweisenden Besprechung teil, der auf Einladung der NASA 14 internationale Agenturen beiwohnten, darunter auch die ESA.
Wir führten reine Koordinations-, keine Kooperationsgespräche. Unser Anliegen ist es, die Exploration ins All international und global zu koordinieren. Dies gilt auch für Missionen jenseits des Mondes - ob bemannt oder unbemannt.
Bereits mit jenen Trägersystemen, die heute schon existieren, könne man einen sinnvollen Beitrag zum Aufbau der Mondstation leisten, so Hufenbach. Beispielsweise habe man Studien durchgeführt, ob die Ariane-5 für eine Expedition zum Mond als Trägersystem in Frage käme. Hierbei es zu einem interessanten Resultat gekommen:
Wir glauben, dass eine überarbeitete und leistungsstärkereVersion der Ariane-5 durchaus in der Läge wäre, vier Tonnen Nutzlast auf die Mondoberfläche zu befördern.