Chinesische Verhältnisse: Erneuerbare Energien boomen

Der Markt für erneuerbare Energieträger expandiert im atemberaubenden Tempo

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Während sich konservative Politiker für den Stellungskrieg um die Atomkraft eingraben, deren Brennstoff ebenso bald zur Neige gehen wird wie die konventionellen Energiequellen, bereitet sich in aller Stille eine neue industrielle Revolution vor. Wind, Sonne und Biodiesel verzeichnen kontinuierlich beeindruckende Wachstumsraten.

Deutsche Windenergie- und Photovoltaikanlagen sind in aller Welt heißt begehrt, berichteten am Montag in Berlin Vertreter des Bundesverbandes Erneuerbare Energien (BEE) und der Bundesverband Windenergie (BWE). Der Exportboom werde immer stärker. In den vergangen sieben Jahren ist das Ausfuhrvolumen der Branche von einer halben Milliarde Euro auf heute sechs Milliarden Euro angewachsen. Bis 2010 erwartet man Auslandsverkäufe von 15 Milliarden Euro. Das sind Wachstumsraten, wie sie sonst nur die chinesische Wirtschaft zu verzeichnen hat. Abnehmer sind vor allem die USA, wo sich in letzter Zeit das Klima für regenerative Energiequellen deutlich verbessert hat, China und Indien.

Der Weltmarkt für die Erneuerbaren hat sich seit 2000 nach Angaben der beiden Verbände auf 60 Milliarden Euro verdoppelt und bis 2020 rechnen sie mit einen Anwachsen über 400 Milliarden jährlichem Umsatz. Der BWE zitiert eine Prognose des Global Wind Energy Council, nach der im Jahre 2020 der jährliche Zubau zwischen 100.000 und 150.000 MW liegen wird, was einem Umsatz von 100 bis 150 Milliarden Euro gleichkäme. Die installierte Leistung würde demnach in 13 Jahren 1.245 Gigawatt betragen und mit 3.054 Terawatt 15 Prozent des Weltstromverbrauchs liefern.

Deutsche Unternehmen haben bisher gute Chancen, sich einen erheblichen Teil von diesem Auftragskuchen abzuschneiden. In allen wesentlichen Bereichen hätten hiesige Unternehmen technologisch die Nase vorn, heißt es beim BEE. „Jetzt zahlt sich aus, dass in Deutschland schon früh stabile Rahmenbedingungen für den Ausbau erneuerbarer Energien geschaffen wurden“, meint BEE-Präsident Johannes Lackmann. Das Erneuerbare-Energien-Gesetz und sein Vorläufer hätten für einen breiten und stabilen Heimatmarkt gesorgt. Allerdings könnte noch mehr getan werden: „Im Wärmemarkt fehlt ein solches Instrument noch“, monierte Lackmann. Ein entsprechendes Gesetz könne „riesige Potenziale“ freisetzen, weshalb die Berliner Koalition nach Vorstellungen des BEE schnell tätig werden sollte. Das wäre mit Sicherheit auch ein erheblicher Beitrag zum Klimaschutz, denn in Deutschland wird ein erheblicher Teil des Primärenergiebedarfs für die Gebäudeheizung verwendet.

Vor dem Hintergrund dieser rasanten Entwicklung soll in diesem Jahr das Thema erneuerbare Energien auf der Hannover Messe eine prominente Stellung einnehmen. Der Veranstalter, die Deutsche Messe AG, hat dafür mit BEE und BWE eine Kooperation vereinbart. Geplant ist ein Themenpark Clean Energies. Im Mittelpunkt wird die Windenergie stehen, ein Bereich in dem die hiesigen Hersteller besonders erfolgreich sind. Der Wind-Weltmarkt wird 2007 vermutlich ein Volumen von 19 Milliarden Euro erreichen, heißt es beim BEE. Fast ein Drittel dieses Umsatzes macht die deutsche Windindustrie, die trotz des boomenden Heimatmarktes 70 Prozent ihrer Produkte ins Ausland verkauft. 2006 wurden weltweit 15.197 MW installiert, was eine Zunahme von 32 Prozent bedeutete. (Unerwartetes Wachstum).

Selbst Staaten, von denen man es vielleicht auf den ersten Blick nicht erwarten würde, beginnen auf Windkraft zu setzen. Die ägyptische Behörde für Neue und erneuerbare Energien hat gerade beim spanischen – oder vielleicht besser: baskischen – Windmühlenbauer Gamesa eine Bestellung aufgegeben. Für zwei Windparks an der Küste des Roten Meeres sollen Anlagen mit einer Gesamtleistung von 241 Megawatt geliefert werden. Knapp 300 Millionen Euro lässt sich Kairo das kosten, berichtet der europäische Brancheninformationsdienst für erneuerbare Energien GreenPrices. Wenn die neue Lieferung installiert ist, werden an der ägyptischen Küste Windräder mit einer Kapazität von 405 Megawatt stehen. Das ist noch nicht sehr viel, aber das könnte eventuell erst der Anfang sein. Ein von der NREA herausgegebener Windatlas weist allein für den Golf von Suez, die nordwestliche Fortsetzung des Roten Meeres ein Potenzial von 20.000 Megawatt aus. Einziger Haken dabei: Die Region liegt in einer der Hauptrouten des Vogelzuges. Viele europäische Wandervögel, die den Winter in Afrika verbringen, fliegen auf ihrem Weg zweimal im Jahr über den Golf. Die NREA hat bereits erste Untersuchungen in Auftrag gegeben, um das Gefährdungspotenzial für die Vögel abzuschätzen.