Leonidas, der Loser-König von Sparta

YouTube und Co. - unsere wöchentliche Telepolis-Videoschau

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Nicht der Iran hat, sondern sehr viele Iraner haben im Netz erfolgreich eine Bombe gezündet. Wer bei Google nach „300 the movie“ sucht, dem wird an prominenter Stelle ein Link genannt auf die Seite Project 300. Eine Website, mit der gegen den Film 300 protestiert und zum Google-Bombing aufgerufen wird. Nach Angaben von Technorati.com verlinken mittlerweile bereits mehr als 2500 Seiten auf „Project 300“, darunter viele Blogs, die von in den USA lebenden Iranern betrieben werden.

Vorgeworfen wird dem Film, dass er eine Beleidigung der persischen Kultur darstelle, anti-iranisch oder sogar ein Teil der psychologischen Kriegsführung der USA gegen den Iran sei. Und wie fast immer im Netz wird natürlich auch YouTube als Plattform des Streits genutzt. Inzwischen findet man zahlreiche Videos über die „wahre“ Geschichte Persiens, es gibt Filme, die zum Boykott aufrufen oder sich äußerst kritisch mit 300 auseinandersetzen. Beispielweise 300: The Butchering of History, der von seinem Macher wie folgt beschrieben wird:

Watching "300" to learn about history, is like watching Harry Potter to learn about Paganism. This should be "301" dalmations instead of "300". In this video I give an 10 minute long or so review of the historical inaccuracies, racism, prominent as well as purpouseful political alterior suggestions, and cowardly pot shots laid against Persian Culture and ancestry under the guise of "entertainment".
Let's not forget, the Nazi regime demonized and dehumanized the Jewish population through cartoons under the guise of "entertainment" long before the holocaust.

Und natürlich gibt es auch Gegenstimmen wie diese, die darauf hinweisen, dass die Perser im Film positiver gezeichnet seien als die Spartaner. Ein vermutlich ironisch gemeinter Hinweis, der allerdings durchaus berechtigt ist. So trägt Leonidas, der König von Sparta, in diesem Streifen einen gar schrecklichen Bart, faselt ständig von Mannesmut und Heldentum und schlimmer noch: bekommt am Ende von den Persern gehörig einen auf den Deckel. Kurzum: ein echter Loser. Dagegen wirken seine Gegenspieler wesentlich eleganter, leiden jedoch unter der damals in Persien herrschenden Pferdeknappheit und lassen daher notgedrungen ihre Kampf- und Prachtwagen von Sklaven ziehen. Und der Rest vom Film bietet krachenden Comic-Trash gepaart mit Leni-Riefenstahl-Ästhetik.

Viel Lärm um Nichts also, der jedoch in dem deutschsprachigen Bereich der Videoportale noch nicht angekommen ist. Dort ist Knut der Eisbär im Augenblick ein großer Star, Angie dagegen inzwischen kein Tokio-Hotel-Fan mehr, das Satiremagazin Titanic hat einen weiteren lustigen Film veröffentlicht, und wer Lust hat, kann elf verwackelte Sekunden lang Tim beim Poppen zu sehen – offenbar hat das noch keiner der ansonsten recht prüden YouTube-Sittenwächter gemerkt.

Mit Sex hat auch unserer Video der Woche zu tun: Sexual Harassment Training Film, ein kurzer Streifen, der über sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz aufklärt. Die Gefahren, das weiß man hinterher, lauern überall und besonders am Fotokopierer.