Auf der Suche nach Gravitationswellen

Vorbereitungen zu einem außergewöhnlichen Observatorium: LISA Pathfinder soll 2009 auf Probemission gehen

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In Einsteins Allgemeiner Relativitätstheorie sind Gravitationswellen Verzerrungen der Raumzeit, die sich mit Lichtgeschwindigkeit ausbreiten – ähnlich wie eine durch einen Steinwurf verursachte Welle auf dem Wasser. Diese ließen sich bereits indirekt nachweisen, aber eine direkte Messung/Nachweis bleib bisher noch aus. Auf der Suche danach, wird es nun in Zukunft neben einem erdumspannenden Netzwerk von vier Gravitationswellen-Observatorien auch eines im Weltraum geben.

Denn zu den Nachteilen dieser erdgebunden Detektoren gehören die begrenzte Armlänge des Interferometers und die unvermeidlichen seismischen Störungen, die man mit einer entsprechenden Anlage im Weltraum umgehen würde. Deswegen wird die ESA im Rahmen des Esa-Weltraums-Programms „Comic Vision“ gemeinschaftlich mit der NASA, im Rahmen ihres Weltraum-Programms „Beyond Einstein – vom Big Bang bis zu schwarzen Löchern“, eine kosmische Sternwarte unter dem Namen LISA im Jahre 2015 ins All befördern.

LISA auf den Spuren niederfrequenter Gravitationswellen. Die „Kräuselung“ im Raum wird durch „exotische Gegenstände“ wie schwarze Löcher verursacht. (Bild: ESA)

Testmission

Mit Lisa Pathfinder soll im Jahre 2009 maßgebliche Schlüssel-Technologien getestet werden, die für den Einsatz der LISA-Mission ca. 7 Jahre später eingesetzt werden sollen. Tests und Prüfungen dieser für LISA (Laser Interferometer Space Antenna) erforderlichen Entwicklungen können aufgrund von diversen Störfaktoren und äußerlichen Störeinflüssen, vor allem der Schwerkraft, nicht auf der Erde durchgeführt werden.

Deswegen wird eine kleine Test-Mission unter der Bezeichnung LISA Pathfinder durchgeführt, um die kritischen LISA-Technologien in einem adäquaten Umfeld prüfen zu können. Diese Technologien umfassen insbesondere:

  1. die Inertialsensoren zur Messung der Positionen der Testmassen relativ zum Satelliten
  2. das „Drag-Free-Control-System“ (DFACS) zur Steuerung der Kompensation von Störkräften mittels Inertialsensoren und Mikro-Newton-Triebwerken
  3. die Laserinterferometrie zur hochgenauen Bestimmung der gegenseitigen Positionen und der Orientierung der Testmassen.

Während LISA später Distanzmessungen zwischen Satelliten durchführt, die ca. 5 Millionen Kilometer voneinander entfernt sind, misst die kleine Schwester LISA Pathfinder den Abstand zweier Referenzkörper (ca. 40 cm) innerhalb des Satelliten. Geplant ist, LISA Pathfinder nahe des Lagrangepunktes L1 im Abstand von ca. 1,5 Mio km von der Erde zu positionieren. Das LISA-Pathfinder Technikpaket simuliert damit gewissermaßen einen Arm des LISA-Interferometers, der von 5 Mio. km auf etwa 40 cm verkürzt worden ist, um die wesentlichen Technologietests auf einer konventionellen und kostengünstigen Satellitenplattform durchführe zu können.

Das LTP wird unter Führung der ESA, als verantwortlicher Raumfahrtagentur für das Gesamtprojekt, mit Beiträgen verschiedener europäischer Raumfahrtagenturen bzw. Ministerien entwickelt. Beteiligt sind Forschungs- und Universitätsinstitute sowie Industrieunternehmen aus Spanien, Italien, Frankreich, Großbritannien, den Niederlanden, der Schweiz und Deutschland.

Die LISA-Pathfinder-Sonde wird von der EADS Astrium Ltd. (Großbritannien) gebaut, die Koordination der Entwicklung erfolgt von der EADS Astrium GmbH in Friedrichshafen. Federführend an der Entwicklung des „Herzstückes“ der wissenschaftlichen Nutzlast, dem Interferometer, ist das das Albert-Einstein-Institut (AEI) in Hannover. Die Entwicklung des zunächst vorgesehenen, zum LTP komplementären Disturbance Reduction System (DRS) des Jet Propulsion Laboratory (JPL) der NASA ist inzwischen wegen technischen Problemen und den daraus resultierenden hohen Kosten eingestellt worden. Das stark reduzierte NASA-Technik-Paket besteht nun noch aus einem eigenen Antriebssystem für die Feinlageregelung.

Das LISA-Technologie-Paket besteht im wesentlichen aus einer optischen Bank, die in zwei Vakuumbehältern jeweils eine der beiden würfelförmigen Test-Massen aus einer Gold-Platin-Legierung, die Inertialsensoren sowie den sog. Caging Mechanismus (CM) enthält. Die Inertialsensoren haben die Aufgabe, kapazitiv die Position und Ausrichtung der jeweiligen Testmasse zu bestimmen und die Messdaten an das Drag-Free-Control-System zur Lagekorrektur der Sonde weiterzugeben. Der CM sichert die Testmasse während der Start- und Transferphase der Sonde zum L1 und gibt sie zu Beginn der wissenschaftlichen Messphase frei. (Bild: DLR)

Nach dem Start, der für das 4. Quartal 2009 mit der europäischen Neuentwicklung VEGA vom Weltraumbahnhof Kourou (Franz. Guayana) geplant ist, wird die LISA-Pathfinder-Sonde zunächst in eine elliptische Transferbahn eingeschossen, deren Aphel (der sonnenfernste Punkt einer elliptischen Umlaufbahn) dann mit Hilfe eines eigenen Antriebmoduls in mehreren Phasen angehoben wird, um schließlich in eine Halobahn um den Lagrangepunkt L1, rund 1.5 Mio. km von der Erde entfernt einzuschwenken.

Vor dem Einschwenken in die endgültige Bahn und dem Beginn des wissenschaftlichen Betriebs wird das Antriebmodul vom Nutzlastmodul abgetrennt, um dessen störenden Einfluss auf die Testmassen auszuschließen. Die Halobahn um den L1 wurde ausgewählt, um die die hohen Anforderungen an die Nutzlast im Hinblick auf die thermische Stabilität und die geringen gravitativen Störungen zu erfüllen, die nahe des Gravitations-Gleichgewichtspunktes zwischen Erde und Sonne gegeben sind. Die Dauer der Mission ist für ca. 11 Monate vorgesehen.

Eine schematische Darstellung von LISA im All und seine Lageposition zur Sonne und Erde. (Bild:ESA)

LISA – ein Schlüssel zum Aufdecken kosmischer Geheimnisse

Vom Prinzip her ist LISA ein freifliegender Interferometer. Er wird aus drei identischen Satelliten bestehen, die in einer trigonalen Anordnung und einem Abstand von 5 Mio. km zueinander die Sonne entlang der Erdbahn in einem Abstand von etwa 50 Mio. km umkreisen mit dem Ziel, niederfrequente Gravitationswellen im Frequenzbereich von weniger als 0,1 mHz bis zu 1 Hz aufzuspüren. Der Schwerpunkt dieses Clusters folgt der Erde von der Sonne aus betrachtet unter einem Phasenwinkel von 20°. Jeder dieser Satelliten enthält jeweils zwei freifliegende Testmassen, die möglichst frei von äußeren Störungen gehalten werden.

Die gegenseitigen Abstände der Testmassen von Satellit zu Satellit werden durch eine hochpräzise Heterodyn-Laserinterferometrie vermessen, um die durch die Gravitationswellen hervorgerufenen minimalen Abstandsänderungen zweier Satelliten nachzuweisen. Die erforderliche Messgenauigkeit der Testmassenabstände beträgt dabei typischerweise rund 1/25 des Durchmessers eines Wasserstoffatoms auf 5 Mio. km.

Kosmische Quellen von Gravitationsstrahlung, die sich durch LISA im genannten Frequenzbereich u. a. nachweisen lassen werden, sind kurzperiodische Doppelsternsysteme, kollabierende Systeme von Neutronensternen, Supernovae und supermassive Schwarze Löcher in den Zentren von Galaxien.

Die Entwicklung von LISA wird von einem internationalen Wissenschaftskonsortium (LIST) koordiniert. Es wird dann komplementär zu den bereits auf der Erde bestehenden Gravitationswellen-Observatorien, dazu gehört das amerikanische LIGO, das deutsch-britische GEO 600, das französisch-italienische VIRGO/EGO und das japanische TAMA 300, die im Frequenzbereich zwischen etwa 10 und 100 Hz messen, seinen Betrieb aufnehmen.

In Kombination mit LISA sollen so die letzten Geheimnisse unseres Weltraums zumindest etwas gelüftet werden - ob Urknalltheorie, Doppelsternsysteme, Supernovae oder Schwarze Löcher - die Messung der Gravitationswellen könnte viele noch verborgene Geheimnisse des Weltalls ans Licht bringen.

Im Weltraum existieren gigantische schwarze Löcher in der Größe unseres Sonnensystems

Aktiv dabei sein: Die Jagd nach den Gravitationswellen

Mit Einstein@home soll keine außerirdische Intelligenz wie bei SETI@home nachgewiesen werden, hier geht es um die Entdeckung neuer Pulsare mit Hilfe des Nachweises von Gravitationswellen. Dabei handelt es sich um kleine Raumzeitverzerrungen auf Grund von Massen, die zu weiteren Raumzeitverzerrungen führen. Diese Verzerrungen setzen sich durch den ganzen Raum fort und werden deshalb als Gravitationswellen bezeichnet.

Ziel des Einstein@home Projektes ist es, diese nachzuweisen. Das Projekt startete am 19.02.2005 und wird von der Universität Wisconsin-Milwaukee (USA) und am Max- Planck-Institut für Gravitationsphysik (Albert-Einstein-Institut, Deutschland) entwickelt. Um an einem Projekt teilnehmen zu können, muss zuerst die Basis-Software (BOINC) installiert werden.