Saft rein, Saft raus

US-Forscher stellen eine mit jeder Zuckerquelle arbeitende Brennstoffzelle vor. Die pädagogische Botschaft: Orangensaft ist ein guter Energiespender, Cola nicht.

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Dass Zucker eine energiereiche organische Verbindung ist, wissen Ernährungswissenschaftler sehr gut. Vorgeworfen wird ihm, dass er vom Körper sehr schnell aufgenommen wird - die WHO empfiehlt deshalb, dass nicht mehr als zehn Prozent der menschlichen Nahrung aus Zucker bestehen sollte. Genau diese Eigenschaften sind es aber, die Zucker als für die Energiegewinnung interessant erscheinen lassen - zumal es in der Natur jede Menge nutzbarer Zuckerquellen gibt.

Zwei Forscher der University of Saint Louis haben den Treibstoff deshalb in eine bei Zimmertemperatur arbeitende Brennstoffzelle gepackt - und ihre Ergebnisse am vergangenen Wochenende auf dem Kongress der American Chemical Society in Chicago vorgestellt.

Tamara Klotzbach und Shelley Minteer entwickelten dazu eine enzymbasierte Anode, die die Glukose oxydiert (also verbrennt - wenn’s auch keine Flamme gibt). Das Hauptproblem bestand dabei darin, die Anode stabil zu gestalten, indem die zur Funktion nötigen Enzyme (in diesem Fall Glucose-dehydrogenase) an Ort und Stelle gehalten werden. Das gelang Klotzbach und Minteer mit Hilfe einer speziellen Membran, die sie unter anderem aus modifiziertem Chitosan herstellten, einem Verwandten des für die Stabilität von Insekten-Panzern zuständigen Chitins. Die derart fabrizierten Anoden blieben über einen Monat lang stabil und erzeugten Energiedichten von fast 6 mal 10 hoch -5 Watt pro Quadratzentimeter.

Zwar arbeiten auch andere Forscher an mit Zucker betriebenen Brennstoffzellen: An der University of Massachusetts erforscht etwa Derek Lovley Zellen, die mit lebenden Bakterien arbeiten. Diese so genannten Geobacter besitzen die Fähigkeit, Elektronen direkt auf die Oberfläche von Elektroden zu transferieren.

In drei bis fünf Jahren praxisreif

Ihr Potenzial liegt vor allem darin, dass sie alle möglichen Arten organischer Abfälle verarbeiten können. Wie bei der Technologie von Klotzbach und Minteer benötigen sie dazu keine unter Umständen toxischen Zusätze. Die Entwicklung der Saint Louis University soll aber eine um eine ganze Größenordnung höhere Energiedichte aufweisen. Im Vergleich mit heute im Handel erhältlichen Standard-Batterien, behaupten Klotzbach und Minteer, soll die Energiedichte der Saft-Brennstoffzelle immer noch drei- bis vierfach überlegen sein. Im praktischen Versuch demonstrierte Minteer eine briefmarkengroße Zelle, die einen Taschenrechner antrieb - noch kein sehr beeindruckendes Experiment, aber ein Anfang.

Als Treibstoff für eine auf dieser Grundlage konstruierte Brennstoffzelle verwendeten die zwei Forscher erfolgreich unter anderem Orangensaft - am besten allerdings funktionierte in Wasser aufgelöster, gewöhnlicher Zucker. Und auch wenn böse Zungen dies als Pseudonym für diverse Colas betrachten - mit Kohlensäure versetzte Softdrinks erwiesen sich für die Batterie als schädlich.

Wenn dereinst tatsächlich Laptops nach diesem Prinzip mit Strom versorgt werden, sollte man also nur gut abgestandene Cola in die Brennstoffzelle füllen. Bis es so weit ist, werden allerdings noch ein paar Jahre vergehen - die Forscher schätzen, dass ihre Saftmaschine in drei bis fünf Jahren praxisreif sein könnte. Wichtig ist zum Beispiel auch zu wissen, inwieweit die Zelle sich auch bei höheren Temperaturen betreiben lässt. Denn bezahlt wird diese teilweise auch vom US-Militär. Das hofft, dass sich der Soldat der Zukunft zum Aufladen der unvermeidlichen Elektronik in der Wüste dann an den Säften von Kakteen bedienen kann.