Provider kooperieren mit BKA

Bei einem Workshop des Bundeskriminalamts übten sich Provider in freiwilliger Selbstdisziplinierung.

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Bei der Bekämpfung der Internet-Kriminalität wollen Anbieter von Online-Diensten künftig besser mit Polizei und Staatsanwaltschaft zusammenarbeiten. Das ist das Ergebnis des vom Bundeskriminalamt (BKA) diese Woche zusammen mit rund 50 Online-Providern durchgeführten zweitägigen Workshops "Bekämpfung der Kriminalität im Internet - Möglichkeiten und Grenzen".

"Wir wollten eine bestehende Rechtsunsicherheit vor allem auf Seiten der Provider auflösen", erklärte BKA-Direktor Leo Schuster. Falls ein Provider keine Daten über seine Kunden hat, muß er auch keine Daten an die Strafverfolgungsbehörden ausgeben. Vermutlich werden die im Informations- und Kommunikationsdienstegesetz (IuKDG) verankerten Vorschriften zur Datenvermeidung nur schwer zu halten sein. 1999 steht eine Evaluierung des Gesetzes an.

Unter den Providern hatte die Einladepraxis des BKA im Vorfeld zu Verunsicherungen geführt. So wurde von einigen Teilnehmern berichtet, daß einige Selbstanmelder vom BKA wieder ausgeladen wurden. Davon war BKA-Sprecher Dirk Büchner nichts bekannt. So etwas sei doch eher "kontraproduktiv", da man ja möglichst alle Provider erfassen wolle. Aus diesem Grund habe man sich im übrigen nicht auf die Mitwirkung der "Freiwilligen Selbstkontrolle Multimedia" verlassen, da hier nicht alle Provider angeschlossen seien. Der "Förderverein Informationstechnik und Gesellschaft" (FITUG) kritisierte die Vorgehensweise des BKA, das "einem breiten Dialog aller beteiligten Gruppen gezielt aus dem Weg gegangen" sei. Gleichzeitig bezeichnete der Verein einen solchen Dialog "für unabdingbar".

Unter den 120 Workshopteilnehmern befanden sich hauptsächlich Vertreter von Staatsanwaltschaften, Landeskriminalämtern, Datenschutzbeauftragte und Ministerien. Im kommenden Jahr sollen die Provider eine Selbstverpflichtungserklärung unterzeichnen, die in einer kleinen Arbeitsgemeinschaft gemeinsam mit Vertretern der Staatsanwaltschaft, der Polizei, der Ministerien und des Datenschutzes "in Kürze" erstellt werden soll. Der Entwurf des BKA wurde während des Workshops nicht öffentlich diskutiert, nachdem man sich am Montag nach Gesprächen mit den Providern darauf geeinigt hatte, vom Tagesordnungspunkt "Selbsterklärung der ISP und Online-Dienste zur Zusammenarbeit mit den Strafverfolgungsbehörden" abzusehen.

Der Entwurf hatte vorgesehen, daß "sämtliche Teilnehmer des Internets durch verantwortungsbewußtes Handeln und Ausschöpfen der eigenen Möglichkeiten auch ohne expliziten gesetzlichen Auftrag dazu beitragen, die Mißbrauchsmöglichkeiten im Internet einzuschränken". Internet-Provider sollten "im Rahmen ihrer tatsächlichen und rechtlichen Möglichkeiten entgegenwirken", daß illegale und unzulässige Inhalte "angeboten und zu Nutzung vermittelt werden". Die Strafverfolgungsbehörden sollten dabei "konstruktiv" und "zeitnah" unterstützt werden.

Schon zuvor hatte FITUG den BKA-Entwurf in einer Pressemitteilung scharf kritisiert. Eine Herausgabe von Verkehrsdaten an Dritte sei "ohne das Vorliegen der gesetzlich gebotenen Voraussetzungen gesetzeswidrig und unter Umständen strafbar". Eine etwaige Sperrung von Internet-Inhalten sei zudem "grundsätzlich abzulehnen". Selbstkontrollmaßnahmen und Hotlines dürften nicht dazu führen, daß Internet-Provider und Nutzer "in zunehmendem Maße Polizeiaufgaben übernehmen". Dies müsse den zuständigen Behörden überlassen bleiben.

Eine Zentralstelle zur Bekämpfung der Internetkriminalität im Bundeskriminalamt (BKA) wurde bereits eingerichtet. Bis Ende 1999 soll ihr technischer Ausbau abgeschlossen sein. Die Zentralstelle soll anlaßunabhängig nach strafrechtlich relevantem Material im Internet und Online-Diensten recherchieren und ihre Erkenntnisse an die Strafverfolgungsbehörden weiterleiten. Die Einrichtung der Zentralstelle geht auf eine vom Land Nordrhein-Westfalen veranlaßte Bundesrat-Initiative zurück, die sich für eine Koordination der Internetstreifen in den Ländern beim BKA ausgesprochen hatte. Kritische Juristen monieren an dieser Regelung, daß der Bund weder für Medieninhalte noch für die polizeiliche Gefahrenabwehr zuständig sei. Bei der Strafverfolgung seien allein die Länder für die Umsetzung verantwortlich.