Sind die Handys am Bienensterben schuld?

Nach deutschen Wissenschaftlern könnte das vor allem in den USA beobachtete Bienensterben nichts mit Gentechnik, aber vielleicht mit der Handy-Strahlung zu tun haben

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In den USA ist man seit kurzem beunruhigt, weil es immer weniger Honigbienen gibt. Man spricht von einem Colony Collapse Disorder (CCD), also einem bislang unerklärlichen, plötzlichen Aussterben eines Bienenvolks. Beobachtet wurde dieses Bienensterben, das es allerdings schon länger gibt, aber an Tempo zugelegt hat, nicht nur in vielen Bundesstaaten der USA, sondern auch in europäischen Ländern, u.a. in Deutschland oder Großbritannien. Bedrohlich ist das Bienensterben, weil Bienen großen Teils dafür sorgen, dass die Pflanzen, auch die Nutzpflanzen, bestäubt werden. Die Suche nach der Ursache fördert viele mögliche Kandidaten zu Tage. Jetzt wurde ein neuer möglicher Grund von deutschen Wissenschaftlern dafür ausgemacht: Handy-Netze.

Natürlich, es könnten irgendwelche Bakterien oder Viren sein, die das Bienensterben verursachen. Neuerdings wurde allerdings die Gentechnik dafür verantwortlich gemacht. Das in genveränderte Pflanzen eingebaute Gen des Bacillus thuringensis gilt als eine der möglichen Ursachen. Diese Bakterien können eine Substanz herstellen, die praktischerweise, so schien es, Insekten töten kann, aber anderen Organismen nicht schädlich ist. Pflanzen, denen das Gen zur Herstellung des Bt-Giftes eingefügt wurde, können sich also besser gegen Schadinsekten wehren und so angeblich dazu beitragen, dass die Umwelt mit weniger Pestiziden belastet wird.

Nun fressen zwar Honigbienen keine Pflanzen, nehmen aber die Pollen von diesen auf. Die in den Pollen von Bt-Pflanzen vorhandenen Gifte könnten sich also in den Bienen anreichern und schließlich zu deren Tod führen. Zudem verbreiten die Bienen auch die Gene der genveränderten Pflanzen unkontrolliert, so dass die bislang politisch ausgegebenen Beruhigungen, man könne Felder mit genveränderten Pflanzen mit relativ kleinen Schutzgürteln zuverlässig sichern, als Farce kenntlich werden. Allerdings könnten auch andere Pestizide oder Insektizide für das Bienensterben verantwortlich sein.

Eine neue Theorie macht nicht die Gentechnik, sondern eine andere, ebenfalls von manchen misstrauisch beäugte Technik für das Bienensterben verantwortlich. Die These ist, dass die von Handynetzen ausgehende Strahlung die Navigationssysteme der Bienen beeinträchtigen könnte. Deswegen käme es zu dem Phänomen des CCD, wo man in Bienenstöcken nur noch die Königin, ein paar Eier und kaum Arbeiterinnen findet. Wo die Bienen verschwunden sind, die den Stock verlassen haben, weiß man nicht.

Hermann Stever und Jochen Kuhn von der Arbeitsgruppe Bildungsinformatik der Universität Koblenz-Landau haben schon 2005 in einer Studie darauf aufmerksam gemacht, dass sich das Verhalten von Honigbienen unter elektromagnetischer Strahlung, ausgehend von DECT-Basisstationen, verändert. Hier zeigte sich, dass das Gewicht und die Baufläche von bestrahlten Bienenvölkern geringer waren. Vor allem aber war auffällig, dass bei den bestrahlten Bienenvölkern weniger Bienen zurückkehrten und, falls ja, länger dazu brauchten. In einer nachfolgenden Studie, die Bienen als "Bio-Indikator" für die Folgen von elektromagnetischer Exposition auf das Lernverhalten auch von Menschen betrachtet. bestätigte sich dieser Zusammenhang.

Bienen teilen interessante Standorte über das Tanzen auf der Wabe anderen Bienen mit. Dabei werden die Waben in Schwingungen mit einer Frequenz zwischen 200 und 300 Hz versetzt. So können auch Bienen, die den Tanz nicht beobachten können, die Informationen erhalten. Nach den Wissenschaftlern müssen GSM-Handys, die ihre Information gepulst ausstrahlen, "neben der reinen Sendefrequenzen von etwa 900 MHz bzw. 1.800 MHz zudem die Pulsfrequenz von 217 Hz berücksichtigt werden. Da diese Frequenzen im Bereich der Wackeltanzfrequenzen der Bienen liegt, könnte sie den Tanzbereich resonant erregen. Entsprechend könnte der damit verbundene Lernprozess als Aufbau internen Modelle der Außenwelt der Bienen nichtthermisch beeinflusst werden."

Das sind viele Könnte und Möglichkeiten. Bestätigt hatte sich bei dem neuen Versuch, dass Bienen, deren Stöcke bestrahlt wurden (mit der Basisstation unter dem Stock oder – "gedämmt" - mit einer, von einer Schilfmatte umgebenen Basisstation) weniger oft zurückkehrten und länger dazu brauchten. Allerdings war das Ergebnis weniger eindeutig wie beim ersten Mal, wie die Wissenschaftler festhalten. Ob Handy-Strahlung wirklich ein Risiko darstellt, ist weiter umstritten. Die Studien der Landauer Forscher könnten aber den Blick weg von möglichen Krankheitsfolgen wie Krebs lenken. Ob Bienen allerdings als Bioindikatoren auch für menschliches Lernen gelten können, ist trotz der in Anspruch genommenen "erweiterten Theorie der Superzeichen" zweifelhaft.