Wenn die Schule zur Hölle wird

Schüler berichten in einem Weblog über Mobbing

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Verbale Gewalt sei an unseren Schulen alltäglich. Das behaupten die Autoren Mechthild Schäfer und Stefan Korn in Maßnahmen gegen die Gewalt an Schulen: Ein Bericht aus Deutschland, eine Auftragsarbeit im Rahmen des CONNECT-Programms der Europäischen Union. Und mit Mobbing, einer Form dieser verbalen Gewalt, beschäftigt sich auch ein Online-Projekt der Gutenbergschule Riederich. Auf der Seite Schueler-Mobbing.de werden Berichte von Betroffenen gesammelt und die beschriebenen Vorfälle diskutiert. Und in einem angeschlossenen Weblog können Mobbing-Opfer selbst beschreiben, was sie erlebt haben oder immer noch erleben müssen.

Wer die meist erschütternden Erfahrungsberichte dort liest, der erfährt, dass für viele junge Leute die Schule die Hölle ist. Eine Hölle, der sie nur schwer entkommen können und der sie oft jahrelang ausgesetzt sind. Und die bisweilen auch später noch Folgen hat. „Ich leide", schreibt eine ehemalige Schülerin, „immer noch unter den Folgen: Angstzustände, Schweißausbrüche, Händezittern, Stottern, Augenzucken, Appetitlosigkeit und einiges mehr, was ich jetzt nicht aufführen möchte, da es den Rahmen sprengen würde.“

Bei einer anderen Schülerin heißt es:

Das Ritzen hatte ich schon lange aufgegeben, jemand sah meine Wunden und es war wieder ein Punkt wie Furien verbal auf mich loszugehen, aber ich hatte mir unbewusst eine andere Art angeeignet mich selbst zu zerstören. Ich biss mir unbewusst die Fingernägel ab, teilweise bis es blutete, und wenn keine Fingernägel mehr zum abbeißen da waren, biss ich mir die Fingerkuppen/-gelenke blutig. Was ich teilweise bewusst tat war, dass ich mir Haare ausriss und mir selbst gegen den Kopf schlug oder mit Absicht gegen harte Gegenstände gelaufen bin (Tische, Couchtische, Stühle) und somit meine Beine oft viele blaue Flecken hatten. Ich wollte einfach nur tot sein.

Der Anlass fürs Mobben ist in den meisten Fällen äußerst banal. Oft reicht eine Äußerlichkeit wie „Segelohren“, um jahrelang als Außenseiter abgestempelt zu werden. Oder es geht um fehlende teure Markenklamotten, die falsche soziale Herkunft. Und besonders gute Schüler werden immer noch als Streber beschimpft und dann von den anderen gemieden. Aber es gibt auch Fälle persönlicher Rache, bei der dann auch das Internet mit ins Spiel kommt. Aus Eifersucht geschah beispielsweise das Folgende:

Er hat es sogar einen Schritt weiter gebracht indem er im Internet ein blödes Foto verbreitet hat…er hat meinen Kopf auf den nackten Oberkörper einer anderen geschnitten oder was auch immer... jedenfalls sah es voll echt aus… war es natürlich nicht... es war gefaked. Im Grunde hat er es an all meine Freunde geschickt und hat dann behauptet ich hätte mit ihm einen Porno gedreht….seit dem werde ich gemobbt!!!

Kein Einzelfall, wie ein Blick auf YouPorn beweist, wo regelmäßig private Pornofilmchen auftauchen, mit denen sich Männer an ihrer „Ex“ rächen. Aber auch Lehrer mobben. Das beschreibt eine Mutter, deren Mann sich zuvor bei einer Lehrerin über die Qualität des Unterrichts beschwert hatte:

Die Schikanen der Lehrerin endeten nicht. Sie treibt nun einen Keil zwischen unseren Sohn und die anderen Klassenkammeraden. Er hält es nicht mehr aus und wechselt zu Beginn 8.Schuljahr die Klasse. Leider unterrichtet die ehemalige Klassenlehrerin die nun neue Klasse meines Sohnes in Chemie. Sie verspritzt weiter ihr Gift. Begeht Rufmord gegen unseren jüngeren Sohn, der in der selben Schule ist, mit den Worten: ,Da ziehen wir ja noch so eine Rakete in der Schule groß, dein Bruder hat am Bahnhof einen zusammen geschlagen.’ Es war ein Klassenkammerad meines jüngeren Sohnes, der lediglich als Zeuge beim Rektor aussagen mußte.

Direkte Hilfe kann dieses Weblog natürlich nicht leisten. Aber immerhin geben andere User in den Kommentaren zu den Berichten Tipps, wie man sich am Fall von Mobbing verhalten sollte. Und offenbar ist dieses Weblog allein deshalb schon so wichtig, um das eigene Schweigen zu durchbrechen und vielleicht sogar mit anderen Opfern in Kontakt zu treten. Schließlich ist man in einer Zeit, wo verbale Gewalt an den Schulen alltäglich ist, als Mobbingopfer leider nicht allein.