Islamismus = Re-Importierter Antisemitismus

Antisemitismus wird über muslimische Medien verbreitet, der Islam war aber dieser ursprünglich fremd und gelangte erst aus Europa in die arabischen Länder

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Auf YouTube oder Google Video lässt sich der antisemitische Propaganda-Film Sarahs blaue Augen mühelos herunterladen – ein palästinensisches Mädchen wird von israelischen Soldaten getötet, deren Augen aber werden transplantiert, damit ein jüdisches Mädchen wieder sehen kann. Das Ganze ist hierzulande auch auf DVD erhältlich. Der türkische Sender TV5 hat den iranischen Schmäh-Film sogar ausgestrahlt. Die Empörung darüber war in Deutschland ähnlich groß wie darüber, dass vor zwei Jahren auf der Frankfurter Buchmesse ein iranischer Verlag ungestraft die antisemitische Propagandaschrift „Die Protokolle der Weisen von Zion“ anbieten durfte. Wird Deutschland also von einer noch nie da gewesenen Welle islamisch-antisemitischer Propaganda überschwemmt? Werden dadurch vor allem junge Muslime massiv indoktriniert?

„Wir registrieren schon, dass antisemitische Stereotype gerade in den Schulen, in denen ein hoher Anteil von Schülern mit Migrationshintergrund besteht, verstärkt auftauchen“, sagt Juliane Wetzel vom Zentrum für Antisemitismusforschung in Berlin, das zusammen mit der Friedrich-Ebert-Stiftung die Tagung "Antisemitismus - Forschung und aktuelle Entwicklungen" organisiert hat. Die Vokabel „Jude“ werde immer häufiger als Schimpfwort benutzt, übrigens auch unter deutschen Schülern, wie sie betont. Aber daraus lasse sich nicht automatisch schließen, dass die muslimischen Jugendlichen ideologisch antisemitisch durchtränkt seien. Auch nicht jeder, der ein Hakenkreuz an die Tafel male, sei automatisch gleich ein Rechtsextremist. Es gehe um Provokationsmöglichkeiten und Reizwörter, die die Jugendlichen gerne, aber meist unbekümmert nutzten. Wichtig sei es, solche Vorkommnisse nicht zu bagatellisieren, sondern seitens der Lehrer zu thematisieren.

Immer wieder gebe es Berichte, dass junge Juden in Deutschland die staatliche Lehreinrichtung verlassen und auf eine private Schule wechseln müssen, weil sie die zunehmenden Beschimpfungen bis hin zu Attacken nicht mehr aushalten. „Schlimm ist es, wenn solche Vorkommnisse unter der Decke gehalten werden, damit der Ruf der Schule nicht leidet“, beklagt Wetzel.

Viel schwieriger zu kontrollieren ist hingegen das antisemitische Gedankengut, das außerhalb des Schulhofes kursiert. Da gibt es etwa die Hausaufgabe, sich im Internet über den Holocaust zu informieren. Die Schüler landen über Suchmaschinen neben seriösen immer häufiger auch auf dubiosen Domains. Schon seit 1995 sind die holocaustleugnenden Seiten von Radio Islam im Netz. Dahinter steckt der Marokkaner Ahmed Rami, der von Schweden aus sein islamistisches Gedankengut verbreitet. Besonders von Jugendlichen mit türkischer Herkunft wird der Muslimmarkt genutzt, eine Plattform für Partnersuche, Wohnungsangebote bis zu orientalischem Lebensmittelverkauf. Dort findet man auch die Rubrik „Palästina spezial“. Über Verlinkung gelangt man von dort etwa zur rechtsextremen Zeitung „Deutsche Stimme“ in Riesa.

Kurios ist dabei, dass gerade auf den Seiten von Muslimmarkt Aufrufe gegen Antisemitismus stehen. Großformatige Anzeigen verkünden: „Ich boykottiere Israel, aber nicht die Juden.“ Doch sollte man sich von dieser vermeintlichen Judenfreundschaft nicht verwirren lassen. Für Wolfgang Benz, Leiter des Berliner Zentrums für Antisemitismusforschung, steckt dahinter ein häufig zu beobachtendes Muster, das seiner Beobachtung nach immer wieder auch in sonst seriösen deutschen Medien wiederholt werde:

Wenn die Rede davon ist, dass Israel mit dem Abwehrzaun gegen palästinensisches Territorium das größte KZ der Welt errichte, wenn das Schicksal schwangerer palästinensischer Frauen beklagt wird, die bei stundenlangen Kontrollen des israelischen Militärs leiden müssen, wenn die Wahrnehmung auf das Leid palästinensischer Familien reduziert wird, der Terror gegen Israel aber ausgeblendet wird, dann ist das einseitige Parteinahme. Dazu werden die bekannten antisemitischen Stereotype benutzt, die alttestamentarische Rache, die anscheinend Bedürfnis der Juden sei oder die Unversöhnlichkeit des auserwählten Volkes.

Natürlich sei Kritik an der israelischen Politik grundsätzlich legitim, wenn sie denn differenziert und ohne Polemik gegen alles Jüdische daher komme.

Dabei ist dem Islam Antisemitismus ursprünglich fremd. Der religiös begründete Anti-Judaismus ist im christlichen Mittelalter verwurzelt. Seit Mitte des 19. Jahrhunderts manifestierte sich in Europa zudem die so genannte „Judenfrage“: Juden würden die heimliche Weltherrschaft anstreben und seien stets auf ihren ökonomischen Vorteil bedacht. Eine der Hauptprogramm-Schriften des europäischen Antisemitismus, die so genannten „Protokolle der Weisen von Zion“, wird heute nicht nur von rechtsradikalen, sondern auch von islamistischen Medien verbreitet. Mittlerweile könne man eine Art antisemitischen Re-Import alter europäischer Denkmuster beobachten, meint der Berliner Islamwissenschafter Jochen Müller, etwa auch via Satelliten-TV.

Zu nennen sind etwa radikalislamische Sender wie al Manar, der von der libanesischen Hisbollah gemanagt wird, der Kanal Iqra aus Saudi-Arabien oder eben das iranische Staatsfernsehen. Auch wenn die meisten der heute rund 200 Satelliten-Kanäle aus muslimisch geprägten Ländern vor allem unpolitische Daily Soaps, Musik und Spiele zeigen, so lassen sich auch von Deutschland aus durchaus auch andere Sendungen mit ideologischen Anliegen auf arabisch oder türkisch empfangen. Beliebt sind Fernsehübertragungen von Freitagspredigten, in denen immer wieder die klassischen antisemitischen Stereotypen in der Form von Israelkritik oder Antizionismus verbreitet werden. In Ramadan-Vorabendserien wird zur besten Sendezeit, wenn die gesamte Familie vor dem Fernseher sitzt, antisemitisches Material ausgesendet.

Berühmt ist zum Beispiel die Doku-Soap al-Shattat auf al Manar. Dort wird etwa das uralte Stereotyp des Ritualmordes kolportieret, im Judentum wird das Blut von nicht-jüdischen Menschen für rituelle Zwecke verwendet. In Frankreich und den Niederlanden wurde der Sender mittlerweile verboten (Fahrradfahrer haben sich dem Rechtsverkehr unterzuordnen). Al Manar sendet aber weiterhin von Ägypten aus. Vieles kommt aber nicht nur als plumpe Propaganda daher. „So gibt es auch seriös anmutende TV-Diskussionen, ohne Mullahs und des Islamismus verdächtige Bartträger, sondern mit westlich gekleideten Herren in Schlips und Kragen und mit Doktortiteln, die vergleichbare Stereotype und Verschwörungstheorien produzieren“, sagt Szenekenner Jochen Müller.

Dass antisemitische Propaganda über muslimische Medien quasi nach Europa zurückfließt, lasse sich nicht leugnen. Doch sei dies noch lange kein Massenphänomen. Inwieweit muslimische Jugendliche in Deutschland sich gezielt diese antijüdischen Medien suchen oder dadurch beeinflusst werden, sei aber bisher noch gar nicht wissenschaftlich erforscht, beklagt Müller.

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