Heiligendamm als Festung und ohne Sicherheitszaun

G8-Tagungsort Heiligendamm steht in Second Life Kritikern offen, während vor Gericht das Ausmaß der Demonstrationsverbote noch weiter geklärt wird

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Heute Morgen hat die Polizei den 12 km langen Sicherheitszaun aus Beton und Stahlgittern um den G8-Tagungsort in Heiligendamm dicht gemacht. Der gesamte Ort ist nun gesichert mit Stacheldraht, Bewegungsmeldern und Videokameras. Wenn die Tagung beginnt, werden den Sicherheitszaun, der zum Symbol auch der G8-Kritiker wurde, Tausende von Polizisten schützen. Wer eingeschlossen oder ausgeschlossen ist, ist Ansichtssache, das Bild von den Regierungschefs als einer "gated community" prägt allerdings den Gipfel, von dem zudem kaum mehr jemand inhaltliche Ergebnisse erwartet.

Das Verwaltungsgericht Schwerin hat zwar das großräumige Demonstrationsverbot um den Sicherheitszaun um Heiligendamm teilweise aufgehoben und nun auch Proteste am Flughafen Rostock- Laage zugelassen, wenn Tore, Straßen und Kreuzungen freigehalten werden. Ob das allerdings so bleiben wird, muss erst abgewartet werden, da die Polizei in beiden Fällen Beschwerde eingelegt hat. Das Oberverwaltungsgericht Greifswald wird heute über den Umfang der Demonstrationsverbote bei Heiligendamm entscheiden.

Ein gerade veröffentlichtes Urteil des Landgerichts Lüneburg kommt bei den Demonstranten gut an, die um Heiligendamm oder am Flughafen Blockaden als Form des "zivilen Ungehorsams" durchführen wollen. Ein Aktivist, der 2001 an einer Blockade gegen Castor-Transporte in Gorleben teilgenommen hatte, war von der Polizei drei Tage lang eingesperrt worden. Damit sollte eine erhebliche Gefährdung für die Allgemeinheit reduziert werden. Nach dem Gericht stellt die Teilnahme an einer Blockadeaktion aber nur eine Ordnungswidrigkeit dar, die eine längere Ingewahrsamnahme nicht rechtfertigt: "Der bloße Aufenthalt in einer Demonstrationsverbotszone" ist nicht "geeignet, etwa das Merkmal einer erheblichen Gefährdung der Allgemeinheit zu bejahen". Die „Kampagne Block-G-8“ kündigt nach dem Urteil an, "dass um den Tagungsort die Straßen mit Massenblockaden gesperrt werden sollen". Man erwarte mehr als 10.000 Menschen, die an den gewaltlosen Aktionen teilnehmen.

Die Polizei hat angekündigt, dass Blockaden nicht geduldet werden. Die Regierungschefs werden vom Flugplatz mit Hubschraubern zum Tagungsort geflogen, der übrige Tross muss aber über die Straßen nach Heiligendamm gelangen. 2005 hatten G8-Kritiker beim Gipfel in Gleneagles Störungen durch Blockaden verursachen können.

Der abgeschottete Tagungsort des G8-Gpifels ist Globalisierungskritikern in der virtuellen Welt zugänglich

Eines der Tagungsgebäude, die "Burg Hohenzollern", wurde in Second Life nachgebaut und soll in den kommenden Wochen G8-Kritikern als Platz zum Meinungsaustausch dienen, teilten die "Erbauer" des Internet-Tagungsortes, Made Höld und Christoph Schwarz, am Dienstag in Bad Wurzach (Baden-Württemberg) mit. Höld und Schwarz bieten unter dem Namen MadebyMade Komplettdienstleistungen rund um die Online-Erlebniswelt an.

Im Gegensatz zum realen Tagungsort gebe es um die virtuelle "Burg Hohenzollern" keine Einlassbeschränkung und keinen Zaun, so dass weltweit jeder Interessierte mit seinem Avatar freien Zugang hat. Höld und Schwarz haben den Tagungsort aus Solidarität mit den G8-Kritikern errichtet und bieten dort auch Informationen über den digitalen Polizeifunk sowie Möglichkeiten an, wie man vor dem Gipfel Bundesinnenminister Schäuble "unterstützen" kann. Unter der Anschrift oeconomica 67,41,31 kann sich jeder mit seinem Avatar das G8-Kritiker-Café anschauen. Unterschiede gibt es nicht nur bei den Sicherheitsbestimmungen, sondern auch bei der Beflaggung: Sind in der realen Welt auf den Gebäuden die Fahnen der acht beteiligten G8-Staaten gehisst, schmücken in Second Life die Fahnen der acht ärmsten Länder der Welt den Treffpunkt. (mit Inhalten von dpa)