Der geplante Terroranschlag

Eigentlich war der Plan, den Flughafen in New York zu zerstören, nicht realistisch, Geld und Sprengstoff haben gefehlt, aber es ist doch eine Top-Meldung

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In den USA wurde gestern vom FBI und dem US-Justizministerium auf einer Pressekonferenz mit dramatischen Worten die Festnahme einer Gruppe von Männern bekannt gegeben, die seit letztem Sommer einen großen Anschlag auf den John F. Kennedy International Airport geplant haben sollen. Die Meldung kurz vor dem G8-Gipfel, die durch alle amerikanischen Medien ging, dürfte Sicherheitspolitikern passend kommen, weil sie Maßnahmen gegen den auch hierzulande so bezeichneten "home grown"-Terrorismus und dessen Verbindungen ins Ausland rechtfertigt. Allerdings scheint auch dieser Anschlagsplan bislang mehr Fantasie der Beteiligten als wirkliche Gefährdung gewesen zu sein.

Nicht erst seit dem 11.9., aber für jeden seitdem deutlich, ist der Terrorismus auf der globalen Ebene zu einem Phänomen geworden, das Medienaufmerksamkeit und Prominenz der Tat für die Täter bereit hält, die alle bislang dagewesenen Anschläge überbieten. Den Geist des Terrorismus hat beispielsweise der bayerische Radiosender B5 verinnert, der seit 11.9. für seine Nachrichten wirbt, dass sich die Welt in fünf Minuten verändern kann. Tatsächlich haben die Terroranschläge vom 11.9. die Welt verändert, neue Kriege und Allianzen hervorgebracht, für Aufrüstung, Überwachung und Einschränkung der Bürgerrechte gesorgt, Feindbilder verhärtet und das Bild eines permanenten Krieges heraufbeschworen, der überall und mit jedem Mittel geführt werden muss und dem sich alles unterordnen muss. Mit einer lächerlichen Finanzierung und ein wenig logistischem Geschick haben eine Handvoll junger Männer, die allerdings zum Tod entschlossen waren, erreicht, was sie wollten: maximale Aufmerksamkeit und Wirkung, weil Politik und Medien bereitwillig mitspielten.

Kein Wunder, dass solche Erfolge, verstärkt durch die missliche Lage, in der sich die westlichen Truppen trotz ihrer Überlegenheit im Hindukusch und im Irak, wo die jeweiligen Länder verteidigt werden, befinden, einen Sog auslösen. Vermutlich werden überall auf der Welt von unzufriedenen, aufbegehrenden oder sich unterdrückt wähnenden Menschen, derzeit in aller Regel Muslime, die in ihrer meist wohl recht blassen Utopie einer globalen Ummah, vereint in einem muslimischen Welt- und Gottesreich, verwegene Terrorpläne ausgeheckt. Damit würde man sich ein blutiges Denkmal schaffen, sich in die Ranking-Liste der größten Attentäter eintragen, medialen Weltruhm erreichen und vielleicht auch als Märtyrer in der großen Schlacht gegen die "Kreuzfahrer" eingehen. Heute sind es eben nicht mehr die Feldherren und Generäle, sondern die Terroristen, die Ruhm erwerben, was auch früher nicht selten durch Brutalität geschehen ist.

The defendants are charged with conspiring to bomb one of the busiest airports in the United States, located in one of the most densely populated areas in the northeast – had the plot been carried out, it could have resulted in unfathomable damage, deaths, and destruction. But, thanks to the extraordinary efforts of law enforcement, the defendants’ plan never reached the operational stage, and the public was never at risk. We remain unwavering in our commitment to stop terrorist plots before they become terrorist acts and will spare no effort to secure the safety of the public.

US-Staatsanwältin Roslynn Mauskopf.

Terror Plot "One Of The Most Chilling Imaginable"

Die Mitwirkung der Medien – die Politik in Gestalt der US-Regierung einmal beiseite gelassen, der möglicherweise einen aufgedeckten Terroranschlag zu dieser Zeit gelegen kommt – lässt sich auch jetzt wieder schön beobachten. Ein Titel lautete beispielsweise: Terror Plot "One Of The Most Chilling Imaginable", etwa von der Süddeutschen Zeitungen dankbar übernommen: "Zerstörung wäre unvorstellbar gewesen". In gewohnter journalistischer Manier müssen die Ereignisse dramatisiert werden, weil die Aufmerksamkeit durch Neues und Einmaliges geweckt werden muss. Richtig hätte es wohl auch dieses Mal heißen müssen, dass die Anschlagsplaner weit entfernt davon waren, ihre Fantasien umsetzen zu können, zumal dies vermutlich auch technisch gar nicht möglich war. Aber damit ist keine große Story zu machen, weswegen nun auch nur vage Vorstellungen mangels home grown-Terroristen aufgebläht werden müssen, weil offenbar die zahllosen Anschläge und Kämpfe im weit entfernten Irak und in Afghanistan die Menschen vor den Bildschirmen nicht zu berühren scheinen.

Festgenommen wurden in New York Russell Defreitas, ein ehemaliger Frachtarbeiter vom J.F.K-Flugplatz, ein 63jähriger US-Bürger, der aus Guyana stammt, sowie in Trinidad Abdul Kadir, ein ehemaliger Parlamentsabgeordneter aus Guyana, und Kareem Ibrahim. Abdel Nur, ein weiteres Mitglied der Gruppe, ist noch auf freiem Fuß. Die Gruppe habe versucht, ihre Pläne radikalen Gruppen in Südamerika und in der Karibik zu unterbreiten, um eine Finanzierung zu erhalten. Kadir und Nur hätten Mitglieder der Terrorgruppe Jamaat Al Muslimeen (“JAM”) aus Trinidad gekannt. Herausgekommen ist bei den Finanzierungsbemühungen aber offenbar nichts.

Seit Januar 2006 wurde die Gruppe vom FBI überwacht. Man konnte sogar einen verdeckten Ermittler als Informanten einschleusen, der mit Defreitas nach Guyana und Trinidad reiste und zahlreiche Gespräche heimlich aufgezeichnet hat, wie man in der Anklageschrift nachlesen und sich gleichzeitig von der Unausgegorenheit der Pläne informieren kann. Danach wollte Defreitas den ganzen Flughafen zerstören und pries den Plan so an, dass die Anschläge auf die WTC-Türme seinen Plänen nicht einmal nahe kämen. Sie würden der amerikanischen Wirtschaft schwer schaden, viele Menschenleben kosten und das nationale Symbol Kennedy beschädigen: “Anytime you hit Kennedy, it is the most hurtful thing to the United States. To hit John F. Kennedy, wow .... They love John F. Kennedy like he’s the man ... If you hit that, this whole country will be in mourning. It’s like you can kill the man twice.”

Der Plan, der nicht mit al-Qaida verbundenen Terrorträumer, bestand offenbar darin, die Tanks und Pipelines für den Treibstoff der Flugzeuge in die Luft zu sprengen. Da die Pipelines zum Flughafen auch durch Wohngebiete gehen, hätte ein solcher Anschlag verheerende Auswirkungen haben können. Nur scheint es sich um eine Fantasie zu handeln, die die Terrorverschwörer auch gar nicht hätten umsetzen können, selbst wenn sie Geld und Sprengstoff gehabt hätten. Selbst eine Explosion eines Tanks am Flughafen, so ein Angestellter der Firma, hätte die Pipeline nicht in die Luft fliegen lassen. Laut New York Times hätten Mitarbeiter der Sicherheitsbehörden gesagt, es habe keine direkte Bedrohung des Flughafens gegeben. Macht nichts, für die Regierung, vertreten durch Mauskopf, steht fest, dass das Ergebnis des Anschlags unvorstellbar gewesen wäre, wenn man nicht beherzt eingegriffen hätte:

The devastation that would be caused had this plot succeeded is just unthinkable. The charges that were filed today give you a window into how these plots come about, how these plots are developed, how these plots have international connections, how this particular one spread from the United States, Brooklyn, New York, through Queens, J.F.K. Airport, abroad into Guyana and Trinidad.

Defreitas habe den Flughafen für die geplanten Anschläge ausgespäht. Allerdings gibt es offenbar nicht einhellig eine Meinung über die Fähigkeiten dieses Terroristen. Er sei, so ein Mitarbeiter der Sicherheitsbehörden, ein "sad sack" gewesen, kein "Grade A terrorist”. Ein anderer Ermittler sagte, es habe zwar eine glaubwürdige Absicht gegeben, einen Anschlag auszuführen, aber keinen ausführbaren Plan.