Computerwache

Die Website "Eyes on Darfur" liefert ab heute 18.01 Uhr MESZ hochauflösliche Satellitenbilder von Dörfern in Darfur.

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Eyes on Darfur soll sowohl Archivbilder als auch aktuelle Bilder zeigen. Auf den Archivbildern sind Objekte bis zu einer Größe von einem halben Meter erkennbar. Sie zeigen die Zerstörung von einem Dutzend Siedlungen in der westsudanesischen Provinz seit Ende 2004. Ein Masalit-Dorf namens Donkey Dereis etwa, ist auf den Aufnahmen von Ende 2004 noch vollständig intakt – auf dem zwei Jahre angefertigten Bild sind von den Betreibern der Website insgesamt 1.171 Häuser als vollständig zerstört eingestuft.

Donkey Dereis vor der Zerstörung

Die Zerstörungen sind unter anderem dadurch erkennbar, dass die nun unbewohnten Häuser und Höfe teilweise grün überwuchert sind. Neben Bildern von diesen Dörfern gibt es auch solche von Flüchtlingslagern, die sich nach der Stationierung einer afrikanischen Friedenstruppe in der Nähe der Kasernen bildete, und deren stetiges Anwachsen die Aufnahmen dokumentieren.

Was die Archivbilder betrifft, unterscheidet sich das Projekt nicht sehr vom vor zwei Monaten gestarteten Global Awareness Layer für Google Earth. Das neue an Eyes on Darfur ist, dass Computerbenutzern überall auf der Welt zusätzlich auch aktuelle Satellitenbilder zur Verfügung stehen sollen, die den Zustand von 16 bisher noch intakten Dörfern zeigen, welche Amnesty International als potentielle Ziele von Angriffen sieht.

Donkey Dereis nach der Zerstörung

Hinter der Website steckt die American Association for the Advancement of Science (AAAS). Sie dokumentierte unter anderem Menschenrechtsverletzungen in Guatemala und im Kosovo. Der letztgenannte Fall zeigt auch, wo die Problematik solcher Bilder liegt: Sie zeigen zwar Zerstörungen, aber nicht die Hintergründe.

Eines der 16 Dörfer unter Beobachtung ist die Zaghawa-Siedlung Malam el Hosh, im Zentrum eines begehrten Weidegebiets im trockenen Norden. Sie gilt als ein mögliches Ziel für Angriffe von Dschandschawid-Reitern. Was die Bilder nicht zeigen, ist, ob ein Angriff nicht möglicherweise auch deshalb erfolgt, weil die Einwohner arabischen Nomaden traditionelle Tränkerechte versperren, auf welche diese angewiesen sind. Malam el Hosh wird von der islamistischen (genauer: turabistischen) Zaghawa-Rebellengruppe Justice and Equality Movement (JEM) kontrolliert, die sich dem Friedensabkommen vom 5. Mai 2006 verweigert. Nach Angaben der AAAS-Sprecherin Suzanne Trimel ist der Brunnen seit 2003 für arabische Nomaden vollständig gesperrt. Früher kamen in der von Februar bis Juli andauernden Trockenzeit Nomaden aus der gesamten Umgebung mit ihren Herden – auch der bekannteste und wegen Kriegsverbrechen gesuchte Dschandschawid-Führer Musa Hilal. Doch nicht nur er, auch die Regierung des Sudan hat ein Interesse daran, das JEM von einer wirtschaftlichen Lebensader abzuschneiden und so leichter besiegen zu können.

Auf den Archivbildern ist nicht zu sehen, wer die Dörfer zerstört hat und welche Prozesse dazu führten. Dazu trägt auch der extrem unübersichtliche Frontverlauf bei: Die Rebellengruppen sind zerstritten und haben sich teilweise mit einzelnen Dschandschawid-Kommandos verbündet. Vor allem die Minnawi-Fraktion der SLA/M ist alles andere als ein Opferverband und wird selbst zahlreicher Gräuel beschuldigt – nicht nur an Arabern, sondern auch an von ihr besetzten Dörfern anderer ethnischer Gruppen, in denen sie mit Gewalt und Terror ihre "Kriegssteuern" eintrieb.

Flüchtlingslager bei Tawilla