Außer Spesen nichts gewesen

Die Finanzamts-Schnüffelsoftware XPIDER versagte laut Bundesrechnungshof auf ganzer Linie

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2003 hatte sie eBay-Verkäufer in Angst und Schrecken versetzt: Die "Suchmaschine" XPIDER, mit der die Finanzbehörden unversteuerte Veräußerungen im Internet aufspüren wollten. Vier Jahre später befand der Bundesrechnungshof nach einer Anfrage, dass das Programm außer der Verursachung von Kosten keine Auswirkungen hatte.

XPIDER sollte dem Bundesamt für Finanzen Daten zu "steuerlich nicht registrierten unternehmerischen Aktivitäten" liefern, die gesammelt und an die Landesfinanzbehörden weitergegeben werden sollten. Der Bundesrechnungshof stellte nun fest, dass es mit XPIDER "trotz mehrjähriger Datenrecherche" nicht gelang, "wirksam Personen zu identifizieren, die den Finanzbehörden Umsätze und Gewinne aus im Internet angebotenen Waren und Dienstleistungen verschwiegen haben." Zwar übermittelte XPIDER offenbar massenhaft Daten, aber die Quote der Fälle, die eine genauere Überprüfung rechtfertigten, lag nur im Promillebereich. Und bei keiner dieser Überprüfungen kam etwas heraus. Die gesammelten Daten waren laut Bundesrechnungshof "nicht schlüssig" und dadurch "nicht nutzbar."

Als XSPIDER 2003 eingeführt wurde, war praktisch alles an der Software "geheim". Nicht nur, wie sie funktioniert, wollte man beim Bundesamt für Finanzen damals nicht verraten, sondern auch, ab wann genau sie eingesetzt wurde. Der jetzt vorliegende Bericht des Bundesrechnungshofes lässt Spekulationen darüber zu, ob die damalige Geheimnistuerei nicht nur dem Zweck dienlich war, Umgehungsmaßnahmen von eBay-Verkäufern zu unterbinden, sondern auch dem, Behörden und Steuerzahler über die Fähigkeiten der Software möglichst im Dunkeln zu lassen.

Aber möglicherweise liegt der Misserfolg des Projekts nicht nur an der Qualität der Software allein, sondern auch an einer Fehleinschätzung der geschäftlichen Situation eines Großteils der Verkäufer bei eBay-Auktionen: Fälle, in denen Leute durch eBay-Verkäufe reich wurden, gab es offenbar eher in der Presse als in der Realität. Dafür finden sich häufig selbstausbeuterische Geschäftsmodelle, die bei einer realistischen Einbeziehung der Ausgaben nur sehr wenig oder gar keinen Gewinn abwerfen sowie Verkäufe von Sammlern und Privatleuten, die nur sehr bedingt steuerpflichtig sind. Der Fiskus stuft viele Privatverkäufe schon allein aus Eigeninteresse nicht als steuerpflichtig ein, weil er sonst auch die Verluste aus diesen Geschäften steuerlich anerkennen müsste. Und die dürften beim weitaus größten Teil der Internet-Verkäufe überwiegen. Jemand, der bei Ebay beispielsweise ein Stück Heiligendamm-Zaun versteigert, könnte dann auf die Idee kommen, seine Reise- und Unterkunftskosten steuerlich geltend machen.

Finanziell vielversprechender als die Überprüfung von eBay-Verkäufern wäre eventuell ein stärkeres Augenmerk auf den durch die EU möglich gemachten Vorsteuerbetrug innerhalb von Unternehmen oder die Versteuerung von illegalen Einkünften, etwa aus Geldwäsche oder aus Bestechung. Denn wie die Berliner CDU-Fraktion – und die müssen es wissen – auf ihrer Website darlegt, sind auch illegale Einkünfte steuerpflichtig. Dort dürfte die Hinterziehungsquote wesentlich höher liegen als bei eBay-Verkäufen.