Auch Iran reiht sich in die "Gated Nations" ein

Iran errichtet eine Mauer an der Grenze zu Pakistan, das selbst an der Grenze zu Afghanistan einen Grenzzaun errichten will

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Als Ende des letzten Jahrhunderts die Mauer zwischen Ost und West gefallen war, das Wettrüsten eingestellt wurde, die Wirtschaft boomte und das Internet seinen Siegeszug antrat, sah man eine Zeit des Friedens und Wohlstands heraufziehen und das Ende der Grenzen nahen. Es war ein kurzer Traum, dem spätestens die Anfang dieses Jahrhunderts ausgeführten Anschläge vom 11.9. ein Ende setzen, die allerdings eigentlich nur die Decke über mittlerweile bereits wieder neuen Interessen- und Machtverhältnisse und zugrunde liegenden Konflikten wegzogen. Dabei geht es nur an der Oberfläche um den Kampf der Kulturen, sondern um die neue Ordnung der Wohlstandsverteilung.

Seitdem werden neue Mauern errichtet, die nicht mehr nur Gebäude und Grundstücke, ganze Wohnanlagen und Stadtteile, sondern wie einst in China auch Regionen und Staaten vor Eindringlingen schützen sollen. Der Trend für den Rückzug hinter Mauern wurde unlängst durch die "technische Sperranlage", wie es im verschleiernden Politjargon heißt, in Heiligendamm noch einmal symbolisiert, auch wenn sie nur zeitweise für die "gated community" demokratisch gewählter, aber sich vor Protesten abschottenden Regierungschefs errichtet wurde.

Den "Gated Nations", die sich auf den Landgrenzen ganz oder teilweise wie Israel, Indien, die USA oder die EU, beispielsweise in Melilla und Ceute, mit Sicherheitszäunen und mit Hightech-Wällen abschließen, hat sich nun auch der Iran angeschlossen. Teheran hat im Mai damit begonnen, eine Mauer in der Länge von 700 km von Taftan nach Mand an der Grenze zu Pakistan zu errichten und damit schon mit Zäunen gesicherte Grenzabschnitte weiter zu schließen. Die Mauer mit einer Höhe von drei Metern und einer Breite von 1 Meter und einem parallelen Stacheldrahtzaun kommt in der Ausstattung allerdings bescheidener als die anderen "technischen Sperren" daher.

Die iranische Mauer an der Grenze zu Pakistan. Bild: Al-Dschasira-Video

Mit der Mauer will Teheran offiziell den lebhaften Schmuggel vor allem mit Waffen und Drogen unterbinden, der in dieser Region von beiden Seiten aus floriert, sowie illegale Grenzübertritte (Videobericht von Al-Dschasira auf YouTube). Allerdings verläuft sie mitten durch Belutschistan, eine unruhige Region, die vom Teheran nicht wirklich kontrolliert wird und in der es erst vor kurzem wieder einmal einen Anschlag auf iranische Soldaten gab, bei dem 11 Männer ums Leben kamen (Gestützt auf gesammelte Beweise). Ausgeführt hat ihn wohl die sunnitische Terroristengruppe "Dschundallah" (Jund Allah oder auch Tanzeem Jund Allah li-Mujaheedi al-Sunnah fi Iran), die mit al-Qaida verbandelt sein soll, vielleicht aber auch nur für ein Großbalutschistan kämpft, zu dem Teile in Iran, Pakistan und Afghanistan gehören. Das iranische Regime, dem gerade von amerikanischer Seite, beispielsweise von US-Verteidigungsminister Gates, unterstellt wird, die Taliban mit Waffen zu versorgen, hatte die US-Regierung beschuldigt, die Terrorgruppe zumindest indirekt zu unterstützen, um so den Iran zu destabilisieren (Auch Iran hat "Beweise").

Allerdings scheint es unwahrscheinlich, dass die iranische Regierung die sunnitischen Taliban direkt unterstützt, da diese einst mit der pakistanischen Regierung verbunden waren. Teheran hatte die Opposition, z.B. die Nordallianz, gegen das Taliban-Regime und bislang die Karsai-Regierung unterstützt. Noch immer leben fast eine Million afghanischer Flüchtlinge in Iran, die man gerne wieder nach Afghanistan zurückschicken würde und dies auch teils mit Abschiebungen macht. Dass Iran allerdings ebenfalls wie die USA mit vielen Karten spielt, weil im Irak und im Afghanistan US-Militär vermutlich für längere Zeit stationiert werdehn sollen, dürfte auf der Hand liegen. Zudem nutzt Teheran die Konflikte zwischen Pakistan und Afghanistan, da ein Großteil des afghanischen Außenhandels nun nicht mehr über Pakistan, sondern über den Transit durch den Iran erfolgt. Der Iran ist auch eines der Länder, die am meisten Aufbauhilfe für Afghanistan gegeben haben.

Die pakistanische Regierung hat allerdings sehr viel größere Schwierigkeiten mit dem östlichen Teil von Belutschistan. In der Provinz mit der Hauptstadt Quetta, in der überwiegend Belutschen und Paschtunen leben, dominieren islamistische Parteien und liefern sich nationalistische Widerstandsbewegungen, allen voran die Belutschische Befreiungsarmee (BLA), teils auch mit den Taliban verbündete militante Gruppen Kämpfe mit den Sicherheitskräften oder führen Anschläge aus. Sie wollen größere Autonomie oder Unabhängigkeit erreichen, während Pakistan Opposition mit Militärgewalt klein zu halten versucht. Pakistan selbst will zumindest teilweise die Grenze zu Afghanistan mit einem Zaun aus Stacheldraht verschließen, um Aufständische abzuhalten, von oder nach Afghanistan zu gelangen. In Waziristan wurde mit der Errichtung bereits begonnen. Pakistan fordert dazu mehr Geld von den USA, die auf genauere Grenzüberwachung dringen und den Bau der Mauer befürworten.

Die afghanische Regierung protestiert, weil damit eine noch ausstehende Einigung über den Grenzverlauf vorentschieden werde. Es kam deswegen auch schon zu ersten Gefechten zwischen afghanischen und pakistanischen Soldaten. Auch die Parteien im pakistanischen Belutschistan, das auch an Afghanistan grenzt, sprechen sich gegen den Sicherheitszaun aus. Die Opposition verlangt den unmittelbaren Baustopp an der iranischen Mauer, die mit der Berliner Mauer verglichen wird, und fordert den Rücktritt des Gouverneurs, der dies nicht verhindert hat.

Das pakistanische Außenministerium hat, wie die iranische Nachrichtenagentur IRNA berichtet, keine Einwände gegen die Grenze. Iran habe das Rechte, eine Mauer zu bauen und die Löcher an der Grenze zu schließen. Durch Balutschistan führte auch die geplante Pipeline von Iran über Pakistan nach Indien.