Endspurt für Private Equity?

Während Banken und professionelle Investoren bei der Finanzierung von Unternehmensübernahmen bereits etwas zurückhaltender werden, setzen die PE-Fonds zum Endspurt an und versuchen an den Börsen noch einmal kräftig Kasse zu machen. Dabei scheinen sie jetzt von Wien bis New York auf eine Milchmädchen-Hausse zu setzen.

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Bis vor kurzem war das oft hochprofitable Geschäft mit Firmenübernahmen einem elitären Kreis professioneller Anleger vorbehalte und der Zugang – wie bei Hedge Fonds – in vielen Ländern für kleine Privatanleger sogar gesetzlich gesperrt. Seit rund zwei Wochen notiert nun mit der Blackstone Group (fünf Monate nach dem ersten Hedge Fonds Fortress) die erste große Buy-out Firma an der New Yorker Börse; und die legendäre KKR von Henry Kravis, die gerade zum zweiten Mal Übernahme-Rekordhalter wurde, will demnächst folgen. Von Blackstone wurde um vier Milliarden USD jedoch keine Aktien, sondern so genannte "Partnership Units" verkauft, die kaum Mitspracherechte über Management und Strategie einräumen (nach Blackstone-Angaben aus steuerlichen Gründen). Die Börsenbeteiligung erfolgt überdies auch nicht an den Übernahmeprojekten, sondern an der Management-Holding. Aber immerhin werden diese bislang durchaus profitablen Unternehmen jetzt erstmals jedem Anleger frei zugänglich.

Die Öffnung erfolgt vermutlich am Höhepunkt eines Booms, der vor zwei Jahren begonnen hat und den Buy-out-Unternehmen laut der Informationsagentur Dealogic einen Anteil von gut einem Drittel am heuer bereits rund 1000-Milliarden USD schweren US-Übernahmemarkt eingebracht hat. Während das Übernahmefieber weiter am Kochen ist – Blackstone machte letzte Woche ein Angebot für die Hotelgruppe Hilton und am 30. Juni kündigte Providence Equity Partners die $48.8 Milliarden-Übernahme von Bell Canada an, den größten "Leveraged Buyout" in der Geschichte –, ist die Blackstone-Emission dem Vernehmen nach nur auf bescheidene Nachfrage gestoßen und notiert an der Börse seither zumeist unter ihrem Ausgabepreis. Das hält KKR vorerst aber nicht davon ab, sich in den kommenden Wochen 1,25 Mrd. USD an Eigenkapital von der Börse holen zu wollen. Etliche andere große PE-Fonds haben – so wie zuletzt auch etliche Hedge Fonds - angekündigt, ebenfalls die Gunst der (vielleicht späten) Stunde nutzen.

Interessant dabei ist, dass die Börsengelder nicht in die Unternehmen gesteckt werden sollen – dazu sind die Summen angesichts der heute für Übernahmen bezahlten Preise wohl ohnehin zu gering - sondern sie sollen fast zur Gänze in die Taschen der Alt-Eigentümer fließen.

Aber nicht nur an der Wall Street werden die Investoren hektisch um ihr Geld für Buy-out-Fonds gebeten, auch in Europa entwickeln einzelne Unternehmen hektische Aktivitäten. Den Vogel scheint dabei die Meinl International Power (MIP) abschießen zu wollen. Mit 1. August sollen 75 Millionen Aktien zu je 10 Euro an der Wiener Börse notieren, was einen Gesamterlös von 750 Millionen Euro bringen soll. Aber während die US-Firmen wenigstens auf eine ertragreiche Vergangenheit verweisen können, hat MIP bloß die Idee, Kraftwerk- und Energiebeteiligungen in Osteuropa zu erwerben. Da für Unternehmen ohne Geschäftstätigkeit an der Börse aber zumeist wenig zu holen ist, hat man sich vorerst ein glorioses Pensionisten-Management zusammen gekauft.

Als Alarmsignal könnte man hier werten, dass die Wiener Bank sich genötigt sah, Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser als Zugpferd zu engagieren. Jörg Haiders ehemaliger Finanzminister und Milliardärsgatte wollte ursprünglich bei einer internationalen Investmentbank unterkommen, scheint in der Hochfinanz ansonsten aber offenbar schwer vermittelbar zu sein. Das könnte vielleicht mit seiner mangelnden Fachkompetenz begründet sein, da die Erfolge seiner Amtszeit vor allem auf eigenem Marketing, nicht aber auf seinen sachlichen Leistungen basierten, worüber sich Ökonomen und internationale Wirtschaftspresse einig sind. Zur Seite gestellt werden ihm daher noch zwei weitere Galionsfiguren der E-Wirtschaft: Hans Haider, bis letztes Jahr fast allmächtiger Ex-Chef des größten österreichischen Stromkonzerns Verbund, und der langjährige Chef von E.on Energie, Hans-Dieter Harig.

Der MIP-Fonds soll dem von derselben Privatbank aufgelegten Fonds "Meinl European Land" nacheifern, der heftig in osteuropäische Immobilien investiert hat und knapp fünf Jahre nach seiner Einführung und zehn Jahre nach seiner Gründung auf einen Börsenwert von 6,4 Mrd. Euro kommt. Noch immer über keine Objekte verfügt indes der Meinl-Fonds "Meinl Airports", der vor einem Jahr gegründet wurde und in Flughäfen der Region investieren sollte. Seine eingeworbenen 700 Millionen Euro sind, wie der österreichische Börsenexpress meldet, laut Meinl-Vorstand Robert Kofler am Geldmarkt geparkt und mit den Zinserträgen können immerhin die laufenden Kosten von monatlich zwei Millionen Euro finanziert werden.

Ob Grasser bei institutionellen Investoren punkten kann, sei dahingestellt. Seine Popularität bei bestimmten Teilen des österreichischen Volkes ist aber nach wie vor unbestritten. So wie auch am Höhepunkt des dot.com-Booms die Börse von Neuemissionen überschwemmt wurde, denen vor allem Privatanleger zugetan waren, könnte Meinl planen, mit Grasser in bester Tradition einer "Milchmädchen-Hausse" vor allem unbedarfte Anleger anzusprechen. Wäre dies zudem auch die Zielgruppe der US-Firmen, dann dürfte das Ende des Private Equity Booms jedenfalls nicht mehr lange auf sich warten lassen.

Die Finanzierungsbereitschaft von Banken und institutionellen Investoren, die dank Niedrigzinsen auf ihrer Jagd nach Renditen zuvor keine Grenzen zu kennen schien, hat zuletzt jedenfalls nachgelassen. Zwar soll etwa der bereits hoch verschuldete PE-Fonds Carlyle die Finanzierung seines £5,6 Milliarden Buy-outs von Virgin Media angeblich recht problemlos aufgestellt haben, in anderen Fällen hatten sich Investoren zuletzt aber verweigert und die Finanzierungen vorerst den Banken überlassen.

Laut Standard & Poor’s sind im ersten Halbjahr 77 Prozent der direkten US-Buy-out-Finanzierungen (302 Mrd. USD) von den Banken an institutionelle Investoren weitergereicht worden, und das mehrheitlich in der Form von Kreditderivaten (Collateralised Loan Obligations), die aus den Cashflows der übernommenen Unternehmen bedient werden sollen. Diesen droht nun womöglich ein Schicksal ähnlich der Kreditderivate, die mit den Zahlungen aus minderwertigen Hypotheken (subprime) unterlegt sind und jüngst stark an Wert verloren haben. So vergab bei der 7,2 Mrd.-Dollar-Übernahme von US-Foodservice durch KKR und Clayton, Dublier & Rice ein Bankenkonsortium einen Überbrückungskredit von 3,6 Mrd. Dollar, der über den Anleihemarkt an Investoren weiterverkauft werden sollte. Laut „Wall Street Journal“ blieben die Banken aber auf dem Paket sitzen.

Bloomberg zufolge haben in den vergangenen Wochen zudem mehr als ein Dutzend Private Equity-Unternehmen ihre Kreditvorhaben abblasen müssen, und selbst Marktführer wie KKR mussten ihren Geldgebern deutlich bessere Konditionen und Sicherheiten einräumen als bis vor kurzem noch üblich. Außerdem meldet Bloomberg, dass laut Standard & Poor's der Anteil von so genannten "Covenant-lite Debt", bei denen man ohne die bei Risiko-Anleihen üblichen rechtlichen und vertraglichen Sicherungen auskommt, an den insgesamt begebenen Hochzinsanleihen von 44 Prozent noch im Mai auf 29 Prozent im Juni verringert habe. Der britische Telegraph berichtet sogar, dass die Londoner Banken diese sogar vollständig eingestellt hätten, nachdem Mervyn King, der Gouverneur der Bank of England die „Flut an Kreditarrangements ohne die traditionellen Verpflichtungen" (Convenants) massiv kritisiert hatte.

King las am 20. Juni beim traditionellen Mansion House Dinner, bei dem der Londoner Bürgermeisters die "City" und Politiker vom Kanzler abwärts einlädt, den Finanzmanagern die Leviten: Es sei unmöglich, die Risiken der neuen komplexen Kreditprodukte mit ausreichender Präzision einzuschätzen, bemerkte King. Die Wahrscheinlichkeit, dass die gesamten Erträge verloren gingen, sei jedenfalls wesentlich höher als bei einfacheren Produkten. Es sei, wie es schon immer war: „Höhere Erträge kommen auf Kosten höherer Risiken.“