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Schwulenhatz und Steinigungen im Iran

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Erneut sollen im Iran Homosexuelle wegen ihrer sexuellen Neigung hingerichtet werden. Nach einem Bericht des schwulen Online-Magazins Queer sollen in Kürze mehr als 20 Männer wegen „Vergewaltigung, der Beleidigung der Religion und Homosexualität" von Staats wegen ermordet werden. Hintergrund ist ein so genannter Feldzug für die Moral, bei dem alleine im Mai über 1.000 Männer aus meist sozial schwachen Gegenden festgenommen wurden.

Gesetzesgrundlage liefert dafür das 1979 von Ayatollah Khomeini wieder eingeführte islamische Recht, die Scharia, die für homosexuelle Handlungen die Todesstrafe vorsieht. Nach Angaben von Menschenrechtsorganisationen sollen seitdem mehr als 4.000 Homosexuelle im Iran hingerichtet wurden sein, darunter auch Jugendliche, wie der 16-jährige Mahmoud Asgari und der 18-jährige Ayaz Marhoni, die am 20. Juli 2005 an einem Baukran öffentlich gehängt wurden (siehe auch amnesty: Iran: Violations of human rights continue unabated).

Trotz dieser menschenverachtenden Schwulenhatz wird dieses Thema in der bundesdeutschen Öffentlichkeit weitgehend ignoriert. Und auch unter Schwulen selbst macht sich eine befremdliche Doppelmoral breit. Zwar ist bekannt, dass der Islam – ähnlich wie das fundamentalistische Christentum - grundsätzlich homophob orientiert ist, dafür liefern der Koran, die Scharia und Aussagen prominenter Geistlicher und Politiker genügend Beispiele. So erklärte beispielsweise nach einem Bericht von Hagalil der in Europa als moderat geltende iranische Ex-Präsident Mohammad Khatami am 10. September 2006 auf einer Veranstaltung an der Harvard Kennedy School Of Government, dass der Islam sehr wohl die Todesstrafe kenne und dass diese Strafe für Homosexualität vorgesehen sei. Diese Strafe, erläuterte Khatami, sei die Antwort auf Gewalt oder Abweichung innerhalb der Gesellschaft, und ohne solch eine Antwort könne eine Gesellschaft nicht reibungsfrei funktionieren.

Gleichzeitig blüht der schwule Sextourismus in den islamischen Ländern des Maghreb. Das hat nun der prominente schwule Pornostar und –produzent Michael Lucas öffentlich in der Zeitschrift Jungle World mit drastischen Worten kritisiert:

Die Männer, die in diese Länder fahren, um sich ficken zu lassen, profitieren davon, dass die Männer dort daran gehindert werden, heterosexuellen Sex zu haben, bevor sie verheiratet sind. Damit würden sie ihr Leben aufs Spiel setzen. Diese europäischen Schwulen bilden sich ein, diese Länder seien zu einem bestimmten Grad schwulenfreundlich, weil sie sich dort ficken lassen können. Wenn jemand damit zufrieden ist, sich wie eine Ziege benutzen zu lassen, finde ich das bemitleidenswert.

Eine bizarre Vorstellung, ein bizarrer Vorgang: Islamische Männer, die vor der Ehe keinen Sex haben dürfen, benutzen schwule Europäer also als eine Art Ziegenersatz. Während diese dann wiederum hinterher behaupten, so Lucas, dass diese Länder nicht homophob seien. „Sie merken nicht, wie sie verachtet werden, wenn sie die Frauenrolle spielen.“

Aber immerhin leisten sich die Länder des Maghreb noch eine Spur von Liberalität - im Unterschied zum Iran, wo nicht nur Schwule gehängt, sondern auch heute noch Steinigungen an der Tagesordnung sind. So wurden erst vor wenigen Tagen der 47-jährige Jafar Kiani zusammen mit seiner Freundin, der 43-jährigen Mokarameh Ebrahimi, wegen Ehebruchs öffentlich gesteinigt – „unter der Mithilfe von hunderten Menschen, darunter auch der Richter, der die Strafe aussprach“. Auch die EU protestierte. Und weitere Steinigungen sollen nach Aussagen aus Regierungskreisen in den nächsten Tagen folgen. Willkommen in der Steinzeit!