Britisches Innenministerium will Gendatenbank massiv ausbauen

Großbritannien hat schon die weltweit größte Gendatenbank, nun sollen nach den Wünschen der Regierung Genproben auch auf der Straße bei kleinen Vergehen genommen werden können

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Schon länger hatten britische Polizisten gefordert, die DNA-Datenbank zu erweitern. Es wurden bereits Wünsche laut, Genprofile von allen Menschen in Großbritannien abzunehmen und so auch den genetischen Fingerabdruck schon von Neugeborenen abzunehmen. Die britische Regierung hat der Polizei schon weitgehende Möglichkeiten gegeben, DNA-Proben von verdächtigen Straftätern zu nehmen, auch wenn sie nur des "antisozialen Verhaltens" bezichtigt werden (Ein weiterer Schritt zu einer umfassenden nationalen Gendatenbank). Damit hat Großbritannien die weltweit größte Datenbank. Jetzt denkt man im Innenministerium darüber nach, sie noch einmal drastisch zu erweitern.

Die Datenbank enthält um die 3,4 Millionen Datensätze, so dass sie schon die Genprofile von 5 Prozent der Bevölkerung enthält, darunter auch von vielen, die unter Verdacht geraten waren, aber frei gesprochen wurden. Zudem enthält sie die Genprofile von einem Drittel der männlichen Schwarzen. Allein letztes Jahr kamen fast 550.000 neue Profile hinzu. Jede Minute wird das Genprofil eines weiteren Menschen in die Datenbank aufgenommen.

Baroness Kennedy, die Vorsitzende der Human Genetics Commission, hat eine öffentliche Anhörung über die Praxis angekündigt, von jedem, der von der Polizei festgenommen wird, ohne dessen Zustimmung ein Genprofil anzulegen. Es sei sehr schwierig oder gar unmöglich, nach der jetzigen Gesetzeslage durchzusetzen, dass das Genprofil von denjenigen, die nicht angeklagt wurden oder denen man keine Straftat nachweisen konnte, wieder aus der Datenbank entfernt wird. Eine Anhörung darüber, ob dies wirklich für die Strafverfolgung notwendig ist, sei deswegen wichtig, weil angesichts der Erfolge bei der Verbrechensaufklärung die Nutzung der genetischen Information weiter zunehmen werde.

Das Innenministerium beabsichtigt, die Abnahme des genetischen Fingerabdrucks massiv zu erweitern. Nach den Plänen sollen DNA-Proben von Verdächtigen, die nur kleiner Vergehen beschuldigt werden, neben Fotografien und Finger- und Fußabdrücken auch schon auf der Straße genommen werden können. Wer nicht angeschnallt mit dem Auto fährt oder Abfall auf die Straße wirft, könnte dann schon für immer in die Datenbank geraten. Der Zweck sei, so heißt es in einem Papier des Innenministeriums, damit besser Straftäter identifizieren und Datenbanken durchsuchen zu können.

Nick Clegg, der innenpolitische Sprecher der Liberalen, kritisiert den schnellen Ausbau der Gendatenbank. Seiner Meinung nach werde der "Marsch in den Überwachungsstaat" damit zu einem "überstürzten Rennen", da man anscheinend die Genprofile von möglichst vielen Menschen, "unabhängig von Schuld oder Unschuld", sammeln möchte.