Mugabe auf Schäubles Spuren

Simbabwe führt Telekommunikationsüberwachung ein - allerdings weit weniger umfassend als Deutschland

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Simbabwes Präsident Robert Mugabe setzte letzte Woche den "Interception of Communications Act" in Kraft, das es den "Sicherheitsbehörden" erlaubt, Telefon- und Internetverbindungen zu überwachen. Die beiden Parlamentskammern von Simbabwe hatten dem Gesetz bereits im Juni zugestimmt.

In Simbabwe gibt es zwischen 3- und 400.000 Festnetzanschlüsse sowie zwischen 4- und 500.00 Mobiltelefone. Etwa 100.000 Menschen warteten auf einen Anschluss. Die Internet-Infrastruktur besteht aus jeweils einem internationalen digitalen Gateway in Harare und in Gweru, zwei Satelliten-Downlinks, sechs Providern und 7.954 Internet-Hosts. Insgesamt nutzen dort etwa eine Million Menschen das Internet.

Das Gesetz erlaubt der Polizei aber auch dem Militärgeheimdienst, dem "Amt für Nationale Sicherheit", und den Steuer- und Zollbehörden die Überwachung der Telekommunikation. Dafür soll eine Zentrale eingerichtet werden, für die das Gesetz ebenfalls die juristischen Grundlagen schuf. Telekommunikationsanbieter sind in Zukunft - wie in Deutschland - verpflichtet, dass ihre Dienste zu jeder Zeit mit den Abhörmaßnahmen harmonieren.

Zimbabwe teilt sich in die Mehrheitsbevölkerung der Shona und etwa 1/5 Ndebele, die sich unter ihrem Anführer Mzilikazi im frühen 19. Jahrhundert von den Zulu trennten, nach Norden wanderten und die Shona unterwarfen. Ende des 19. Jahrhunderts wurde das Land unter dem Vorwand einer humanitären Intervention kolonisiert. Cecil Rhodes nutzte eine grausame Strafaktion König Lobenguelas gegen die Shona als willkommene Gelegenheit, das Gebiet dem Herrschaftsbereich seiner British South Africa Company einzugliedern.

Mugabe regiert das Land seit 1980. Der Shona konnte sich im Kampf um das koloniale Erbe gegen den Ndebele Joshua Nkomo durchsetzen. Während Nkomo von der Sowjetunion präferiert wurde, förderten die USA und China Mugabe. Die 1980er Jahre prägte das Land ein Bürgerkrieg zwischen den beiden Volksgruppen.

Der vom Westen gestützte Mugabe, der die Einführung des Cricket-Spiels als größte Errungenschaft der Kolonialzeit ansah, bewies wirtschaftspolitisch allerdings kein unbedingt glückliches Händchen. In den 1990er Jahren wanderten deshalb viele Simbabwer ins benachbarte Südafrika aus und ein altes Ndebele-Sprichwort aus dem 19. Jahrhundert begann erneut zu kursieren:

"Woza sibuyele Kwazulu, abantu mefa bekulupele" - "Heimkehren möchte ich nach Zululand, wo die Menschen wohlbeleibt sterben".

Aus dem Büro von Misheck Sibanda, dem Generalsekretär des Präsidenten und des Kabinetts, drang die auch für deutsche Ohren bekannte Information, dass mit dem Gesetz die Sicherheit gestärkt und Verbrechen bekämpft werden sollen.

Obwohl die Begründungen für die Überwachungsgesetze stark an die der Vorratsdatenspeicherung erinnert gibt es doch einige gravierenden Unterschiede:

Im Mugabe-Regime ist vor der Überwachung beim Minister für Transport und Kommunikation eine Genehmigung einzuholen, für die ein "begründeter Verdacht" ("reasonable suspicion") bestehen muss, gegen die Anordnung der Überwachung steht der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten offen, und für in unrechtmäßigen Überwachungen gewonnenes Material besteht ein Beweisverwertungsverbot.

Die Vorratsdatenspeicherung in Deutschland ist dagegen wesentlich umfassender als die Überwachungsmaßnahmen in Simbabwe: Sie muss nicht erst einzeln angeordnet werden, sondern stellt alle Bürger unter Generalverdacht. Und während der "Interception of Communications Act" nur den Zugriff bei "subversiven" Aktivitäten und organisierter Kriminalität erlaubt, soll auf die durch Vorratsdatenspeicherung gewonnenen Daten auch bei Bagatelledelikten zugegriffen werden dürfen.

Gleichzeitig mit dem "Interception of Communications Act" trat der "Suppression of Foreign and International Terrorism Act" in Kraft. Auch ihn hatte die beiden Parlamentskammern von Simbabwe bereits im Juni abgesegnet. Er macht - wie auch in Deutschland geplant - die Ausbildung in ausländischen Terrorcamps zur Straftat. Andere Änderungen (wie etwa die Rekrutierung für solche Camps und der Waffenbesitz für solche Zwecke) stehen in Deutschland bereits unter Strafe.