Energiesparlampen mit Haken

Baubiologen und Umweltmediziner fordern die Einführung eines Grenzwertes für hochfrequente Strahlung von Energiesparlampen

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Anlässlich des seit geraumer Zeit diskutierten Verbots von Glühbirnen fordert eine österreichische Umweltorganisation einen Grenzwert für hochfrequente Strahlung von Energiesparlampen. Denn die zweifelsohne energieeffizienten Leuchtquellen, die derzeit am Markt erhältlich sind, haben aus umweltmedizinischer Sicht bedenklich hohe Strahlungswerte. Einen Grenzwert wie etwa für PC-Monitore gibt es bis dato nicht. Die EU hätte hier Handlungsbedarf, meint Dr. Peter Kurz von der österreichischen Umweltberatung. Er will auch mehr Engagement von der Wirtschaft sehen. Die Branche solle stärker in die Forschung für strahlungsärmere Varianten investieren. Darüber hinaus sei die Abfallfrage bei einer flächendeckenden Einführung von Energiesparlampen noch nicht gelöst, so der Umweltexperte.

Die Energiesparlampe ist grundsätzlich eine ganz feine Sache. Denn sie wandelt einen Großteil der Energie tatsächlich in Licht um, während eine normale Glühbirne den Löwenanteil der Energie in die Produktion von Wärme steckt. Dadurch verbraucht die Energiesparlampe im Vergleich zur Glühbirne bis zu 80 Prozent weniger Energie. In der EU-weiten Diskussion um das sogenannte Glühlampenverbot wünscht sich der Baubiologe Dr. Peter Kurz von der österreichischen Organisation die umweltberatung jedoch eine differenziertere Diskussion. „Es sollten nicht nur Energieaspekte sondern auch die gesundheitlichen Aspekte stärker mit einbezogen und gewichtet werden“, so Kurz im Telepolis-Gespräch.

Derzeit wird ein Abstand von mindestens 1,5 Metern zwischen Körper und Lampe empfohlen, um dem elektromagnetischen Feld auszuweichen. „Dieser Abstand ist zum Beispiel nicht gegeben, wenn unsere Kinder neben der Schreibtischlampe ihre Aufgabe machen oder wenn wir im Schein der Nachttischlampe lesen. Daher ist der Einsatz von Energiesparlampen für diese Bereiche, in denen wir uns lange ganz nahe an der Lichtquelle aufhalten, aus gesundheitlichen Gründen nicht zu empfehlen“, warnt Kurz. Für ihn steht dabei der Vorsorgeaspekt im Vordergrund.

Die derzeit am Markt erhältlichen Energiesparlampen würden bedenkliche Werte hochfrequenter Strahlung aufweisen. Kurz verweist auf einen Test der Stiftung Warentest (Magazin1/2006). Dabei wurden nahezu alle gängigen Energie-Sparlampen getestet und erstmals neben technischen Kennwerten wie Lebensdauer; Schaltfestigkeit, Helligkeit usw. auch die hochfrequente elektromagnetische Strahlung gemessen. Fazit: Im Abstand von 30cm (z.B. Nachttisch- oder Schreibtischlampe) liegen alle untersuchten Lampen über dem TCO-Grenzwert für PC-Monitore (10 Volt pro Meter in 30 cm Abstand),der in Ermangelung eines eigenen Grenzwertes für Lampen herangezogen wurde.

Auch das österreichische Pendant zur deutschen Stiftung Warentest fand hohe Werte bei den getesteten Leuchtmitteln. In der eigenen Zeitschrift Konsument (Nr.3/2006) heißt es dazu:

Alle Energiesparlampen überschritten im Abstand von 0,3 Metern gemessen den TCO-Richtwert von 10 Volt pro Meter um das 2,5- bis 6,5-fache. Erst ab 1,5 Metern Abstand lagen alle Lampen unter diesem Wert. Zwar konnten bisher keine Gesundheitsrisiken nachgewiesen werden, aber genauso wenig ist belegt, dass keine bestehen. Wer auf Nummer sicher gehen möchte, sollte Energiesparlampen nur in Wand- oder Deckenleuchten verwenden oder wenn ein Mindestabstand von etwa 1,5 Metern eingehalten wird.

Konsument 3/06

Das Problem ist seit langem bekannt. So führte Wolfgang Maes, ein Baubiologe und Experte für Elektrosmog, bereits vor mehr als 10 Jahren Messungen durch und stellte dabei Werte „wie unter einer Hochspannungsleitung“ fest. Seither hat es zwar Verbesserungen gegeben, aber seine jüngsten Erhebungen fallen auch noch nicht eben beruhigend aus. 2005 fand er bei Messungen (Öko-Test 3/2005) der elektrischen und magnetischen Feldstärke in 30cm Abstand zu Energiesparlampen immerhin noch bis zu 10- bis 20-fach höhere Werte, als laut TCO Norm für Bildschirme zugelassen sind. Experten wie Maes und Kurz stellen sich langsam die Frage, warum die Industrie in der Lage ist, komplizierte Computer so auszustatten, dass sie die Umwelt wenig belasten, „aber bei einer einfachen Lampe“ das nicht gelingt.

Technisch ist es sicher machbar, Energiesparlampen soweit abzuschirmen, dass sie in allen Anwendungsbereichen kein gesundheitliches Risiko mehr darstellen. Mir ist es wichtig, dass das Thema jetzt diskutiert und mehr Druck auf die Industrie gemacht wird, in die Forschung zu investieren. Wenn die Glühlampe einmal verboten ist, wird sich die Industrie wohl kaum mehr bewegen.

Peter Kurz

Die Industrie wolle offensichtlich zusätzliche Kosten vermeiden. Und auf politischer Ebene wird das Problem so gut wie nicht diskutiert. Das Ökologiebewusstsein gilt inzwischen auch unter Politikern als schick und medientauglich. Selbst ansonsten in Gesundheitsfragen recht sensible Grün-Politiker setzen sich massiv für das Aus der Glühbirne ein. Das Strahlungsproblem findet kaum Erwähnung in der öffentlichen Diskussion.

Von EU-Seite sollten nach Meinung des Baubiologen Dr. Peter Kurz verbindliche EU-weite Grenzwerte für Strahlungsemissionen von Energiesparlampen, ähnlich den TCO-Richtwerten für PC-Monitore eingeführt werden.

Dazu ist die Forcierung der Forschung in Richtung energiesparender und gesundheitlich unbedenklicher Lampen notwendig, wobei Energiesparlampen und technische Weiterentwicklungen der Glühlampe wie die Infra-Red-Coating-Lampen und auch die LED-Technologie gleichermaßen berücksichtigt werden sollten.

Peter Kurz

Rein rechtlich greift derzeit primär die EU-Richtlinie zur Energieeffizienz von energiebetriebenen Produkten. Die sogenannte EuP-Rahmenrichtlinie (2005/32/EC - Energy using products directive) hat zum Ziel, eine Ressourcen schonende, insbesondere energieeffiziente, Produktgestaltung durch geeignete politische Instrumente zu unterstützen. Durch eine Harmonisierung der rechtlichen Rahmenbedingungen sollen Wettbewerbsverzerrungen innerhalb der EU vermieden und die Umweltwirkungen energiebetriebener Produkte reduziert werden.

„Nach der EuP-Richtlinie zur Energieeffizienz von energiebetriebenen Produkten müssen bis 2010 Mindest-Effizienzstandards auch für Lampen festgelegt werden. Als Beitrag zur Diskussion hat die Industrie nun Vorschläge vorgelegt, die Mindest-Energieeffizienz von Glühbirnen bis 2015 schrittweise zu erhöhen - und ab 2015 alle traditionellen Glühlampen zu verbieten“, erklärt die österreichische Umweltberatung. „Es würde sich anbieten gleichzeitig auch ‚Mindest-Gesundheitsstandards’ d.h. Grenzwerte für hochfrequente Strahlung einzufordern“, schlägt die Organisation einen ganzheitlicheren Ansatz unter Berücksichtigung von Gesundheitsaspekten vor.

Die gesundheitlichen Folgen von Elektrosmog werden seit Jahren kontrovers diskutiert. Insbesondere bei Handys wurde und wird breit öffentlich diskutiert. Dabei gehen andere Alltagsgeräte wie eben die Energiesparlampe oder stark strahlende Schnurlostelefone (Ladestation) oft im öffentlichen Bewusstsein unter. Auch wenn viele mögliche gesundheitliche Risiken derzeit nicht eindeutig wissenschaftlich belegt werden können, sind zahlreiche Mediziner skeptisch. Auch die Fälle von Elektrosensibilität steigen, berichten viele Ärzte aus der eigenen Praxis. Dr. Gerd Oberfeld, Umweltmediziner des Landes Salzburg und Referent für Umweltmedizin der Österreichischen Ärztekammer rät insbesondere Eltern, Vorsicht walten zu lassen. In einem Spezialmagazin hält er fest:

Radiowecker und CD-Player erzeugen starke Magnetfelder. Nachttisch- und Klemmlampen geben starke elektrische Felder ab. Dieser Elektrosmog stresst den Organismus, besonders in der lebenswichtigen Schlafphase. Energiesparlampen strahlen zusätzlich Hochfrequenz aus.

Experten stehen aus oben angeführten Gründen einer vorschnellen flächendeckenden Einführung (Birne vom Aussterben bedroht) von Sparlampen sehr kritisch gegenüber. Dass eine Umstellung so schnell gelänge, bezweifeln übrigens auch Hersteller.

Ich vermute, dass es selbst in Australien wo man die Glühbirne schon in den nächsten Jahren verbieten will, länger dauern wird. Abgesehen von der Strahlungsproblematik gibt es noch eine Reihe anderer ungelöster technischer Fragen. Beispielsweise dauert es ein wenig, bis die Lampe aufleuchtet – und ganz ehrlich, in einem Stiegenhaus brauche ich gleich Licht und möchte nicht im Dunklen warten müssen. Das spezifische Farbspektrum von Energiesparlampen wird auch von Geschäften häufig abgelehnt, denn das Licht anderer Lampen bringt die Farben von Gegenständen und Waren in Schaufenstern wesentlich besser zur Geltung als die Energiesparlampe.

Aus Sicht der Umwelt stellt sich aber auch noch ein weiteres ungeklärtes Problem, gibt Kurz zu bedenken:

Die Abfallfrage ist nicht geklärt. Wir haben - anders als bei der herkömmlichen Glühlampe - in der Sparlampe Quecksilber und andere Schwermetalle, die nicht in den Hausmüll gehören. Hier sollte ein verpflichtendes Einsatzsystem angedacht werden. Sonst stehen wir plötzlich vielleicht noch vor einem Schadstoffproblem.

Energiesparen mit der Sparlampe klingt einfach und logisch. Ganzheitlich betrachtet, besteht aber noch eine ganze Menge an Klärungs- und Forschungsbedarf, bevor diese Form der Energieeffizienz auch gesundheitlich und umweltpolitisch als unbedenklich eingestuft werden kann. Für den Verbraucher wären klare Richtlinien und Kennzeichnungen als Orientierungshilfe wünschenswert, zumal andere Studien wieder kaum Strahlung geortet haben.

Ein Gutachten (PDF), das die Gutachten der Technischen Hochschule in Zürich, kam 2004 zu folgendem Ergebnis:

Im Rahmen des BFE-Programms "Elektrizität" wurden die elektromagnetischen Felder in der nahen Umgebung von Energiesparlampen – mit Blick auf eine mögliche Beeinflussung der menschlichen Gesundheit – gemessen. Die Ergebnisse und unsere Empfehlung lassen sich wie folgt zusammenfassen:

  1. Energiesparlampen erzeugen – wie alle elektrischen Geräte –elektrische und magnetische Felder.
  2. Funktionsbedingt setzt sich die Strahlung von Energiesparlampen aus niederfrequenten 50 Hz-Feldern und höherfrequenten Feldern bei der eigentlichen Betriebsfrequenz von ca. 30–60 kHz zusammen.
  3. Wegen des Fehlens von verbindlichen Normen für Lampen wurden verwandte Normen als Orientierungshilfe verwendet. Weiter wurden als zusätzliche Vergleichshilfe andere Geräte des Alltags gemessen.
  4. Die Energiesparlampen halten die Grenzwerte der inzwischen für andere Haushaltsgeräte gültigen Norm EN50366 deutlich ein.
  5. Energiesparlampen bewegen sich mit ihrer Abstrahlung ganz im Rahmen anderer Geräte des Alltags und sind diesbezüglich nicht auffällig.
  6. Bezüglich des Magnetfeldes werden die Grenzwerte deutlich unterschritten: der Anlagegrenzwert für niederfrequente Magnetfelder 100fach, der ICNIRP-Grenzwert für hochfrequente Magnetfelder 300fach (Messdistanz jeweils: 30cm). Mit einer einzigen Ausnahme werden sogar die sehr ehrgeizigen und für Lampen eigentlich nicht direkt anwendbaren schwedischen TCO-Empfehlungen eingehalten.
  7. Bezüglich des niederfrequenten, elektrischen Feldes werden die ICNIRP-Grenzwerte mehr als 500fach unterschritten. Die TCO-Empfehlungen sind bei niederfrequenten elektrischen Feldern so streng (bei Bildschirmen sind die Felder gut abschirmbar), dass diese von vielen Geräten und Installationen im Alltag nicht eingehalten werden. Die Energiesparsparlampen sind im Vergleich dazu jedoch nicht auffällig.
  8. Energiesparlampen können weiterhin ohne Bedenken als Mittel zur Reduktion des Energieverbrauchs zur Anwendung empfohlen werden.