Anhaltender Krieg in Afghanistan verursacht schwere Umweltschäden

Auch in Afghanistan steigt die Zahl der zivilen Opfer des Kriegs; Zerstörung der letzten Wälder, die sich ausbreitende Wüste oder die Versalzung des Bodens sind andere Aspekte der seit fast 30 Jahren dauernden Kämpfe

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Seit April sind nach einem Bericht der UN mehr als 1000 Zivilisten in den Kämpfe zwischen Aufständischen und afghanischen sowie internationalen Truppen getötet worden. Die Zahl habe sich in den letzten beiden Jahren verdoppelt, wobei die Hälfte auf das Konto der Aufständischen und die andere auf das der afghanischen und internationalen Truppen gehe. Viele Menschen haben ihre Häuser verloren, Kinder können nicht mehr in die Schule gehen, Erwerbsmöglichkeiten wurden zerstört und viele Menschen vertrieben, sagte Walter Kalin, der Beauftragte des UN-Genrelsekretärs für die Menschenrechte von Binnenflüchtlinge. Obgleich viele Gebiete aus Sicherheitsgründen für Hilfsorganisationen unzugänglich sind, schätzt Kalin, dass es mindestens 80.000 Binnenflüchtlinge gibt, die meist unter schrecklichen Bedingungen leben. Durch die gerade stattfindende US-Militäroperation in der Nähe von Tora Bora wurden wieder mindesten 400 Familien vertrieben, berichtet der UN-Nachrichtendienst IRIN. Der andauernde Krieg verursacht aber auch große, möglicherweise langfristige Umweltschäden für die 29 Millionen Afghanen, was bislang kaum in den Blick kam.

Fast 30 Jahre lang befindet sich Afghanistan nun im Krieg. 1979 marschierte die sowjetische Armee in das Land ein, um die kommunistische Regierung gegen die Gotteskrieger, die gegen die Säkularisierung kämpften, zu unterstützen. Die US-Regierung schlug sich schnell im Kalten Krieg auf die Seite der Feinde der Feinde und unterstützte mit der Hilfe des pakistanischen Geheimdienstes und Saudi-Arabiens die Mudschaheddins. Nachdem die Sowjetunion nach schweren Verlusten 1989 der afghanischen Falle durch Rückzug entflohen ist, brach ein Bürgerkrieg aus.

Der Bürgerkrieg wurde Mitte der 90er Jahre weniger heftig, nachdem die Taliban 90 Prozent des Landes erobert hatten. Die Hauptstadt Kabul war praktisch zerstört. Die Taliban setzten ihren Gottesstaat durch, Kämpfe gab es noch zwischen der Nordallianz und dem Rest des Landes. Aus den von den USA und Saudi-Arabien geförderten und in Pakistan geschulten und mit Waffen ausgestatteten Mudschaheddin wurde nun die Kampftruppe von Bin Laden, die sich nach der "Befreiung" Afghanistans die Befreiung des gesamten islamischen Raums vom Westen zum Ziel setzten, um einen globalen Gottesstaat zu errichten, der die ganze Ummah umfasst. Die islamistische Befreiungsideologie wurde von den Konflikten in Tschetschenien, in Kaschmir und in Palästina genährt, aber auch von den mit dem Westen kooperierenden und von diesem gestützten autoritären Regime in den arabischen Ländern.

Der fast dreißigjährige Konflikt hat zu schweren Umweltschäden des Landes geführt. Der seit 2001 geführte asymmetrische Krieg hat die Situation weiter verschlechtert. Nach einem Bericht des afghanischen Landwirtschaftsministeriums bestehe die Gefahr, dass 80 Prozent des Landes durch Bodenerosion beschädigt werden könnte:

Die Fruchtbarkeit des Bodens nimmt ab, die Versalzung des Bodens steigt an, der Grundwasserspiegel ist dramatisch gesunken, die Verwüstung erstreckt sich über weite Flächen und Erosion durch Wasser und Wind sind weit verbreitet.

Nach Abdul Rahman Hotaky, Vorsitzender der afghanischen Organistaion für Menschenrechte und Umweltschutz (AOHREP), spielen neben dem Krieg und den dadurch verursachten Vertreibungen sich ausbreitende Dürreperioden, Missbrauch der natürlichen Ressourcen, schwache Zentralregierung und eine fehlende Umweltpolitik eine Rolle.

In den letzten 20 Jahren sind 70 Prozent der Wälder verschwunden, so Hazrat Hussain Khauri, der Direktor der Forstabteilung des Landwirtschaftsministeriums. 1980 waren noch 19.000 Quadratkilometer der Gesamtfläche von 652.000 Quadratkilometern von Wald bedeckt. Jetztv drohe Afghanistan eine vollständige Zerstörung der Wälder. Das habe vielfältige Folgen, beispielsweise werden die Auswirkungen von Naturkatastrophen wie Überschwemmungen oder Erdrutsche häufiger und schlimmer.

Genauso sieht es mit dem landwirtschaftlich genutzten Land aus. Auf 50 Prozent der Fläche wurde in den letzten 20 Jahren nichts mehr angebaut. Die Wüste hat sich in vielen Teilen des Landes ausgebreitet, vor allem im Süden und im Südwesten. Weder die Regierung noch die verarmten Bauern hätten die Mittel, den Vormarsch der Sanddünen aufzuhalten. Büsche und andere Pflanzen, die früher als natürlicher Schutz wirkten, seien von den Menschen als Brennholz zerstört worden. Die schrumpfenden Anbauflächen verstärken die Armut im Land. Während die Bevölkerung wächst, ist die landwirtschaftliche Produktion in den letzten Jahren um 50 Prozent zurückgegangen.