Stahlblechschrank mit Sicherheitsschloss

Wie die Bundesopiumstelle Anträge auf Behandlung mit Cannabis prüft

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1999 bestätigt eine Studie des Institute of Medicine an der National Academy of Sciences die Wirksamkeit von THC. Mittlerweile wird Cannabis unter anderem bei Glaukomen, Migräne, Multipler Sklerose, Morbus Crohn, Ekzemen und chronischen Schmerzen eingesetzt. Darüber hinaus kann die Substanz auch die Nebenwirkungen von Chemotherapien mildern.

Seitdem wird die Substanz, deren Verbot umstrittenen ist, von immer mehr Gesetzgebern und Behörden für den medizinischen Einsatz zugelassen. Allein in den letzten Monaten traten in New Mexico, Rhode Island und Vermont Regelungen in Kraft, welche Genehmigungen für medizinisches Marihuana erlauben beziehungsweise die Erlaubnis erheblich ausweiten.

Vor kurzem genehmigte auch die Bundesopiumstelle nach einer Bearbeitungszeit von eineinhalb Jahren erstmals die Abgabe und Lagerung von medizinischem Marihuana für eine an multipler Sklerose erkrankte 51-jährige Softwareentwicklerin, nach dem die Kranke und ihr Arzt der Behörde nachwiesen, dass andere Therapien nicht griffen. Die Genehmigung wurde vorerst für ein Jahr erteilt. Während dieser Zeit darf sich die MS-Kranke einen Monatsbedarf an "standardisierten Cannabis-Extrakt" kaufen – aber nur in einer Apotheke.

Wir fragten Dr. Wilhelm Schinkel von der Bundesopiumstelle zum Prüfverfahren in Deutschland:

Herr Dr. Schinkel – wie viele Anträge liegen der Bundesopiumstelle derzeit auf Zulassung von Cannabis für medizinische Zwecke vor?

Dr. Wilhelm Schinkel: Ganz grob ca. 50.

Und wie viele Leute bearbeiten die Fälle?

Dr. Wilhelm Schinkel: Wir haben einen medizinischen Sachverständigen, den wir zur Prüfung der ärztlichen Gutachten einschalten. Ansonsten bin ich das selber, als wissenschaftlicher Mitarbeiter – mit ein bisschen Hilfe von der Verwaltung.

Welchen fachlichen Hintergrund haben Sie als wissenschaftlicher Mitarbeiter?

Dr. Wilhelm Schinkel: Ich bin Pharmazeut.

Und der Sachverständige ist Arzt?

Dr. Wilhelm Schinkel: Der medizinische Sachverständige ist selbstverständlich Mediziner.

Sonst werden keine Sachverständigen eingeschaltet?

Dr. Wilhelm Schinkel: Im Bedarfsfall schalten wir auch Juristen ein.

Welche Kriterien sind für die Entscheidung über einen Antrag auf Zulassung von Cannabis maßgeblich?

Dr. Wilhelm Schinkel: Zum einen die Bedingungen, wie sie vom Betäubungsmittelgesetz vorgegeben werden. Das heißt, nach §3 Abs. 2 BtmG, dass eine Erlaubnis für so genannte nichtverkehrsfähige Betäubungsmittel, dazu gehört das Cannabis, nur ausnahmsweise zu wissenschaftlichen oder anderen im öffentlichen Interesse liegenden Zwecken erteilt werden darf.

Dazu hat das Bundesverwaltungsgericht in einem Urteil vom Mai 2005 ausgeführt, dass im Einzelfall durchaus auch das Individualinteresse eines Patienten im öffentlichen Interesse liegen kann, wenn zum Beispiel der Patient mit den herkömmlichen Therapien und den zugelassenen Arzneimitteln austherapiert ist und keine Hilfe mehr von dieser Seite erwarten kann.

Dann kann, soweit durch die Behandlung mit Cannabis eine deutliche Verbesserung seiner Symptomatik zu erwarten ist, die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung durchaus ins Auge gefasst werden.

: Findet dann eine Abwägung statt?

Dr. Wilhelm Schinkel: Ja natürlich, der Arzt muss ja auch eine Nutzen-Risiko Abschätzung im Rahmen seines Gutachtens machen und den möglichen oder erhofften Nutzen abschätzen gegen die Missbrauchsgefahr bei Cannabis und die möglichen gesundheitlichen Risiken.

Und es kommen natürlich andere Bedingungen aus dem Betäubungsmittelgesetz zum Tragen, wie zum Beispiel die, dass jeder Teilnehmer am Betäubungsmittelverkehr seine Betäubungsmittel auch gesichert aufzubewahren hat.

Und da wird dann abgestuft, ob es ein Apotheker beziehungsweise Pharmahersteller ist, oder ein Patient der ja in der Regel nur einen Monatsbedarf bei sich aufbewahrt. Zumindest wird eine Sicherung erwartet, die zumindest eine schnelle Wegnahme durch Besucher in der Privatwohnung verhindern kann.

Also ungefähr das Äquivalent zu einem Waffenschrank?

Dr. Wilhelm Schinkel: Ich weiß jetzt nicht wie so ein Waffenschrank genau aussieht, da habe ich keine Erfahrungen, aber was wir erwarten, ist, dass es zumindest ein Stahlblechschrank ist mit einem Sicherheitsschloss ist - also nichts Gewaltiges.