Schutz vor Pfändung

Die Bundesregierung will mit dem Gesetzentwurf zum "P-Konto" die Situation von verschuldeten Menschen verbessern. Verbraucherverbände fordern allerdings wesentlich mehr Schutzrechte

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Wer von einer Kontopfändung betroffen war, der ist oft doppelt geschädigt: Nach bisherigem Recht ist das Bankkonto vollständig blockiert. Anfallende Zahlungsgeschäfte des täglichen Lebens wie Daueraufträge für Miete, Energiekosten und Versicherungen können so nicht mehr abgewickelt werden. Schuldnerverbände beklagten schon lange die Folgen für die Betroffenen. Ihnen droht die Kündigung von Versicherungen und Abonnements - unter Umständen verlieren sie gar die Wohnung. Denn heute ist es häufig nicht mehr so einfach, die Miete bar zu bezahlen.

Bisher konnte man diese unangenehmen Folgen nur verhindern, wenn man einen Pfändungsschutz vor Gericht erwirkte. Diese Methode war jedoch zeitaufwendig - und kostete auch Geld

Die Bundesregierung will jetzt die Rechte von Menschen mit Gläubigerforderungen verbessern. Bundesjustizministerin Brigitte Zypries stellte am Mittwoch in Berlin den Gesetzentwurf für ein pfändungssicheres Konto vor.

Danach können Kontoinhaber bei ihren Banken künftig einen Antrag auf ein pfändungssicheres Konto, ein so genanntes "P-Konto", stellen. Auf diesem kann ein Betrag von 985,15 Euro freigestellt werden, der für die Gläubiger gesperrt bleibt.

Die Summe von 985,15 Euro entspricht der Freigrenze bei der Pfändung von Arbeitsentgelt. Hat der Inhaber gesetzliche Unterhaltspflichten, erhöht sich der Betrag um 370 Euro für die erste unterhaltspflichtige Person und um je 206 Euro für jede weitere Person.

Damit soll gewährleistet sein, dass jedem Schuldner trotz Pfändungsverfahren so viel Geld übrig bleibt, dass er seinen „existenziellen Lebensbedarf“ weiter decken kann, erläuterte die Ministerin, die auch einen Zeitplan für die Einführung des pfändungssicheren Kontos vorstellte: Am 9. Novembersoll das Gesetz in den Bundestag eingebracht werden. Das Abstimmungsprozedere und die notwendigen Zustimmung des Bundesrats werden einige Wochen in Anspruch nehmen. Und nach der Verabschiedung sollen die Banken noch 6 Monate Zeit bekommen, sich auf die Veränderungen "einzustellen". Klappt alles, dann soll die Regelung Mitte nächsten Jahres in Kraft treten.

Lob und Kritik von Verbraucherverbänden

Johann Tillich vom Verein für Existenzsicherung e.V., der auch von Pfändungen betroffene Menschen berät, sieht in dem Gesetz einen Fortschritt. Allerdings müsse die Umsetzung genau überprüft werden. Auch der Bundesvorstand der Verbraucherzentralen begrüßte in einer Pressemitteilung das Gesetz, bemängelte allerdings, dass die zeitliche Befristung der Pfändungen gestrichen wurde. Im Referentenentwurf war noch eine Pfändungsbegrenzung auf 90 Tage vorgesehen. Die wurde allerdings nach Kritik von Gläubigerverbänden und der Justiz aus dem Gesetzentwurf entfernt. Unklar ist auch, wie hoch die Gebühren für die Einrichtung des pfändungssicheren Kontos sein dürfen. Auf Nachfragen musste Zypries einräumen, dass diese Frage noch strittig ist. Ursprünglich sollte das P-Konto kostenlos sein.

Girokonto für Alle

Die Verbraucherzentrale moniert, dass Verbraucher keinen gesetzlichen Anspruch auf ein P-Konto erhalten. Sie können ihr Konto lediglich auf ein P-Konto umstellen. "Hiervon profitieren Verbraucher, die jetzt ohne Konto sind, überhaupt nicht. Der vzbv fordert daher weiterhin ein Recht auf ein Konto mit Basisfunktionen zu fairen Kontoführungsgebühren" erklärt Gerd Billen dazu.

Die Verbraucherverbände erinnerten noch einmal an ihre alte Forderung nach einem gesetzlichen Anspruch eines Girokontos für alle. Nach Ansicht der Bundesjustizministerin kommt man diesem Ziel mit dem P-Konto ein Stück näher. Allerdings nur ein Stück: Noch immer verfügen etwa eine halbe Million Haushalte in Deutschland über kein eigenes Konto. Dem stehen 39,2 Millionen Haushalte mit Konto gegenüber.

Anders als die Verbraucherverbände setzt Zypries in dieser Frage weiterhin auf die "Selbstverpflichtung" der Banken. Man wolle, so Zypries, den jährlichen Bericht an den Bundestag über die Umsetzung dieser Selbstverpflichtung abwarten, bevor man eine gesetzliche Regelung erwäge. Da diese auch mit anderen Ressorts abgesprochen werden müsse, sei damit aber nicht so schnell zu rechnen.