Die EU will das Unmögliche

Durch milliardenschwere Subventionen sollen Überwachungsprogramme mit "sozial akzeptablen Lösungen hinsichtlich Bürgerrechten und Privatsphäre" entwickelt werden

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Im neu eingerichteten "European Security Research and Innovation Forum" (ESRIF) sollen Politiker, Beamte, Lobbyisten, Geschäftsleute und andere "Stakeholder" Pläne diskutierten, die laut Skandalkommissar Günter Verheugen. "unsere Gesellschaften fundamental verändern" können. Er und sein Kollege Franco Frattini von der Berlusconi-Partei Forza Italia stellten das Forum am symbolträchtigen 11. September vor, während die potentiell Betroffenen draußen demonstrierten - allerdings nicht gegen ihre Überwachung.

EU-Kommissar Verheugen: Überwachungsstaat mit menschlichem Antlitz. Bild: europarl.europa.eu

Durch das Forum wolle man, so Verheugen, mit der Öffentlichkeit in einen "tragfähigen Dialog" über den "Preis" der Freiheit eintreten. Eine Wortwahl, die in mehrerlei Hinsicht passender war, als wahrscheinlich vom EU-Kommissar beabsichtigt.

Ein Plenum von 50 bis 70 Personen soll eine "zufriedenstellende" Vertretung aller "Stakeholder" ermöglichen, die dann relativ abgeschirmt vom Lichte der Öffentlichkeit Pläne entwickeln und Gelder verteilen. Die Teilnehmer werden von den Mitgliedsstaaten nominiert, welche bisher freilich keine Anstalten machten, auch ernsthaften Überwachungskritikern Sitze einzuräumen. Doch selbst wenn dies noch geschähe, würde die deutliche Mehrheit in dem nicht gewählten und nicht demokratisch legitimierten Gremium, die dann auch den Vorsitzenden bestimmt, aus Politikern, Bürokraten und Industrievertretern bestehen.

In zwei auf jeweils sieben Jahre ausgelegten EU-Rahmenprogrammen ("FP7") sollen 2,135 Milliarden Euro Steuergelder an die "Sicherheitsindustrie" ausgeschüttet werden.

Insgesamt laufen derzeit 15 Projekte: ISOTREX (Integrated System for Online TRace EXplosives detection in solid and vapour state) soll eine Art automatischen Hund entwickeln, der Sprengstoff im Handgepäck erschnüffelt, BioTesting Europe soll die biometrischen Merkmale in den EU-Pässen prüfen und standardisieren (da sonst "enorme Risiken hinsichtlich Effizienz, Sicherheit, und Bequemlichkeit" drohen würden), mit HAMLeT (HAzardous Material Localisation and person Tracking) sollen Systeme für das Aufspüren verdächtiger Personen in Menschenmengen entwickelt werden und STACCATO stellt sich als eine Art Sicherheitstechnologie-Marktforschungsinitiative dar.

Das Projekt mit der bemerkenswertesten Beschreibung nennt sich i-TRACS. Damit sollen Reisen, Kommunikationsvorgänge und Finanztransfers überwacht werden – mit "sozial akzeptablen Lösungen hinsichtlich Bürgerrechten und Privatsphäre".