"Ein Rezept für ein Desaster"

In einem Bericht äußert der UN-Berichterstatter für das Recht auf Nahrung seine "große Besorgnis, dass der Biosprit zu einem Hungersog" führt

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Ende Oktober will der UN-Berichterstatter für das Recht auf Nahrung der Vollversammlung einen Bericht vorlegen, der auf den Zusammenhang zwischen der steigenden Zahl der Hungernden und der massiven Produktion von Kraftstoffen aus Nahrungsmittelpflanzen hinweist.

Die spanische Nachrichtenagentur EFE hat Zugang zu dem Bericht des Schweizers Jean Ziegler erhalten, worin dieser von gravierenden Auswirkungen spricht, welche die Produktion von so genanntem Biosprit haben kann. Die ohnehin hohe Zahl der Hungernden würde demnach noch stärker steigen, weshalb Ziegler seine "große Besorgnis" äußert, dass der "Biosprit zu einem Hungersog" führe. "Die schnelle Idee, Nahrungsmittel wie Mais, Weizen, Zucker oder Palmen in Kraftstoff zu verwandeln, ist ein Rezept für ein Desaster", zitiert EFE aus dem Bericht.

Der Berichtererstatter macht sich die Argumente zueigen, mit denen er schon zuvor UN-Energy vor den Gefahren der exzessiven Produktion von Biosprit gewarnt hatte (Die Vereinten Nationen warnen vor exzessivem Einsatz von Biosprit). "Es besteht eine ernste Gefahr, dass es zu einer Schlacht zwischen Nahrungsmitteln und Kraftstoffen kommt, welche die Armen und Hungernden in den Entwicklungsländern der Willkür der schnell steigenden Preise für Nahrungsmittel, Land und Wasser aussetzt.. Die Produktion von Biosprit werde die Preise weiter steigen lassen, was den Ärmsten den Zugang zu Grundnahrungsmitteln verwehre, weil sie schon jetzt den größten Teil ihres Einkommens für die Ernährung aufwenden müssten. Dazu käme die Gefahr, dass zahllose Menschen von ihrem Land vertrieben werden, um großflächig Energiepflanzen anbauen zu können. Das könne zu einem Anstieg von Arbeitsverhältnissen auf Zuckerrohrplantagen führen, die der Sklaverei ähnlich seien.

Ohnehin haben die steigenden Preisen längst auch die Erste Welt erreicht und zu ersten Krisen, wie in Mexiko, geführt. So ist es eigentlich keine Überraschung, wenn der Bericht anführt, dass die Zahl der Hungernden steigt und inzwischen bei 854 Millionen Menschen angelangt sei. Sechs Millionen Kinder sterben jährlich an Hunger oder an Krankheiten, die mit der Unterernährung in Verbindung stünden. Damit sei deutlich, dass es keinen Fortschritt bei den UN-Millenniumszielen gebe. 200 Staaten hatten sich darauf verpflichtet, die "globale Armut" bis 2015 zu halbieren.

Ziegler betrachtet nach Angaben von EFE den Biosprit als Möglichkeit, dem Klimawandel zu begegnen, auch wenn es inzwischen Hinweise darauf gibt, dass sogar das Gegenteil der Fall sein könnte (Verstärkt das Umsatteln auf Biosprit die Klimaerwärmung?). Allerdings fügt er an, dass es "inakzeptabel" sei, dafür die Ernährung von Menschen zu gefährden.

Der Bericht schlägt ein Moratorium über fünf Jahre vor, in denen die aktuelle Produktion von Biosprit nicht erhöht werden soll, "um Technologien und Regulierungsstrukturen zu entwickeln, die vor den negativen Auswirkungen für die Umwelt, die Gesellschaft und die Menschenrechte" schützen sollen. Insgesamt müsste der Konsum von Kraftstoffen verringert und neue Technologien für die Produktion von Biosprit entwickelt werden, um die Konkurrenz zwischen Nahrungsmittel- und Energiepflanzen zu verringern.