Sensibler Jäger der Schwarzen Löcher

NASA-Weltraumteleskop NuStar startet nun doch ins All, um Schwarze Löcher aufzuspüren - Starttermin: 2011

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Grünes Licht für das kostengünstige Röntgen-Weltraumteleskop NuSTAR, das Schwarze Löcher mit 500-Mal größerer Empfindlichkeit aufspüren kann als jedes bislang existierende im Röntgenbereich operierende Instrument. Das im letzten Jahr aus finanziellen Gründen gekippte Projekt soll 2011 mit einer Pegasus-Rakete ins All gehievt werden.

Dunkle Energie, Dunkle Materie, Schwarze Löcher – die dunklen Schattenseiten des Universums haben vielleicht astronomisch prägnante Namen, sind aber bislang noch von keinem Vertreter dieser Disziplin direkt gesichtet oder gemessen, geschweige denn fotografiert worden. Es sieht so aus, als hätten sich diese spukenden unförmigen finsteren Ungestalten mit Absicht ein schwarzes Gewand umgehangen, um sich vom restlichen Universum abzusondern, sich einer direkten Observation zu entziehen.

Schwarzes Loch. Bild: Nasa

Gestohlenes Lebenselixier

Auf Schwarze Löcher trifft dies im Besonderem zu, weil sie fatalerweise ausgerechnet dem Universum selbst das "Lebenselixier" – sprich Materie und Energie – entziehen. Dies derart gierig, dass sie alles, was ihnen zu nahe kommt, auf Nimmerwiedersehen verschlingen.

Überrest eines Sterns, der vor mehreren Milliarden Jahren in der Milchstraße explodierte. Auch in seiner „Nähe“ existieren Schwarze Löcher, die sich gleichwohl nicht so farbenfroh zu erkennen geben. Bild: NASA, The Hubble Heritage Team (STScI/AURA), Y.-H. Chu (UIUC), S. Kulkarni (Caltech) and R. Rothschild (UCSD)

Obwohl Schwarze Löcher, die aus massereichen sterbenden Sternen geboren werden und im Verlaufe ihres Daseins jegliche Form von Materie und Energie aufsaugen, nur indirekt via Röntgen-, Infrarotlicht oder mittels ihrer starken Gravitation auf sich aufmerksam machen, wissen Astronomen, dass diese unsichtbaren Objekte, die im Universum in allen Größenklassen vorkommen, dort beileibe keine Seltenheit sind. Hierzu zählt auch das "Biest" im Zentrum unserer Galaxis Sagittarius A* (Sgr A*), das nach derzeitigem Forschungsstand ein supermassives Schwarzes Loch mit einer Masse von ca. 3,7 Millionen Sonnenmasse ist.

Keine fliegenden unbekannten Objekte, vielmehr ein Bild im Röntgenbereich vom Zentrum unserer Milchstraße (Sagittarius A*), in dem ein supermassives Schwarzes Loch haust. Bild: NASA/CXC/UCLA/M.Muno et al.

Infolge seiner ungeheuren Schwerkraft verschlingt es Gas, Staub und sogar ganze Sterne dermaßen schnell, dass die einfallende Materie sich auf mehrere Millionen Grad Celsius aufheizt und daher im ganzen Spektrum, auch im sichtbaren Bereich hell leuchtet. Doch am deutlichsten verraten sich solcherlei poststellare Gebilde, die aus massereichen sterbenden Sternen zu Leben erwachen, beim Stillen ihres "Hungers" durch Röntgen- und- Infrarotstrahlung und höchstwahrscheinlich aber auch via Gammastrahlen.

Wiedergeburt nach einem Jahr

Ab 2011 können Forscher dieses Treiben genauer als jemals zuvor observieren. Denn trotz der angespannten Haushaltslage der NASA hat sich die US-Raumbehörde vor Kurzem dazu durchgerungen, eine Mission „wiederzubeleben“, die im Februar letzten Jahres aus pekuniären Gründen gestrichen wurde. Nuclear Spectroscopic Telescope Array, kurz NuSTAR genannt, wird nun doch nicht vom Haushaltsloch der NASA verschluckt, sondern soll ab dem Jahr 2011 als bislang leistungsfähigstes Instrument, das jemals für die Suche nach Schwarzen Löchern gebaut wurde, zum Einsatz kommen. Die vergleichsweise leichte orbitale Sternwarte – sie wiegt nur 287 Kilogramm – soll in vier Jahren mit einer Pegasus-Rakete vom Typ XL SELVS II-Rakete, die von einem Flugzeug in 13,3 Kilometer Höhe abgeworfen wird, in den Orbit gehievt werden.

Himmelsausschnitt im Röntgenbereich mit potenziellen Kandidaten für Schwarze Löcher, wie ihn heutige Satelliten sehen. Bild: NASA

„Wir freuen uns sehr, dass wir die NuSTAR-Mission wieder ins Leben rufen können, die 2011 starten soll", erklärt der stellvertretende Geschäftsführer des Science Mission Directorate vom NASA-Hauptquartier in Washington, D.C. "NuSTAR weist eine 500-mal größere Sensibilität als alle bisherigen Instrumente auf, die nach Schwarzen Löchern suchen. NuStar bietet uns eine großartige Gelegenheit, ein wichtiges astronomisches Grenzgebiet zu untersuchen.“

Himmelsausschnitt im Röntgenbereich mit potenziellen Kandidaten für Schwarze Löcher, wie ihn NuStar sehen würde. Bild: NASA

Zeitlicher Lückenfüller

Die NASA hofft mit NuSTAR die „missionslose“ Zeit zwischen dem Start des Wide-field Infrared Survey Explorer im Jahr 2009 und dem des „James Webb Space Telescope“ (JWST) im Jahr 2013 sinnvoll zu überbrücken. Auf der Jagd nach Schwarzen Löchern soll NuSTAR das Universum im Licht hochenergetischer Röntgenstrahlen observieren und insbesondere jenen X-ray-Bereich abtasten, der von bisherigen Röntgensatelliten nicht mehr registriert werden kann. NuSTAR wird dabei auch aktive Galaxien und Supernovae-Explosionen ins Visier nehmen und zum Verständnis der Elemententstehung beitragen.

Künstlerische Darstellung eines versteckten Schwarzen Loches, für das NuSTAR ein ideales Teleskop wäre. Bild: Aurore Simonnet

Mithilfe seines Datenmaterials und dem anderer Missionen, die auf anderen Wellenlängenbereichen operieren, soll ein wenig Licht in das Dunkle dieser mysteriösen Objekte gebracht werden. "NuSTAR wird sehr tiefe Beobachtungen im harten Röntgenstrahlenbereich durchführen und auf diese Weise die Entdeckung von Schwarzen Löchern und anderen exotischen Phänomenen ermöglichen", betont Jon Morse, Direktor der Astrophysik-Abteilung im NASA-Hauptquartier.

NuSTAR mitsamt seinen drei empfindlichen Detektoren. Bild: Bill Craig

Zehn Meter Brennweite

Um die Röntgenstrahlung eines Schwarzen Lochs einzufangen, nutzt NuSTAR ein optisches System, das die im flachen Winkel einfallende Röntgenstrahlung mit einer Brennweite von zehn Metern auf drei Detektoren fokussiert, die nebeneinander angeordnet sind. Ein entsprechender Ausleger, der nach dem Erreichen der Erdumlaufbahn nach Art einer Ziehharmonika ausgefaltet wird, soll den erforderlichen Abstand zwischen den Detektoren und Spiegelsystem garantieren.

NuSTAR wird mit einer Pegasus XL SELVS II-Rakete in den Orbit transportiert. Die Rakete selbst wird von einem umgebauten ehemaligen Verkehrsflugzeug (L 1011) auf circa 13,3 Kilometer Höhe befördert, dort fallen gelassen und gezündet. Bild: NASA

NuSTAR ist ein Bestandteil des Explorer-Programms der NASA, mit der kleinere bis mittlere Raumfahrtmissionen, die ein geringes Gewicht haben und somit kostengünstiger sind, gefördert werden sollen. Besagte Mission war ursprünglich 2003 aus einer Reihe von Vorschlägen ausgewählt worden. Die angesetzten Kosten für das Projekt belaufen sich zurzeit auf 134 Millionen Dollar, was ungefähr 95,27 Millionen Euro entspricht.

Zu den laufenden Explorer-Missionen gehören beispielsweise GALEX, HESSI und Swift. Möglicherweise sollen in der ersten Hälfte des kommenden Jahrzehnts noch drei weitere Explorer-Missionen hinzukommen.