Das Weiße Haus zensiert erneut Wissenschaftlerin

Das Papier der CDC-Direktorin über gesundheitliche Folgen der Klimaerwärmung für eine Anhörung im Senat wurde massiv überarbeitet

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Das Weiße Haus hat wieder einmal demonstriert, dass von ihm Wissenschaft als politischess Instrument verstanden wird, das man demgemäß beliebig manipulieren kann. Besonders deutlich war dies in den letzten Jahren bei der Klimaforschung gewesen. Nach einem Bericht wurde mindestens 435 Mal in wissenschaftliche Berichte zur Klimaforschung von der Bush-Regierung eingegriffen. Und auch weiterhin steht man auf der Bremse, wenn es um Klimapolitik geht, auch wenn der Nobelpreis an Al Gore ein deutliches politisches Signal gewesen war und die Stimmung in den USA längst umgekippt ist. Wieder hat die Bush-Regierung massiv in einen wissenschaftlichen Bericht über die möglichen gesundheitlichen Folgen der Klimaerwärmung eingegriffen, diesen massiv gekürzt und überarbeitet. Betroffen ist dieses Mal die Direktorin der Centers for Disease Control and Prevention (CDC), Julie Gerberding, die zu einer Anhörung vor de, Umweltausschuss des Senats geladen war.

Barbara Boxer, demokratische Ausschussvorsitzende, erläutert in ihrem Eingangsstatement mögliche Gefährdungen durch die Klimaerwärmung. Bild: senate.gov

Die demokratische Senatorin Barbara Boxer, die den Umweltausschuss leitet, hatte die Anhörung über die gesundheitlichen Folgen der Klimaerwärmung angesetzt und die Experten eingeladen, darunter auch Gerberding. Thema der Anhörung, die gestern stattfand, war die durch die Klimaerwärmung bedingte Verbreitung von Krankheitserregern, aber auch Beeinträchtigungen durch eine mögliche Verschlechterung der Trinkwasserversorgung oder allgemein durch Umweltzerstörungen.

Gerberding hatte, wie die Washington Post berichtet, ein 14seitiges Papier vorbereitet und dies dem Office of Management and Budget (OMB) des Weißen Hauses zur Prüfung vorgelegt. Das Papier wurde angeblich zunächst auf vier Seiten gekürzt, die CDC-Direktorin legte dem Ausschuss schließlich ein sechsseitiges Papier vor, in dem allerdings nichts über mögliche direkte Verbindungen zwischen Klimaerwärmung und der möglichen Ausbreitung von Krankheiten steht. Gestrichen wurde, was die CDC-Direktorin über die Zahl der durch die Erwärmung betroffenen Menschen und zu den Krankheiten sagen wollte, die sich durch die Klimaerwärmung und steigende Meeresspiegel verbreiten könnten. Nur in der Anhörung selbst sprach Gerberding, nachdem Boxer nachgebohrt hatte, einige Infektionskrankheiten an, deren Ausbreitung von der Klimaerwärmung beeinflusst werden könnte.

CDC-Direktorin Julie Louise Gerberding spricht im Umweltausschuss. Bild: senate.gov

Bei der CDC vermied man Kommentare zu den massiven Kürzungen. Ein Sprecher meinte, die Direktorin habe alles berichtet, was sie berichten wollte. Gerberding selbst äußerte sich dazu nicht. Die Ausschussvorsitzende Boxer kritisierte das Weiße Haus wegen der Eingriffe in einer Stellungnahme. Das Weiße Haus sage weiterhin, dass die Wissenschaft die Gesetzgebung zur globalen Erwärmung leiten solle. Sie forderte die Veröffentlichung des ungekürzten Papiers der CDC-Direktorin, da die Öffentlichkeit das Recht habe, "alle Tatsachen über die ernsthaften Risiken zu erfahren, die von der globalen Erwärmung ausgehen".

Der republikanische Senator James M. Inhofe, ein bekannter Klimaskeptiker, kritisierte wohl ganz im Sinne des Weißen Hauses die Anhörung und meinte, das Thema der gesundheitlichen Folgen der Klimaerwärmung sein zum "Opfer der Politik" geworden. Steigende Temperaturen könnten zwar zur Ausbreitung von Krankheiten wie der Malaria führen, seien aber bei weitem nicht die einzigen Ursachen dafür. Man müsse zur Bekämpfung auf Präventivmaßnahmen und bessere Lebensstandards setzen. Im Übrigen sei Malaria durch den Einsatz von DDT bereits vor einigen Jahrzehnten fast ausgerottet worden. Dann schwingt sich Inhofe, der keinen Blick auf andere Erreger und andere Probleme wirft, zu einer Lobrede auf DDT auf:

Unabhängig von der wissenschaftlichen Einschätzung von DDT – die kein Verbot zu unterstützen scheint – kann selektives Versprühen Malariaerkrankungen massiv reduzieren.

Andere republikanische Ausschussmitglieder warnten vor möglichen Folgen, sollten die Treibhausgasemissionen reduziert werden. Das erhöhe die Energiekosten und führe zu indirekten gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Armen. "Wir könnten den amerikanischen Menschen größeren Schaden zufügen, als dies durch das Problem der globalen Erwärmung der Fall ist", sagte etwa Senator Kit Bond. Die Diskussion fand auf dem Hintergrund des Gesetzesvorschlags America's Climate Security Act (ACSA) von den Senatoren John W. Warner (Republikaner) und dem unabhängigen Joseph I. Lieberman statt, der ab heute diskutiert wird. Danach sollten die Emissionen bis 2050 auf 70 Prozent der Werte von 2005 reduziert werden. Der mittlerweile auch von weiteren republikanischen Abgeordneten unterstützte Gesetzesvorschlag zeigt, dass das Weiße Haus, das strikt gegen verbindliche Emissionskontrollen ist, selbst bei den Republikanern an Rückhalt verliert.

Die drei weiteren Experten, die zur Anhörung eingeladen waren, haben bestätigt, dass mit gesundheitlichen Folgen der Klimaerwärmung zu rechnen ist, und sich daher dafür ausgesprochen, die CDC mit den Geldern auszustatten, die zur Prävention notwendig sind.