EU-Kommission will Risikoprofile von Flugpassagieren anlegen

Nach dem Vorschlag von EU-Kommissar Frattini sollen die PNR-Daten der Passagiere, die in die EU reisen, 13 Jahre lang gespeichert werden

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EU-Justizkommissar Franco Frattini wird neben Vorschlägen zur Bekämpfung des Terrorismus im Internet auch eine Regelung vorlegen, nach der die Fluggesellschaften die persönlichen Daten ihrer Passagiere den europäischen Geheindiensten zur Verfügung zu stellen. Das dem PNR-System der USA gleichende EU-System mit dem Namen European Passenger Name Record (PNR) beträfe 19 PNR-Daten aller Reisenden, die in die EU und aus ihr fliegen. Innereuropäische Flüge sind, wie aus dem Dokument vom 22. Oktober hervorgeht, das Frattini morgen vorstellen wird, nicht vorgesehen.

Die Flugpassagierdaten dienen, so das von Statewatch veröffentlichte Dokument, der Bekämpfung des Terrorismus und des organisierten Verbrechens. Sie werden verwendet, um eine "Risikobewertung des Bedrohungspotenzials von unbekannten Personen" durchzuführen und verdächtige Passagiere bei Ankunft auf dem Flughafen schärfer zu kontrollieren. Die "Risikobewertung" – das "Profiling" – wird zusammen mit den Daten gespeichert. Gelöscht werden sollen Daten, die Hinweise auf sexuelle Vorlieben, politische Einstellungen, ethnische Zugehörigkeit, Glauben etc. erlauben.

Jedes EU-Mitgliedsland baut zur dezentrale Durchführung der Bewertung eine Stelle – Passenger Information Unit - auf, die verpflichtet ist, ihre Ergebnisse an alle anderen weiter zu geben. Die Daten können auch an dritte Staaten weiter gegeben werden, sofern angenommen werden kann, dass diese nur zur Bekämpfung von Terrorismus und organisiertem Verbrechen dienen und nicht wiederum an dritte Staaten gelangen. Nach dem Dokument wollen Großbritannien, Frankreich und Dänemark auch noch nationale PNR-Überprüfungen einführen, Großbritannien hat mit der Sammlung und Auswertung von PNR-Daten bereits begonnen.

Nach dem Vorschlag sollen die Fluggesellschaften dazu verpflichtet werden, die PNR-Daten über die Push-Methode den entsprechenden Behörden 24 Stunden vor Abflug zu übermitteln, wenn die Techniken dafür vorhanden sind. Sind sie dies nicht, müssen sie den Behörden gestattet, direkt auf die Reservierungssysteme zuzugreifen (Pull-Methode). Wie nach dem US-Vorbild werden die Daten fünf Jahre lang "aktiv" vorgehalten, aber noch weitere acht Jahre gespeichert, bevor sie gelöscht werden sollen. Die Mitgliedsländer müssen dafür sorgen, dass die Datenschutzbestimmungen und entsprechende Sicherheitsvorkehrungen eingehalten werden. Umgesetzt werden soll die Maßnahme bis zum 31. Dezember 2010, das Europäische Parlament soll bei der Entscheidung außen vor gehalten und nur darüber informiert werden.

Sollte die von Frattini vorgeschlagene Maßnahme umgesetzt werden, so wird es auch EU-weit ähnliche "Terrorlisten" wie in den USA geben. Deren Prinzip ist wie bei der geplanten Vorratsdatenspeicherung für Verbindungsdaten, dass alle Reisenden präventiv unter Verdacht stehen, um solche "Gefährderlisten" zu erstellen. In den USA schwillt die Terrorliste weiter mit rasanter Geschwindigkeit an und wird bald eine Million Namen enthalten.