Blackout als Folge der Aktion "Licht aus" am Samstag?

Gegen die Aktion "Licht aus" ist die Kampagne "Licht an" angetreten, mit der nicht nur "popelig" und symbolisch gehandelt werden soll

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Licht aus. Für unser Klima Es ist eine dieser symbolischen Aktionen mit dem unvermeidlichen Promi-Einsatz, von denen man nicht weiß, was man von ihnen halten soll. Am Samstag, dem weltweiten Aktionstag für den Klimaschutz, sollen von 20 Uhr bis 20.05 Uhr fünf Minuten lang in ganz Deutschland die Lichter ausgeschaltet werden. Hinter der Aktion während der Tagesschau, die man dann wohl weiterhin, allein schon zwecks landesweiter Überprüfung, schaut, ob die "Mahnung", die zu mehr Klimaschutz aufrufen soll, denn auch die Beachtung eines Volksereignisses findet.

Ein seltsames Gespann, genannt "Klimaschutz-Kooperation", von BILD, BUND, Greenpeace und WWF steht mitsamt Google und ProSieben hinter dieser Aktion der Dunkelmacher. 5 Minuten Licht aus bringt natürlich, was die CO2-Emissionen angeht, gar nichts.

Bestenfalls demonstrieren die Menschen, die mitmachen, dass ihnen irgendwie dieses Thema wichtig ist, was natürlich keineswegs sagt, dass sie auch persönlich etwas machen werden. Ob die Aktion Deutschland schaltet das Licht an - aber richtig, die die taz sowie Attac, NABU, Robin Wood, Grüne Liga, jetzt.de, campact.de und wir-klimaretter.de unterstützen, mehr ist als ein trotzige Reaktion auf die Großaktion der Großen, darf bezweifelt werden. Vernünftiger als eine einmalige Aufmerksamkeitseinlage wäre es allerdings zweifellos, wenn dadurch mehr Menschen Energiesparlampen einsetzen oder zusätzlich auch noch zu einem Ökostrom-Anbieter wechseln:

Wenn 50 Prozent aller deutschen Haushalte für fünf Minuten das Licht ausschalten, werden deutschlandweit 343 Tonnen CO2 eingespart. Wenn 50 Prozent gewöhnliche Glühbirnen gegen Energiesparlampen tauschen, spart das in einem Jahr 2,5 Millionen Tonnen CO2. Das sind 7.000 mal so viel. Das ergab eine Berechung des Öko-Institutes im Auftrag der taz.

Zudem wird zu den von der Klima-Allianz organisierten Demonstrationen in Berlin, Düsseldorf und anderen Orten aufgerufen. Gefordert wird hier eine neue Klima- und Energiepolitik und kritisiert vor allem der Bau der geplanten Kohlekraftwerke. Bei der Klima-Allianz sind neben zahllosen anderen Organisationen und Gruppen auch Greenpeace und BUND beteiligt, nicht aber die anderen Partner der Klimaschutz-Kooperation BILD, Google oder Pro 7.

Möglicherweise wäre aber die "Licht aus"-Aktion gar nicht so popelig, wie von der taz dargestellt. Die Welt berichtet nämlich, Konzerne und Wissenschaftler würden davor warnen, dass das Stromnetz zusammenbrechen könnte, wenn sich zu viele Menschen beteiligen. So sagt Klaus Kleinekorte, Geschäftsführer der RWE Transportnetz Strom:

Wir finden eine symbolische Aktion zum Klimaschutz eigentlich toll. Aber wenn zu viele Menschen – und dazu auch noch Unternehmen und Kommunen - mitmachen, drohen ernste Gefahren für das gesamte europäische Stromnetz, in dem Stromerzeugung und Stromverbrauch permanent im Gleichgewicht gehalten werden müssen.

Das Problem der symbolischen Aktion, die RWE eigentlich lieber ist als die Verhinderung des Baus von Kohlekraftwerken wie gerade in Ensdorf, was der Konzern bedauert, liegt im plötzlichen Rückgang des Stromverbrauchs. Dadurch entsteht ein Überlast an Strom in den Netzen, der zu einem Zusammenbruch führen kann, da die Kraftwerke nicht so schnell ab- und wieder angeschaltet werden können. Die automatischen Sicherungssysteme würden dann Übertragungsleitungen abschalten.

Auch Wissenschaftler sehen Probleme als möglich an. Stefan Tenbohlen etwa vom Institut für Energieübertragung und Hochspannungstechnik (IEH) der Uni Stuttgart, oder Hans-Jürgen Haubrich, der Leiter des Instituts für Elektrische Anlagen und Energiewirtschaft an der RWTH Aachen. Wenn 10 Millionen Haushalte jeweils drei 100-Watt-Birnen ausschalten, dann könne durchaus, so Haubrich, ein Blackout entstehen. Zudem wird dieselbe Aktion auch in der Schweiz und in Österreich durchgeführt.

Mit dieser Möglichkeit eines Blackout wird die symbolische Aktion aber womöglich doch zu einem interessanten Ereignis, bei dem wirklich etwas passieren könnte. Mit einer Beteiligung von 10 Millionen Menschen kann durchaus gerechnet werden. Und vielleicht werden es auch noch viel mehr, die einmal sehen wollen, was die Massen durch eine kleine Geste mit der Hand bewirken können, wenn dann nicht nur die Lichter in den Wohnungen ausgehen, sondern vielleicht auch die Städte schwarz werden und die Fernsehschirme mitsamt der Tagesschau und der angekündigten Live-Berichterstattung von Pro 7 erlöschen.