Betrunken am Steuer...

… und dann auf's Foto am Straßenrand. Öffentliche Pranger in den USA

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Öffentlich stellt County-Anwalt Thomas seine Aktion als bloße Information zur Gesetzeslage dar, Information allerdings mit abschreckender Wirkung. Aber freilich dürfte er ahnen, dass es bei dieser Art der Veröffentlichung von Alkoholsündern um mehr geht: um Schande und Demütigung nämlich. Vielleicht nicht die einzigen destruktiven Begleiterscheinungen des öffentlichen Anprangerns. Unter schlimmen Umständen können öffentliche Foren, die Übeltäter namentlich vorführen, wie ein Fall in Kalifornien zeigt, auch bittere Folgen haben.

Gegenüber der New York Times wollte Andrew P. Thomas, Anwalt von Maricopa County/Arizona, jedenfalls keine Aussagen zu seiner heiklen Aktion machen, welche nach dem Gerechtigkeitsempfinden von Europäern gegen wichtige Persönlichkeitsrechte verstößt: Seit einiger Zeit lässt die Staatsanwaltschaft unter der Führung von Thomas große Schilder am Straßenrand aufstellen, die das Konterfei von Personen zeigen, die durch Alkohol am Steuer in Konflikt mit dem Gesetz geraten sind.

Flankiert wird diese Aktion von der Webseite StopDUIAZ.com (Driving under Influence of Alcohol, Arizona), die der interessierten Öffentlichkeit Gesichter und Fälle in detaillierterer Form bietet. Laut New York Times sollen auf der Webseite nur verurteilte Personen angeprangert werden, die in Straffälle verstrickt waren, bei denen Personen zu Schaden kamen. Es liegt im Ermessen der zuständigen Behörden, ob sie Fahndungsfotos der Verurteilten und Details ihres Vergehens an die Webseite geben.

Auf StopDUIAZ.com angeprangerte Verkehrssünder

Anders als in Europa gehört das öffentliche Anprangern in den USA zu den Konsequenzen, die ein Straftäter dort fürchten muss. Der Umgang von Medien etwa mit Namen und Adressen von Straftätern unterscheidet sich stark von der Praxis hierzulande. Was den besonderen Fall von Fahren unter Alkoholeinfluss angeht, so gibt es in einigen amerikanischen Bundesstaaten bereits die Vorschrift, dass einschlägig Verurteilte ein besonderes Nummernschild benutzen müssen. Die Bloßstellung über das Internet hat demgegenüber jedoch noch eine andere Qualität, wie von der New York Times zitierte Anwälte anmerken:

Besides the fact that it is in bad taste, D.U.I.’s usually involve somebody with no criminal history. The downside to this person being published on the Web site is tremendous.

Mark Weingart, Strafverteidiger

Wie die Schattenseite eines öffentlichen Prangers in der abgründigsten, schlimmsten Version aussehen könnte, darauf weist nun ein aktueller Fall in Kalifornien hin. Dort soll ein Nachbar einen Mann erstochen haben, weil er annahm, dass dieser ein vorbestrafter Sexualverbrecher war, der sich an Minderjährigen vergangen hat. Die entsprechende Information soll der Verdächtige laut Ermittler auf einer Webseite gefunden haben: der kalifornischen Megan's Law Database für Sexualstraftäter.

Nach Aussage eines Nachbarn soll der mutmaßliche Mörder Tage vor seiner Tat herumerzählt haben, dass er den Namen des Opfers auf einer Webseite von verurteilten Sexualstraftätern gefunden habe und dass er sich mit einem solchen Nachbarn nicht gut fühle. Als besonders bemerkenswert stellt der Bericht der LATimes heraus, dass das Opfer durch Formulierungen auf der Webseite als jemand geschildert wurde, der sich an Minderjährigen vergeht, was, so der örtliche Sheriff, nicht zu den "schlimmen Dingen" gehöre, deretwegen der Mann tatsächlich verurteilt wurde. Der falsche Eindruck würde aber von der Webseite durchaus erweckt. Laut Staatsanwaltschaft ist der Zusammenhang zwischen dem Mord und den Informationen von Megan's Database eine mögliche Spur, aber nicht erwiesen.