"Gerade das vermeintlich Unpolitische ist in höchstem Grade politisch"

Interview mit dem Soziologen Bernd Hamm über die zunehmende Ideologisierung der Medien

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Bernd Hamm ist Professor für Siedlungs-, Umwelt- und Planungssoziologie an der Universität Trier und gibt im Kai Homilius-Verlag die Reihe "Globale Analysen" heraus. Seine letzten Bücher waren "Gesellschaft zerstören - der neoliberale Anschlag auf Demokratie und Gerechtigkeit" (2004) und "Die soziale Struktur der Globalisierung" (2006). Demnächst erscheint von ihm "Kulturimperialismus: Beiträge zur politischen Ökonomie kultureller Herrschaft". In dem Essay "Medienmacht - wie und zu wessen Nutzen unser Bewusstsein gemacht wird" zeichnet er die Entwicklung der Medien seit den Siebziger Jahren nach und kommt zu dem Schluss, dass mit der zunehmenden Privatisierung und Kommerzialisierung der Medien die Selbstaufklärungsmechanismen der Gesellschaft in steigenden Maßen versagen.

Herr Professor Hamm - nach gängiger Meinung müssten die Medien eigentlich, um attraktiv für die Werbewirtschaft zu sein, ihre Auflagen steigern und zu diesem Zweck permanent mit sensationellen und skandalösen Enthüllungen der herrschenden Politik aufwarten. Können Sie uns sagen, warum dieses Kalkül nicht oder nicht mehr funktioniert?

Bernd Hamm: Es funktioniert aus drei Gründen nicht mehr:

Erstens ist der Konzentrationsprozess in den Medien rasch fortgeschritten, sowohl international als auch in Deutschland. Es sind nur noch wenige Konzerne, die die Medienlandschaft beherrschen.

Zweitens neigen die Eigentümer - von Springer über Bertelsmann, Bauer, Burda oder Holtzbrinck - alle einem politisch konservativen, wirtschaftsfreundlichen, sozial und ökologisch wenig sensiblen Weltbild zu. Nehmen Sie Bertelsmann, einen Konzern, der sein Geld vor allem mit Unterhaltung macht, übrigens durch alle Mediensparten hindurch. Das sieht vordergründig nur nach Geldverdienen aus - und propagiert wird tatsächlich eine überaus konservative, christlich angehauchte Vorstellung davon, wie Gesellschaft sein sollte. Viel deutlicher wird das allerdings bei der Bertelsmann-Stiftung, die die Zwangsamerikanisierung unserer Hochschulen, den betriebswirtschaftlich - statt am Gemeinwohl - ausgerichteten Umbau der Kommunalverwaltungen mit großem Erfolg mit betrieben hat. Dort gibt es auch einen Fortschrittsindex für alle Länder der Erde - wobei Fortschritt verstanden wird als Ausrichtung an kapitalistischen Prinzipen und an westlichen Vorstellungen von Mehrheitsdemokratie. Das ist der Absicht nach diktatorisch und hat mit Toleranz und Empathie für andere Kulturen nichts zu tun. Das gilt aber auch für den wenig sichtbaren schwäbischen Riesen Holtzbrinck: Der hat inzwischen (neben zahlreichen Zeitungen) alle wichtigen Taschenbuchreihen (bis auf Suhrkamp) aufgekauft und sogleich kritische Reihen - wie Rororo-Aktuell oder Fischer alternativ - eingestellt.

Drittens hängen heute alle Medien entscheidend von den Werbeeinnahmen ab. Auf weite Strecken kann man sagen, dass die redaktionellen Teile dazu dienen, der Werbewirtschaft die entsprechend selektierten Publika anzuliefern. Das aber hat zur Folge, dass sich alle Medien heute durchgehend an den Einstellungen und Wünschen der kaufkräftigen Mittelschicht orientieren. Deshalb ist die Medienbotschaft insgesamt homogener und eintöniger geworden, obgleich die äußerliche Vielfalt des Medienangebots kaum noch zu überblicken ist. Die Ausnahmen - taz und junge Welt im Printbereich, Deutschlandfunk beim Radio - seien immerhin erwähnt.

Spielt die Entwicklung der Medien in den USA eine besondere Rolle in diesem Prozess?

Bernd Hamm: In den USA ist nicht nur der Prozess weiter fortgeschritten als bei uns, es ist auch häufiger, dass die Medieneigentümer - Rupert Murdoch, Sumner Redstone etc. - sich ausdrücklich und gänzlich unverblümt als politische Missionare sehen und betätigen. Die enge Beziehung etwa zwischen Murdoch und G.W. Bush (ich vermeide bewusst die Bezeichnung "Präsident", weil die Wahlen der Jahre 2000 und 2004 nachweislich gefälscht worden sind - haben deutsche Medien darüber ausreichend berichtet?) ging so weit, dass extra seinetwegen das Gesetz über die Besitzrechte an landesweit verbreiteten Fernsehsendern geändert worden ist, und Tony Blair soll ihn vor wichtigen Entscheidungen persönlich konsultiert haben, so dass er einmal als stilles Mitglied des britischen Kabinetts bezeichnet worden ist.

Die enge Bindung zwischen Helmut Kohl und Leo Kirch, von dem Kohl bis in seine Amtszeit als Bundeskanzler hinein Geld bezogen haben soll, zeigt, dass dies keineswegs amerikanische Ausnahmen sind. Natürlich fällt einem in diesem Zusammenhang Silvio Berlusconi ein, der sein Medienimperium in kaum erreichter Schamlosigkeit benutzt hat, um sich politische Macht zu verschaffen, und der seine Macht genutzt hat, um sich gegen strafrechtliche Verfolgung wegen seiner zahlreichen Vergehen zu schützen.

Verschiebung des Spektrums nach rechts

Gab es hierzulande einen Bruch von der gesellschaftlichen Selbstaufklärung hin zu Ideologie, Infotainment und Propaganda?

Bernd Hamm: Das würde ich in der Tat so sehen, zumindest als Tendenz. Ein gutes Beispiel ist der Spiegel, der unter Stefan Aust nach rechts gewendet und dem Focus immer ähnlicher wurde. Am deutlichsten wurde das vielleicht in der journalistischen Behandlung der Anschläge vom 11. September 2001: Nachdem Aust und Schnibben in ihrem Buch die offizielle Linie quasi kodifiziert hatten, wurde jeder Zweifel an dieser Interpretation abgewehrt, lächerlich gemacht und zur haltlosen Verschwörungstheorie erklärt.

Das hat sicher mit seriösem Journalismus wenig zu tun, wie sich an der Aufarbeitung dieser Ereignisse in den USA zeigen wird. Aber das gilt für andere auch: Die Zeit, früher einmal linksliberal, ist - beginnend mit Helmut Schmidt - behäbig rechts geworden, FAZ und Welt waren das schon immer, aber die Frankfurter Rundschau und die Süddeutsche Zeitung sind nahe an sie heran gerückt. Das gesamte Spektrum hat sich verschoben.

Wenn man einmal die alten Kategorien bemüht von links (sozial, internationalistisch, pazifistisch) und rechts (eher nationalistisch, im Interesse der Reichen, "realpolitisch") - dann ist das ganze Spektrum nach rechts verschoben worden, und zwar von den Eigentümern, die sich die dafür geeigneten Redakteure und Journalisten herausgesucht haben. Es geht heute überwiegend um Kommerz - aber gerade das ist die Perspektive, die sich für soziale Ungerechtigkeit, Frieden, Sicherheit, Menschenrechte faktisch wenig interessiert, obgleich sie die verbal immer vor sich her trägt.

Es ist doch auffällig, wie sehr sich das Spektrum der politischen Diskussion bei uns verändert hat: Wenn es in den späten sechziger Jahren "links" war, über die Enteignung von Springer, über die öffentliche Kontrolle der Großbanken nachzudenken und die in der UNO diskutierte Neue Weltwirtschaftsordnung zu begrüßen, wird heute schon als "links" verschrien, wer die Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes für Ältere verlängern will. Wir sind uns gar nicht bewusst, in welchem Ausmaß hier eine Gehirnwäsche stattgefunden hat, die Themen jenseits des neoliberalen Mantras einfach nicht mehr zulässt.

In welchem Zeitraum hat sich diese ereignet?

Bernd Hamm: Die neoliberale Wende ist um die Mitte der siebziger Jahre eingeleitet worden. Den rechten Propagandisten ist es mit immensen Geldern gelungen, für die 1974 im Gefolge der Ölpreiskrise einsetzende Wirtschaftsflaute die sozialdemokratischen Regierungen verantwortlich zu machen und mit entsprechenden Wahlkampfmitteln 1979 Margret Thatcher in Großbritannien, 1980 Ronald Reagan in den USA und 1982 Helmut Kohl in Deutschland als Regierungschefs an die Macht zu bringen. Die haben dann die neoliberale Agenda vollzogen. Vor allem haben sie die "Liberalisierung" des Kapitals durchgesetzt mit dem Ergebnis, dass heute fast alle großen und vor allem die börsennotierten Medienunternehmen von institutionellen Anlegern beherrscht und nach den Kriterien der maximalen Auflage/Einschaltquote, also des kurzfristig maximalen Profits, geführt werden.

Welche Rolle spielt hierbei der Spiegel, der vom "Sturmgeschütz der Demokratie" zur neoliberalen und nationalistischen Speerspitze mutierte? Könnte der Rauswurf von Stefan Aust und Matthias Matussek positive Auswirkungen auf die deutsche Medienlandschaft haben?

Bernd Hamm: Es ist doch bezeichnend, dass ausgerechnet Springers Welt, Sprachrohr der Rechten, den Rausschmiss von Aust kommentiert mit den Worten: "Eine Verschwörung von Missgünstigen hat Spiegel-Chefredakteur Stefan Aust gestürzt. Mit ihm werden all jene guten Schreiber gehen, die er aufgebaut hat. Jetzt kann die Koalition der Mittelmäßigkeit wieder ihren gefühlslinken Pamphletismus pflegen." Völlig undenkbar, dass vor zwanzig, dreißig Jahren ausgerechnet die Springer-Welt den Spiegel gelobt hätte. Man achtet dort mit Argusaugen darauf, dass niemand vom rechten Weg abkommt.

Wie beurteilen Sie die Einführung des Privatfernsehens (und -hörfunks) im Hinblick auf das Wegbrechen kritischer Komponenten in Rundfunk und TV?

Bernd Hamm: Schon die Einführung des ZDF sollte ja einen CDU-nahen Gegenpol zur angeblich SPD-unterwanderten ARD setzen. Die politische Auseinandersetzung darüber, wer die Medien kontrolliert, hat lange vor den Privaten begonnen und findet im Streit um Sitze in den Rundfunkräten ihre meist stille Fortsetzung. Natürlich hat das private Fernsehen eine zentral wichtige Rolle bei der Trivialisierung der Medien gespielt: Sie haben mit Unterhaltung Quote gemacht und so die Werbemittel abgeschöpft, so dass die Öffentlich-Rechtlichen nur mühsam mithalten konnten. Es handelt sich aber grade nicht, wie manche vermuten, um eine Entpolitisierung - im Gegenteil: Gerade weil sie sich ausschließlich an die schon erwähnte kaufkräftige Mittelschicht richten und gedankenloses Konsumieren propagieren, werden die unterschwellig verbreiteten Gesellschaftsbilder und politischen Einstellungen vor allem dem Kommerz gefällig. Gerade das vermeintlich Unpolitische ist in höchstem Grade politisch.

Man möchte meinen, die "Bewusstseinsindustrie" (Hans Magnum Enzensberger) hat nun jenen ideologischen Perspektivwechsel von der Selbstaufklärung zur Selbstentmündigung der Gesellschaft erreicht, die ihr seit den Sechziger Jahren kritisch unterstellt wurde. Warum interessiert das heutzutage keinen Menschen mehr, inklusive jener, welche sich aufgrund dieser Kritik seinerzeit profiliert haben?

Bernd Hamm: Ja, das ist ebenso richtig wie bedrückend. Gerade Enzensberger hat im Zusammenhang mit dem Golfkrieg 1990/91 kritiklos und ohne Quellenangabe jene Formel als Titel eines Spiegel-Essays verwendet, die die PR-Agentur Hill & Knowlton im Auftrag der kuweitisch-amerikanischen Stiftung erfunden hatte: Saddam = Hitler. Das gehört in die gleiche Kategorie wie die (frei erfundene) Geschichte von den irakischen Soldaten, die in kuweitischen Krankenhäusern Frühgeburten aus den Inkubatoren gerissen und auf dem Boden zu Tode gebracht hätten.

Ein ganz erheblicher Teil dessen, was uns heute als Nachrichten präsentiert wird, wird von solchen Agenturen im Auftrag von Regierungen und großen Unternehmen verfasst und von den Medien, die ihre eigenen Redaktionen massiv ausgedünnt haben, oft ohne Angaben von Quellen verbreitet. Das Weltbild, das uns so quer durch die Medien angedient wird, stammt wesentlich aus solchen Quellen und stellt die Wirklichkeit verzerrt durch die Brillen der jeweiligen Interessen dar. Auch diejenigen, die sich des Problems bewusst sind und deshalb verschiedene Medien konsultieren, haben kaum eine realistische Chance, dem faktischen Einheitsbrei zu entkommen.

Epistemologische Säuberung

In bestimmten politischen und medialen Debatten sind höchst zweifelhafte Aussagen über Wirtschaft und Gesellschaft - wie z.B. die These vom Segen der Deregulierung und Flexibilisierung des Arbeitsmarkts und der Privatisierung öffentlicher Güter oder die Aufteilung der Welt in "Gute" (wir) und "Böse" (dort) - bereits solange Voraussetzung und nicht mehr Gegenstand der Untersuchung, dass die Realität und ihre Darstellung scheinbar identisch geworden sind. Welche Rolle spielt in diesem Prozess die Ökonomisierung und kapitalistische Ausrichtung der Medien? Welche Auswirkung hat die kritische ökonomische Situation auf die hiesige Medienlandschaft? Kann es Ihrer Meinung nach ein so großes Auseinanderdriften von Deutung und Realität geben, dass die Medien von selbst wieder zu einer kritischen Berichterstattung übergehen?

Bernd Hamm: Das hängt mit der einfachen Tatsache zusammen, dass wir jede Information, die sich auf Dinge jenseits unserer unmittelbaren Wahrnehmung bezieht, nur noch durch Medien, nur noch sekundär empfangen können.

Diese Medien sind aber nicht mehr - wenn sie es denn je waren, aber davon geht ja z.B. unsere Verfassung, davon geht unser politisches Selbstverständnis aus - neutrale, objektive Beobachter und Berichterstatter, schon gar nicht mehr sind sie Kontrolleure der Macht. Sie sind vielmehr Instrumente in den Händen der Mächtigen geworden. Dazu gehört, dass die Medien, selbst überwiegend kapitalistisch verfasste Unternehmen, natürlich die Grundprinzipien kapitalistischer Gesellschaftsorganisation nicht angreifen werden - außer wenn sich daraus punktuell Profit schlagen lässt. Dazu gehört auch, dass die Medien systematisch verschweigen, was unsere Gesellschaften im Innersten umtreibt: die Auseinandersetzung zwischen Kapital und Arbeit, das, was Marxisten Klassenkampf nennen. Medien sind hier Partei, nämlich Teil des Kapitals und von ihm abhängig, und werden schon deshalb alles unternehmen, unsere Gesellschaft als wenigstens dem Prinzip nach sozial gerecht und demokratisch darzustellen, auch wenn das längst nicht mehr mit der Wirklichkeit übereinstimmt.

Eine realistische Chance, dass die Medien selbst wieder zu einer kritischen Berichterstattung übergehen, besteht in meiner Wahrnehmung nicht. Schon die Selektion der vielen Bewerber in die wenigen Positionen festangestellter Redakteure erfolgt mehr nach Kriterien des Gehorsams als der kritisch-selbstständigen Wahrheitssuche. Da gleichen die Medien übrigens in mancher Hinsicht den Hochschulen, die ebenfalls durch eine rigide epistemologische Säuberung getrieben worden sind.

Welche Funktion ordnen Sie dem Instrument der "Meinungsumfrage" bei der Selbstentmündigung der Medien zu?

Bernd Hamm: Meinungsumfragen gehören heute zum alltäglichen Handwerkszeug von Politikern. So wie die Fernsehforschung der GfK inzwischen sekundengenau die Präferenzen des TV-Publikums abbildet und damit Einfluss nimmt auf das vermeintlich werbefreie redaktionelle Programm, so helfen Meinungsumfragen den Politikern, ihre Verlautbarungen möglichst nahe am Mehrheitsgeschmack auszurichten. So sehen denn auch die Wahlprogramme der "Volksparteien" aus - überall die gleichen Formeln, überall die gleichen Widersprüche, überall der gleiche Anspruch, die Mitte zu repräsentieren. Der eigentliche politische Auftrag der Aufklärung war gerade das Gegenteil: die Schwachen vor der Ausbeutung durch die Starken zu schützen. Das kommt heute in den Medien nicht mehr vor.

Wie sehen Sie die Zukunft der medialen Entwicklung weltweit und in Deutschland?

Bernd Hamm: Die Herrschaft des Kapitals über die Medien, weltweit ebenso wie bei uns, wird sich weiter perfektionieren. Da es kaum mehr Alternativen gibt, wird es auch zunehmend schwierig, sich die Informationen zu beschaffen, die für eine eigene kritische Meinungsbildung unerlässlich sind. Die Bewusstseinsindustrie hat ihr Ziel erreicht: Unsere Wahrnehmung der Dinge, unsere Meinungsbildung folgt einem industriell organisierten Prozess. Es ist dafür besonders bezeichnend, dass sich die Medienforschung, die es ja erfolgreich gibt, dem wenig Aufmerksamkeit widmet. Ihr gilt der "mündige Konsument" als das wichtigste Objekt.

Wie sehen Sie dabei die Rolle des Internets?

Bernd Hamm: Das anarchische Element, der Ort des Widerstands, ist heute das Internet. Allerdings: Da dort jeder und jede irgendeinen Quatsch als "Nachricht" einstellen kann, ist es mindestens ebenso schwierig wie in den konventionellen Medien, Relevantes von Irrelevantem, Aufhebenswertes von Belanglosem, Richtiges von Falschem zu unterscheiden. Wir haben also nicht nur das Problem des sog. "digital divide", also des sozial ungleich verteilten Zugangs zu diesem Medium, sondern auch die Schwierigkeit der Internetnutzer zu entscheiden, was sie aus dem Meer der Belanglosigkeiten für wahr halten sollen.

Es gibt nur zwei Wege, dieses Dilemma zu überwinden: Entweder man verbringt unendlich viel Zeit mit der Nachrichtenanalyse - oder man verlässt sich auf ein gänzlich antiquiertes Prinzip des Informationsaustauschs: Vertrauen in die Quelle. In jedem Fall kostet das Informieren über die Geschehnisse der Welt heute viel Zeit und viel Geld. Das können sich die meisten nicht leisten. Das bleibt den Nachrichtenabteilungen der großen Unternehmen und der Politiker überlassen, die ja tatsächlich Informationen über wirkliche Ereignisse suchen und für ihre Entscheidungen brauchen. Dafür gibt es mannigfach kleine, spezialisierte Nachrichtenmedien, die sich an ein genau definiertes Publikum richten, z.B. die zahlreichen Börsenbriefe - aber auch, auf der Linken, z.B. den Informationsbrief Weltwirtschaft und Entwicklung.

Informieren ist zu einem eigenen Beruf geworden, zu einem Privileg, das sich nur wenige leisten können. Wir leben, das ist nicht mehr zu übersehen, in einer manipulierten Gesellschaft. George Orwell hat sie 1948 vorhergesehen und beschrieben. Er hatte erschreckend recht.