Ab 2060 ist Schluss mit neuen Rekorden im Sport

Nach Berechnungen französisicher Wissenschaftler nähert sich die Menschheit der Leistungsgrenze des menschlichen Körpers

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Vor zwei Jahren wurde das Institut de recherche biomédicale et d’épidémiologie du sport (Irmes) gegründet, um die biologischen und medizinischen Grundlagen und die Pathologien sportlicher Leistungen wissenschaftlich zu untersuchen. Man will den Sportlern helfen, aber auch Höchstleistungen ermöglichen. Auf dem zweiten Kongress, den das Institut veranstaltet hat, kamen die Wissenschaftler zu dem Schluss, dass ab dem Jahr 2060 keine neuen Weltrekorde mehr zu erwarten seien.

2060, so das Fazit, würde eine Grenze markieren. Der menschliche Körper wäre in seiner Leistungskraft ausgeschöpft. Mehr geht nicht mehr, weil bis dahin alles getan worden ist, um den menschlichen Körper bis an seine physiologischen Grenzen zu bringen. Die Wissenschaftler haben sich durch die Daten von 3.260 Weltrekorden in fünf "quantifizierbaren" Disziplinen durchgewühlt, um die Hypothese zu überprüfen, dass es körperliche Leistungsgrenzen gibt: Athletik, Radsport, Gewichtheben, Schwimmen und Eisschnelllauf.

Gefunden wurde nach der statistischen Auswertung, dass zu Beginn des 20. Jahrhunderts, in den 20er Jahren und in den 50er und 60er Jahren zahlreiche Rekorde eingestellt wurden. Während der beiden Weltkriege gab es wenig überraschend Dellen. Seit den 70er Jahren ging die Zahl der neuen Rekorde zurück. Das sei eigentlich deswegen erstaunlich, so Jean-François Toussaint, der Leiter des Instituts, weil während dieser 40 Jahre bis jetzt zahlreiche technische Fortschritte erzielt wurden, was Geräte und Materialien, die Zeitmessung, Training oder Ernährung betrifft. Gleichzeitig hatte sich das Doping entwickelt und ist immer raffinierter geworden.

Aufgrund dieser Verringerung der Rekordzahl trotz der besseren Bedingungen und der Optimierung geht Toussaint davon aus, dass die Menschen sich dem Höhepunkt nähern. Statistisch gesehen werde man 2027 für die Hälfte der Sportarten den Punkt erreichen, an dem es nicht mehr weitergeht. 2060 habe man dann, wenn sich die Bedingungen nicht grundsätzlich verändern, die Asymptote erreicht und die möglichen Rekorde zu "99,95 Prozent" eingestellt. "Um die Rekorde noch zu brechen, muss man dann den 100 Meter Lauf in Tausendstelsekunden, den Marathon in Hunderstel messen oder das Gewichtheben in Gramm entscheiden", sagt Toussaint.

Auch vermehrtes Doping würde hieran nicht viel verändern. Einzelne Sportler könnten damit ihre Leistung ein wenig verbessern. Aber letztlich bleibe es höchst unwahrscheinlich, dass ein Mann, wenn er auf seinen beiden Beinen läuft, 100 m in 9 Sekunden laufen wird, ist Toussaint überzeugt. Für ihn ist es ein biologisches Gesetz, dass es eine Grenze für die Leistungsfähigkeit des natürlichen Körpers gibt. Aber wenn es mit den Rekorden zu Ende geht, müsste sich womöglich auch die Werteskala des Sports oder mancher Sportarten umstellen – von der Orientierung auf den nächsten Rekord "auf die Geschichte eines Wettkampfs, auf den Kampf zwischen den Gegnern". Die Posthistoire holt den Olympischen Sport ein, der Fortschritt wird begraben, wie im Mannschaftssport dreht man sich Jahr un Jahr im Kreis. Man könnte freilich auch die Technik entfesseln, Doping, Gentechnik, Körper-Enhancement, Ersatz des weichen Körpers durch Prothesen, Cyborgs, also: die Zukunft des Menschen im Zeitalter seiner technischen Perfektionierung.