Warum Dr. Billy Baypack heute Nachmittag sein Radio öffentlich und fachgerecht zerstören wird

Die GEZ kauft Adressen von privaten Datenbanken und will auch von erfundenen Personen Rundfunkgebühren

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Der Münsteraner Aktionskünstler Ruppe Koselleck erregte vor einiger Zeit mediales Aufsehen, als er eine feindliche Übernahme von BP versuchte. Jetzt will er öffentlich ein Radiogerät zerstören, weil die die GEZ Geld will – nicht von ihm, sondern von einer erfundenen Figur.

2005 erschuf Kosellek die Figur Billy Baypack, eine "frei erfundene Person, die weder in Deutschland, der EU noch den USA gemeldet ist." Der Name des "organisierten Werbelisten- und Datenschrotplatzes" ist eine erkennbare Anspielung auch die Payback-Karte. Dort und auf vier weiteren Werbelisten ließ Kosellek den Namen auch eintragen: Von McDonalds, Beate Uhse, Happy Digits und der Rewe Handelgruppe. Wie nicht anders zu erwarten, erhielt Billy Baypack daraufhin jede Menge Post von "Werbefirmen, Agenturen und sonstigen Netzwerken der freien Wirtschaft." Als Kosellek seinen Billy zum Doktor promovierte, erhielt dieser auch Post von Banken, die ihm Kredite anboten.

So weit, so berechenbar. Doch am 17. November 2006 geschah etwas, womit Koselleck nicht gerechnet hatte: Die GEZ meldete sich ohne jedes Zutun seinerseits mit einem Anmelde- und Überweisungsformular bei Billy Baypack. Ein gefundenes Fressen für den Aktionskünstler: Er meldete seine Figur wie von der GEZ verlangt an. In der Anmeldung teilte er neben der Nichtexistenz auch mit, dass Billy Baypack weder über ein Konto noch über einen Pass oder ähnliches verfügt. Dann gönnte sich Koselleck den Spaß und beglich die Radiogebühren - in kleinen Münzen.

Außerdem versuchte er zu erfahren, wer der GEZ die Daten von Billy Baypack verkauft hatte, scheiterte aber an der gut eingeübten Auskunftsverweigerung der Behörde. Die betonte lediglich immer wieder, dass alles den Datenschutzbestimmungen entspreche. Allerdings gibt es, da Billy Baypack ja nicht existiert, nur den Weg des Ankaufs von Werbelisten durch die GEZ.

Bei der nächsten Zahlung kürzte der neue Radiohörer Dr. Billy Baypack die Gebühren – mit der Begründung, dass ihm das Programm nicht mehr gefiel. Die GEZ reagierte darauf mit einer Mahnung. Darauf wollte Koselleck Billy Baypack als Radiohörer abmelden. In einem ersten Versuch schickte er der Behörde, die seit einigen Jahren dafür bekannt ist, Abmeldungen nach Möglichkeit zu verweigern, zusammen mit einer formalen Kündigung eine abgebrochene Radioantenne zu. Die Reaktion überraschte selbst den Aktionskünstler: Die GEZ schrieb zurück, dass sie die Abmeldung nicht akzeptieren würde, weil Billy Baypack ja weiterhin über ein Empfangsgerät verfüge - mit allerdings schlechtem Empfang.

Diese behördliche Steilvorlage nahm Koselleck auf und bereitete für heute 14 Uhr die "fachgerechte" öffentliche Zerstörung eines Radiogeräts in einer "kurzen und nachhaltigen Aktion" vor der Hauptpost am Domplatz zu Münster an. Anschließend will er das zerstörte Gerät per Paket der GEZ zustellen und dadurch versuchen, die Gebühreneintreibung "final zu unterbinden".

Diese Zustellung plant Koselleck allerdings via AZ Direkt GmbH, einer in seinen Worten "zuarbeitenden Institution", von der die GEZ möglicherweise auch Billy Baypacks Adresse bezogen hatte – weshalb der Aktionskünstler annimmt, dass die Weiterleitung von Informationen auch für weitere Schreiben funktionieren sollte.

Positiv wertet Kosellek, dass die GEZ Billy Baypack trotz seines offenbar illegalen Aufenthalts nicht an die Ausländerbehörde oder die Polizei meldete – zumindest bekam er von dort bisher weder Besuch noch Post. Bei der Weitergabe scheint die Behörde also möglicherweise den Datenschutz etwas ernster zu nehmen, als bei der Beschaffung. Andererseits wäre die Abschiebung von Billy Baypack natürlich auch der Verlust eines Gebührenzahlers - was offenbar nicht im Interesse der zentralen Einnahmestelle liegt.