US-Präsident Bush und die saudischen Herrscher

Bush sprach über Ölpreise, Waffengeschäfte und den Friedensprozess im Nahen Osten, die Finanzierung von islamistischen Terrorgruppen ließ Bush lieber außen vor

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Bei seiner Tour durch Länder des Nahen Ostens machte US-Präsident George W. Bush auch für zwei Tage in Saudi-Arabien Halt. Mit dem saudischen König Abdullah wurde über Ölpreise, Waffengeschäfte und den Friedensprozess im Nahen Osten gesprochen. Die Finanzierung von islamistischen Terrorgruppen durch Saudi-Arabien war allerdings kein Thema.

US-Präsident George W. Bush und König Abdullah bin Abdul Al-Aziz am Montag in Riad. Bild: Weißes Haus

Für George W. Bush muss der Besuch in Saudi-Arabien eine Geduldsprobe gewesen sein. Der Mann aus Texas, der sich am liebsten im Cowboy-Look zeigt und gerne starke Worte von sich gibt, hielt sich im Land des führenden Erdölexporteurs diplomatisch zurück. Keine Rede über den internationalen Terrorismus und seine bösen Helfershelfer.

Dabei hätte Bush gerade seinem saudischen Gastgeber König Abdullah einiges zu sagen gehabt. Seit Jahrzehnten unterstützen Geldgeber aus Saudi-Arabien islamistische Terrorgruppen. In den 80er Jahren finanzierte man den Kampf der Muhadschedin in Afghanistan gegen die Sowjetunion, was den USA damals sehr willkommen war. Nur aus der Unterstützung der afghanischen Guerilla-Gruppen entwickelte sich ein Finanznetzwerk von Hilfsorganisationen, die bis heute islamistische Terroristen unterstützen. Es ist kein Geheimnis, dass aus Saudi-Arabien Jahr für Jahr Millionen Dollar an palästinensische Gruppen gehen. Allen voran an die radikal-religiöse Hamas, der stärksten Opposition zu Präsident Mahmoud Abbas, dem Verbündeten der USA im Friedensprozess mit Israel.

„Wenn ich einfach mit dem Finger schnippen könnte, um den Geldfluss an Terroristen zu stoppen“, sagte Stuart Levey, der im US-Schatzamt für Terrorismus zuständig ist, „wäre das zu allererst die Finanzierung aus Saudi-Arabien.“ Von den Millionen, die an saudische Hilfsorganisationen gespendet werden, sollen auch ein Teil in den Irak zu sunnitischen Widerstandsgruppen gehen. „Ohne Zweifel geht Geld in den Irak. Aber auch nach Südostasien und jeden anderen Ort, wo es Terroristen gibt.“

Zahlreiche Wohlfahrtsinstitutionen, die in Saudi-Arabien ihren Sitz haben, werden von der US-Regierung geprüft. Dazu zählen unter anderen die Muslim Welt Liga (MWL) oder die Weltvereinigung der Muslim Jugend (WAMY), die an die palästinensische Hamas spenden, sowie die Internationale Islamische Hilfsorganisation (IIRO), die Al-Qaida, islamistische Gruppen in Tschetschenien und Philippinen, aber auch die Hamas unterstützen soll.

Wie viel Geld, wohin geschickt wird, kann nur geschätzt werden. Letzte Zahlen wurden 2002 in einem Bericht der USA dem Sicherheitsrat der UNO vorgelegt. Innerhalb des vorausgegangenen Jahrzehnts sollen es zwischen 200 und 300 Millionen Euro gewesen sein, die überwiegend von saudischen Organisationen und privaten Spendern an Terrorgruppen gegangen seien. Mit dem Beginn des Irak-Kriegs dürften es sich um weitaus höhere Summen handeln. Der Widerstand gegen die US-Truppen und ihre Verbündeter ist kostenintensiv. Die Erpressungsgelder von einigen Entführungen im Irak reichen sicherlich nicht aus, um Tausende von Guerillas von zahlreichen, ideologisch teilweise unterschiedlichen Gruppierungen unter Waffen zu halten.

Terrorbekämpfung auf saudische Art

Für Saudi-Arabien machte sich die Unterstützung von Terroristen, gerade im Irak, hinreichend bezahlt. Im Jahr 2002 hatte das Königreich ein Haushaltsdefizit von 5,5 Milliarden Dollar. Erst der Irakkrieg, der die Ölpreise mittlerweile auf über 100 Dollar trieb, brachte Saudi-Arabien wieder positive Zahlen. Bis 2006 kletterte der Überschuss von 26,2 Milliarden (2004) und 57,1 Milliarden (2005) auf 70,7 Milliarden Dollar. Da kann man gut verstehen, dass saudische Behörden nur widerwillig Finanziers von Terrororganisationen verfolgen. Wohlgemerkt Finanziers von ausländischen Gruppen, bei lokalen radikal-islamistischen Militanten wird mit harter Hand durchgegriffen.

Laut Stuart Levey vom US-Schatzamt sei keine einzige Person, die von den USA oder der UNO als Terrorfinanzier identifiziert wurde, in Saudi-Arabien belangt worden. Darunter waren drei Verdächtige, die auf den Philippinen die Abu Sayyaf Gruppe unterstützten. Einer davon, Muham-mad Sughayr, wurde zwar auf den Philippinen 2005 verhaftet, jedoch auf Druck der saudischen Botschaft in Manila nach Saudi-Arabien deportiert. Über ein Gerichtsverfahren gegen ihn wurde nichts bekannt.

Vor drei Jahren hatte Saudi-Arabien eine Kommission angekündigt, die den Spendenfluss von Wohltätigkeitsorganisationen überwachen soll. Bis heute hat diese Kommission ihre Arbeit noch nicht begonnen.

Immer wieder werden radikale Islamisten im Königreich verhaftet. Zu Hunderten sitzen sie in Gefängnissen, werden aber wieder freigelassen, sobald sie ein Umerziehungsprogramm absolvieren, das von führenden Geistlichen geleitet wird. Nach der Entlassung der Bekehrten ist die Regierung bei der sozialen Integration behilflich. Wie die saudische Tageszeitung Al Watan berichtete, wurden insgesamt rund 200 Millionen Euro an Ex-Häftlinge und ihre Familien ausbezahlt. Die Gelder dienten zur Rückzahlung von Schulden, zum Bezahlen von Krankenversicherungen, Hochzeitsfeiern oder Autos. Einige bekommen sogar eine monatliche Apanage von bis zu 500 Euros monatlich. Ehemalige Insassen von Guantanamo gab man bei ihrer Rückkehr nach Saudi-Arabien jeweils etwa 2000 Euro, die sie für sich und ihre Familien ausgeben sollten.

Der Oberste Richter des Landes, Sheik Saleh al-Luhaidan, wurde 2004 in einer Moschee aufgenommen, als er junge Leute ermutigte, im Irak zu kämpfen. Es sei zwar wegen der „teuflischen Satelliten“ schwieriger geworden, in den Irak zu kommen, „aber wer am Kampf teilnehmen und das Wort Gottes preisen will“, solle das ruhig tun.

Von alldem erwähnte US-Präsident Bush bei seinem Besuch kein Wort. Er monierte nur den hohen Ölpreis, nachdem er König Abdullah modernste Waffensysteme im Wert von 20 Milliarden Dollar versprochen hatte. Die USA setzten auf Saudi-Arabien als Gegenspieler zum Iran. In der Organisation der Erdöl exportierenden Länder (OPEC) verhinderte das saudische Königreich eine Umstellung des Ölmarktes von Dollar auf Euro, was der US-Ökonomie eine Rezension bescheren würde. Dafür hüllt sich der US-Präsident offensichtlich gerne in Schweigen, selbst, wenn seine Soldaten im Irak von Waffen, die von saudischen Geldern bezahlt wurden, getötet werden.