Fluglärm macht krank

In einer groß angelegten, von der EU-Kommission beauftragten Studie wurde deutlich, dass vor allem nächtlicher Fluglärm das Bluthochdruckrisiko zum Teil deutlich erhöht

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Der Luftverkehr wird in den nächsten Jahrzehnten weiter drastisch zunehmen. Daher wird auch der Lärm für die Menschen größer, die in der Nähe von Flughäfen leben – und es werden mehr Menschen davon betroffen sein. Da Lärm mit Bluthochdruck verbunden wird, aber bislang noch umfassende Untersuchungen zum Nachweis fehlten, hatte die Europäische Kommission 2002 das Projekt Hypertension and Exposure to Noise near Airports (Hyena) gestartet, um die gesundheitlichen Folgen von Fluglärm zu überprüfen.

Die an Hyena beteiligten Institute haben nun einen Bericht über die vierjährige Forschung vorgelegt. Für die Studie wurden 4.861 Bewohner zwischen 45-70 Jahren befragt, die mindestens 5 Jahre neben einem von sechs europäischen Flughäfen gelebt haben (London Heathrow, Berlin Tegel, Amsterdam Schiphol. Stockholm Arlanda, Milan Malpensa und Elephterios Venizelos in Athen). Gemessen wurde der Blutdruck, Daten wurden zu gesundheitlichen und sozioökonomischen Faktoren sowie zum Lebensstil (Ernährung, körperliche Bewegung, Alkohol, Rauchen, BMI etc.) erhoben. Der Fluglärm wurde mit einer Genauigkeit von 1 dB mit einer Auflösung von 250x250m, der Straßenverkehrslärm mit einer Auflösung von 10x10m erhoben. Bluthochdruck wurde mit 140/90 festgelegt.

Die Studie ließ keine Unterschiede bei den Auswirkungen von Straßenverkehrs- und Fluglärm erkennen. Allerdings konnte ein leicht erhöhtes Bluthochdruckrisiko beim nächtlichen Fluglärm gegenüber dem während des Tages festgestellt werden. Die Wissenschaftler sind unsicher, ob dies signifikant ist, schließlich halten sich die Menschen nachts eher Zuhause auf. Vielleicht reagiert der Körper in der Nachruhe auch empfindlicher auf Lärm. Zwar tritt nach einigen Tagen eine gewisse Gewöhnung an den Lärm ein, langfristig findet jedoch keine Anpassung statt und reagiert der Körper weiterhin physiologisch auf die Lärmbelastung, beispielswweise durch wiederholtes Aufwachen. Nach der Studie gibt es bei den Geschlechtern keine Unterschiede bei den Reaktionen auf Fluglärm, Männer scheinen jedoch auf Straßenverkehrslärm stärker als Frauen zu reagieren. Unterschiede wurden auch zwischen den einzelnen Ländern festgestellt.

Das Ergebnis der Studie ist jedenfalls klar: Vor allem nächtlicher Fluglärm und ganztäglicher Straßenverkehrslärm steigert – vorwiegend bei Männern – das Bluthochdruckrisiko. Das Risiko für die Menschen, die an den lautesten Orten in der Nähe von Flughäfen leben, liegt um mehr als 40 Prozent höher. Auch ganz unmittelbar wirkt sich nächtlicher Fluglärm aus. Selbst wenn die Menschen nicht aufwachen, verursacht der Lärm eine Erhöhung des Blutdrucks, wie bei Anwohnern am Flugplatz Heathrow eruiert wurde. Ein Lärmzuwachs um jeweils 10 dB erhöht die Wahrscheinlichkeit für Bluthochdruck um 14 Prozent.

Und da Bluthochdruck ein wichtiger Risikofaktor für Herzinfarkt, Schlaganfall und andere Krankheiten ist, empfehlen die Autoren der Studie, dass durch entsprechende Maßnahmen der Verkehrs- und Fluglärm reduziert werden müsste. Das dürfte vor allem dann bedeutsam werden, wenn es um nächtliche Flugverbote oder Flughafenerweiterungen geht.